Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_264.001 Hier spannt Mavors seinen Bogen, und sein Ruf erhitzt ppo_264.002
die Schlacht; ppo_264.003 Römer und auch Teutsche gleiten, weil das Blut sie ppo_264.004 gleiten mache. ppo_264.005 Varus, den die Schlacht nunmehr, Noth und Schand' ppo_264.006 und Ruhm entflammen, ppo_264.007 Sammlet seinen ganzen Muth in der stolzen Brust zusammen. ppo_264.008 ppo_264.009 "Römer, ruft er, denkt an Cäsar, denkt an Rom und ppo_264.010 an die Welt, ppo_264.011 Die nun ihre scheuen Blicke nur auf euch gerichtet hält. ppo_264.012 Folget mir!" und also bricht er der Ketten feste Glieder; ppo_264.013 Rastolf selber wird gehemmt; Teutsch' und Römer sinken ppo_264.014 nieder; ppo_264.015 Diesen flammen Ruhm und Ehre, und die goldnen Adler an; ppo_264.016 Jenen treibt die Freiheit wieder, die er nicht verlieren ppo_264.017 kann. -- ppo_264.018 Varus, der sich von dem Sande unterdessen aufgemacht, ppo_264.019 ppo_264.020 Schweigt, und sieht mit bittern Schmerzen seines Heers ppo_264.021 gebrochne Kraft. ppo_264.022 Zähren voller Blut und Staub dringen von bestaubten ppo_264.023 Wangen, ppo_264.024 Die Verzweiflung zwinget ihn, nach dem Tode zu verlangen, ppo_264.025 ppo_264.026 Rasend greift er nach dem Schwerte, das zerknicket vor ppo_264.027 ihm liegt; ppo_264.028 Stößt es wütend in den Busen, daß sich Griff und ppo_264.029 Klinge biegt. ppo_264.030 Sprudelnd springt das Blut und fleußt auf die grauserfüllten ppo_264.031 Matten; ppo_264.032 Seine schwarze Seele fleucht zu der Väter edlen Schatten. ppo_264.033 Haubold, ein verwegner Teutscher, nimmt der Römer ppo_264.034 Feldherrn wahr; ppo_264.001 Hier spannt Mavors seinen Bogen, und sein Ruf erhitzt ppo_264.002
die Schlacht; ppo_264.003 Römer und auch Teutsche gleiten, weil das Blut sie ppo_264.004 gleiten mache. ppo_264.005 Varus, den die Schlacht nunmehr, Noth und Schand' ppo_264.006 und Ruhm entflammen, ppo_264.007 Sammlet seinen ganzen Muth in der stolzen Brust zusammen. ppo_264.008 ppo_264.009 „Römer, ruft er, denkt an Cäsar, denkt an Rom und ppo_264.010 an die Welt, ppo_264.011 Die nun ihre scheuen Blicke nur auf euch gerichtet hält. ppo_264.012 Folget mir!“ und also bricht er der Ketten feste Glieder; ppo_264.013 Rastolf selber wird gehemmt; Teutsch' und Römer sinken ppo_264.014 nieder; ppo_264.015 Diesen flammen Ruhm und Ehre, und die goldnen Adler an; ppo_264.016 Jenen treibt die Freiheit wieder, die er nicht verlieren ppo_264.017 kann. — ppo_264.018 Varus, der sich von dem Sande unterdessen aufgemacht, ppo_264.019 ppo_264.020 Schweigt, und sieht mit bittern Schmerzen seines Heers ppo_264.021 gebrochne Kraft. ppo_264.022 Zähren voller Blut und Staub dringen von bestaubten ppo_264.023 Wangen, ppo_264.024 Die Verzweiflung zwinget ihn, nach dem Tode zu verlangen, ppo_264.025 ppo_264.026 Rasend greift er nach dem Schwerte, das zerknicket vor ppo_264.027 ihm liegt; ppo_264.028 Stößt es wütend in den Busen, daß sich Griff und ppo_264.029 Klinge biegt. ppo_264.030 Sprudelnd springt das Blut und fleußt auf die grauserfüllten ppo_264.031 Matten; ppo_264.032 Seine schwarze Seele fleucht zu der Väter edlen Schatten. ppo_264.033 Haubold, ein verwegner Teutscher, nimmt der Römer ppo_264.034 Feldherrn wahr; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0276" n="264"/> <lb n="ppo_264.001"/> <lg> <l>Hier spannt Mavors seinen Bogen, und sein Ruf erhitzt</l> <lb n="ppo_264.002"/> <l> <hi rendition="#right">die Schlacht;</hi> </l> <lb n="ppo_264.003"/> <l>Römer und auch Teutsche gleiten, weil das Blut sie</l> <lb n="ppo_264.004"/> <l> <hi rendition="#right">gleiten mache.</hi> </l> <lb n="ppo_264.005"/> <l><hi rendition="#g">Varus,</hi> den die Schlacht nunmehr, Noth und Schand'</l> <lb n="ppo_264.006"/> <l> <hi rendition="#right">und Ruhm entflammen,</hi> </l> <lb n="ppo_264.007"/> <l>Sammlet seinen ganzen Muth in der stolzen Brust zusammen.</l> <lb n="ppo_264.008"/> <l/> <lb n="ppo_264.009"/> <l>„<hi rendition="#g">Römer,</hi> ruft er, denkt an Cäsar, denkt an Rom und</l> <lb n="ppo_264.010"/> <l> <hi rendition="#right">an die Welt,</hi> </l> <lb n="ppo_264.011"/> <l>Die nun ihre scheuen Blicke nur auf euch gerichtet hält.</l> <lb n="ppo_264.012"/> <l>Folget mir!“ und also bricht er der Ketten feste Glieder;</l> <lb n="ppo_264.013"/> <l>Rastolf selber wird gehemmt; Teutsch' und Römer sinken</l> <lb n="ppo_264.014"/> <l> <hi rendition="#right">nieder;</hi> </l> <lb n="ppo_264.015"/> <l>Diesen flammen Ruhm und Ehre, und die goldnen Adler an;</l> <lb n="ppo_264.016"/> <l>Jenen treibt die Freiheit wieder, die er nicht verlieren</l> <lb n="ppo_264.017"/> <l> <hi rendition="#right">kann. —</hi> </l> <lb n="ppo_264.018"/> <l><hi rendition="#g">Varus,</hi> der sich von dem Sande unterdessen aufgemacht,</l> <lb n="ppo_264.019"/> <l/> <lb n="ppo_264.020"/> <l>Schweigt, und sieht mit bittern Schmerzen seines Heers</l> <lb n="ppo_264.021"/> <l> <hi rendition="#right">gebrochne Kraft.</hi> </l> <lb n="ppo_264.022"/> <l>Zähren voller Blut und Staub dringen von bestaubten</l> <lb n="ppo_264.023"/> <l> <hi rendition="#right">Wangen,</hi> </l> <lb n="ppo_264.024"/> <l>Die Verzweiflung zwinget ihn, nach dem Tode zu verlangen,</l> <lb n="ppo_264.025"/> <l/> <lb n="ppo_264.026"/> <l>Rasend greift er nach dem Schwerte, das zerknicket vor</l> <lb n="ppo_264.027"/> <l> <hi rendition="#right">ihm liegt;</hi> </l> <lb n="ppo_264.028"/> <l>Stößt es wütend in den Busen, daß sich Griff und</l> <lb n="ppo_264.029"/> <l> <hi rendition="#right">Klinge biegt.</hi> </l> <lb n="ppo_264.030"/> <l>Sprudelnd springt das Blut und fleußt auf die grauserfüllten</l> <lb n="ppo_264.031"/> <l> <hi rendition="#right">Matten;</hi> </l> <lb n="ppo_264.032"/> <l>Seine schwarze Seele fleucht zu der Väter edlen Schatten.</l> <lb n="ppo_264.033"/> <l> Haubold, ein verwegner Teutscher, nimmt der Römer</l> <lb n="ppo_264.034"/> <l> <hi rendition="#right">Feldherrn wahr;</hi> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [264/0276]
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Feldherrn wahr;
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/276>, abgerufen am 16.07.2024. |