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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Dichter eines Romans vorwirft, er habe einen ppo_251.002
Marc Aurel, einen Karl den Großen, einen Attila, ppo_251.003
einen Tamerlan, eine Jungfrau von Orleans, eine ppo_251.004
Maria Stuart, u. a. nicht mit geschichtlicher Treue ppo_251.005
gezeichnet. Dies war weder sein Beruf, noch seine ppo_251.006
Aufgabe. Allein wenn er diesen, im Allgemeinen ppo_251.007
aus der wirklichen Welt entlehnten, Stoff durch ppo_251.008
seine Behandlung nicht zu idealisiren, wenn er ihm ppo_251.009
nicht die ästhetische Einheit der Form zu ertheilen, ppo_251.010
wenn er nicht innerhalb dieser Form tiefe, innige ppo_251.011
und warme Gefühle auszuathmen vermochte; dann ppo_251.012
hat er freilich den Stab über sich selbst gebrochen, ppo_251.013
weil er weder Historiker, noch Dichter war, indem ppo_251.014
er das erste nicht seyn wollte und zu seyn nöthig ppo_251.015
hatte, das zweite aber, aus Mangel an Tiefe ppo_251.016
des Gefühls und aus Mangel an schöpferischer, die ppo_251.017
Einheit der ästhetischen Form erzeugenden, Einbildungskraft ppo_251.018
nicht zu seyn vermochte. Sobald aber ppo_251.019
der epische Dichter mit schöpferischer Kraft über den, ppo_251.020
der wirklichen Geschichte entlehnten, Stoff waltet, ppo_251.021
und denselben für ästhetische Zwecke in idealischen ppo_251.022
Formen ausprägt; sobald darf ihn das Urtheil der ppo_251.023
strengen Historiker nicht kümmern, wenn sie über ppo_251.024
den Eingriff in ihr Gebiet Klage führen. Denn ppo_251.025
kommt ihnen die Kraft des Geistes zu, den rein ppo_251.026
geschichtlichen Stoff zu einer vollendeten Form des ppo_251.027
prosaischen Styls, nach allen Bedingungen des ppo_251.028
Gesetzes der Form, zu gestalten; so werden sie innerhalb ppo_251.029
ihres Gebietes eben so classisch erscheinen, als ppo_251.030
der epische Dichter in dem seinigen, und Niemand ppo_251.031
wird Bedenken tragen, Schlözer, Spittler, ppo_251.032
Johannes Müller, Wachler, Luden u. a. auf ppo_251.033
gleiche Linie, innerhalb der gediegenen Form der geschichtlichen ppo_251.034
Prosa, mit den classischen Dichtern in

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Dichter eines Romans vorwirft, er habe einen ppo_251.002
Marc Aurel, einen Karl den Großen, einen Attila, ppo_251.003
einen Tamerlan, eine Jungfrau von Orleans, eine ppo_251.004
Maria Stuart, u. a. nicht mit geschichtlicher Treue ppo_251.005
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Aufgabe. Allein wenn er diesen, im Allgemeinen ppo_251.007
aus der wirklichen Welt entlehnten, Stoff durch ppo_251.008
seine Behandlung nicht zu idealisiren, wenn er ihm ppo_251.009
nicht die ästhetische Einheit der Form zu ertheilen, ppo_251.010
wenn er nicht innerhalb dieser Form tiefe, innige ppo_251.011
und warme Gefühle auszuathmen vermochte; dann ppo_251.012
hat er freilich den Stab über sich selbst gebrochen, ppo_251.013
weil er weder Historiker, noch Dichter war, indem ppo_251.014
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hatte, das zweite aber, aus Mangel an Tiefe ppo_251.016
des Gefühls und aus Mangel an schöpferischer, die ppo_251.017
Einheit der ästhetischen Form erzeugenden, Einbildungskraft ppo_251.018
nicht zu seyn vermochte. Sobald aber ppo_251.019
der epische Dichter mit schöpferischer Kraft über den, ppo_251.020
der wirklichen Geschichte entlehnten, Stoff waltet, ppo_251.021
und denselben für ästhetische Zwecke in idealischen ppo_251.022
Formen ausprägt; sobald darf ihn das Urtheil der ppo_251.023
strengen Historiker nicht kümmern, wenn sie über ppo_251.024
den Eingriff in ihr Gebiet Klage führen. Denn ppo_251.025
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prosaischen Styls, nach allen Bedingungen des ppo_251.028
Gesetzes der Form, zu gestalten; so werden sie innerhalb ppo_251.029
ihres Gebietes eben so classisch erscheinen, als ppo_251.030
der epische Dichter in dem seinigen, und Niemand ppo_251.031
wird Bedenken tragen, Schlözer, Spittler, ppo_251.032
Johannes Müller, Wachler, Luden u. a. auf ppo_251.033
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[251/0263] ppo_251.001 Dichter eines Romans vorwirft, er habe einen ppo_251.002 Marc Aurel, einen Karl den Großen, einen Attila, ppo_251.003 einen Tamerlan, eine Jungfrau von Orleans, eine ppo_251.004 Maria Stuart, u. a. nicht mit geschichtlicher Treue ppo_251.005 gezeichnet. Dies war weder sein Beruf, noch seine ppo_251.006 Aufgabe. Allein wenn er diesen, im Allgemeinen ppo_251.007 aus der wirklichen Welt entlehnten, Stoff durch ppo_251.008 seine Behandlung nicht zu idealisiren, wenn er ihm ppo_251.009 nicht die ästhetische Einheit der Form zu ertheilen, ppo_251.010 wenn er nicht innerhalb dieser Form tiefe, innige ppo_251.011 und warme Gefühle auszuathmen vermochte; dann ppo_251.012 hat er freilich den Stab über sich selbst gebrochen, ppo_251.013 weil er weder Historiker, noch Dichter war, indem ppo_251.014 er das erste nicht seyn wollte und zu seyn nöthig ppo_251.015 hatte, das zweite aber, aus Mangel an Tiefe ppo_251.016 des Gefühls und aus Mangel an schöpferischer, die ppo_251.017 Einheit der ästhetischen Form erzeugenden, Einbildungskraft ppo_251.018 nicht zu seyn vermochte. Sobald aber ppo_251.019 der epische Dichter mit schöpferischer Kraft über den, ppo_251.020 der wirklichen Geschichte entlehnten, Stoff waltet, ppo_251.021 und denselben für ästhetische Zwecke in idealischen ppo_251.022 Formen ausprägt; sobald darf ihn das Urtheil der ppo_251.023 strengen Historiker nicht kümmern, wenn sie über ppo_251.024 den Eingriff in ihr Gebiet Klage führen. Denn ppo_251.025 kommt ihnen die Kraft des Geistes zu, den rein ppo_251.026 geschichtlichen Stoff zu einer vollendeten Form des ppo_251.027 prosaischen Styls, nach allen Bedingungen des ppo_251.028 Gesetzes der Form, zu gestalten; so werden sie innerhalb ppo_251.029 ihres Gebietes eben so classisch erscheinen, als ppo_251.030 der epische Dichter in dem seinigen, und Niemand ppo_251.031 wird Bedenken tragen, Schlözer, Spittler, ppo_251.032 Johannes Müller, Wachler, Luden u. a. auf ppo_251.033 gleiche Linie, innerhalb der gediegenen Form der geschichtlichen ppo_251.034 Prosa, mit den classischen Dichtern in

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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/263>, abgerufen am 24.11.2024.