andere Menschen, weil ihre ernsten, milden Blicke jedem Worte noch eine besondere Bedeutung gaben. Pauline war es zu Mute, als säße sie vor dem alten Geistlichen, der sie konfirmiert hatte. Dem hatte man auch alles sagen müssen, man hatte wollen mögen, oder nicht.
Sie hatten von der Kinderzeit gesprochen, von gemein¬ samen Erlebnissen, von den anderen Gespielen. Ida hatte niemanden vergessen. Sie fragte eingehend nach den alten Spielgefährten aus dem Dorfe. Fast alle diese Mädchen hatten, wie es sich herausstellte, schon geheiratet, waren Mütter.
Dann sprang die Unterhaltung wieder zurück auf Paulinens eigenste Lebensweise. Ida meinte, es sei doch solch ein Glück für Pauline, daß sie jetzt das kleine Kind ihrer Base zur Pflege da habe. Ein Glück, erklärte die Komtesse, um das sie Paulinen beneiden könne. Kleine Kinder zu pflegen, das müsse doch das schönste sein auf der Welt. Freilich, fügte sie mit dem Schatten eines melancholischen Zuges um die Augen hinzu, dazu käme ein Mädchen selten.
Der anderen war das Herz schwer geworden, sobald Ida von dem Kinde zu sprechen begann. Sie kam sich auf einmal so schlecht vor. Die Komtesse ahnte ja nicht, wen sie vor sich hatte. Würde sie nicht aufspringen und sie aus dem Zimmer jagen, sowie sie erfuhr, was aus ihrer Freundin inzwischen geworden sei. Denn diese reine, feine Persönlichkeit konnte doch kaum etwas ahnen von all diesen Dingen und wie es in der Welt da draußen zuging.
Und das Geheimnis brannte dem Mädchen doch auf der Seele. War es denn nicht noch viel schlechter, vor jener, die so gut zu ihr war, eine solche Lüge aufrecht zu erhalten. Und schließlich war es doch das einfachste Ding von der Welt! Der Junge war ihr Kind, war denn darin ein Unrecht? Konnte denn das, was aus Liebe geschehen war, schlecht sein? Etwas, das so glücklich machte, durfte nicht böse sein! Und die Komtesse war eine Frau, wie sie. Trotz aller Vornehmheit mußte sie das verstehen! Sie hatte so liebe Augen und eine so freundliche Stimme. Daß sie böse werden,
andere Menſchen, weil ihre ernſten, milden Blicke jedem Worte noch eine beſondere Bedeutung gaben. Pauline war es zu Mute, als ſäße ſie vor dem alten Geiſtlichen, der ſie konfirmiert hatte. Dem hatte man auch alles ſagen müſſen, man hatte wollen mögen, oder nicht.
Sie hatten von der Kinderzeit geſprochen, von gemein¬ ſamen Erlebniſſen, von den anderen Geſpielen. Ida hatte niemanden vergeſſen. Sie fragte eingehend nach den alten Spielgefährten aus dem Dorfe. Faſt alle dieſe Mädchen hatten, wie es ſich herausſtellte, ſchon geheiratet, waren Mütter.
Dann ſprang die Unterhaltung wieder zurück auf Paulinens eigenſte Lebensweiſe. Ida meinte, es ſei doch ſolch ein Glück für Pauline, daß ſie jetzt das kleine Kind ihrer Baſe zur Pflege da habe. Ein Glück, erklärte die Komteſſe, um das ſie Paulinen beneiden könne. Kleine Kinder zu pflegen, das müſſe doch das ſchönſte ſein auf der Welt. Freilich, fügte ſie mit dem Schatten eines melancholiſchen Zuges um die Augen hinzu, dazu käme ein Mädchen ſelten.
Der anderen war das Herz ſchwer geworden, ſobald Ida von dem Kinde zu ſprechen begann. Sie kam ſich auf einmal ſo ſchlecht vor. Die Komteſſe ahnte ja nicht, wen ſie vor ſich hatte. Würde ſie nicht aufſpringen und ſie aus dem Zimmer jagen, ſowie ſie erfuhr, was aus ihrer Freundin inzwiſchen geworden ſei. Denn dieſe reine, feine Perſönlichkeit konnte doch kaum etwas ahnen von all dieſen Dingen und wie es in der Welt da draußen zuging.
Und das Geheimnis brannte dem Mädchen doch auf der Seele. War es denn nicht noch viel ſchlechter, vor jener, die ſo gut zu ihr war, eine ſolche Lüge aufrecht zu erhalten. Und ſchließlich war es doch das einfachſte Ding von der Welt! Der Junge war ihr Kind, war denn darin ein Unrecht? Konnte denn das, was aus Liebe geſchehen war, ſchlecht ſein? Etwas, das ſo glücklich machte, durfte nicht böſe ſein! Und die Komteſſe war eine Frau, wie ſie. Trotz aller Vornehmheit mußte ſie das verſtehen! Sie hatte ſo liebe Augen und eine ſo freundliche Stimme. Daß ſie böſe werden,
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andere Menſchen, weil ihre ernſten, milden Blicke jedem Worte
noch eine beſondere Bedeutung gaben. Pauline war es zu
Mute, als ſäße ſie vor dem alten Geiſtlichen, der ſie konfirmiert
hatte. Dem hatte man auch alles ſagen müſſen, man hatte
wollen mögen, oder nicht.
Sie hatten von der Kinderzeit geſprochen, von gemein¬
ſamen Erlebniſſen, von den anderen Geſpielen. Ida hatte
niemanden vergeſſen. Sie fragte eingehend nach den alten
Spielgefährten aus dem Dorfe. Faſt alle dieſe Mädchen hatten,
wie es ſich herausſtellte, ſchon geheiratet, waren Mütter.
Dann ſprang die Unterhaltung wieder zurück auf Paulinens
eigenſte Lebensweiſe. Ida meinte, es ſei doch ſolch ein Glück
für Pauline, daß ſie jetzt das kleine Kind ihrer Baſe zur
Pflege da habe. Ein Glück, erklärte die Komteſſe, um das ſie
Paulinen beneiden könne. Kleine Kinder zu pflegen, das müſſe
doch das ſchönſte ſein auf der Welt. Freilich, fügte ſie mit
dem Schatten eines melancholiſchen Zuges um die Augen
hinzu, dazu käme ein Mädchen ſelten.
Der anderen war das Herz ſchwer geworden, ſobald Ida
von dem Kinde zu ſprechen begann. Sie kam ſich auf einmal
ſo ſchlecht vor. Die Komteſſe ahnte ja nicht, wen ſie vor ſich
hatte. Würde ſie nicht aufſpringen und ſie aus dem Zimmer
jagen, ſowie ſie erfuhr, was aus ihrer Freundin inzwiſchen
geworden ſei. Denn dieſe reine, feine Perſönlichkeit konnte
doch kaum etwas ahnen von all dieſen Dingen und wie es in
der Welt da draußen zuging.
Und das Geheimnis brannte dem Mädchen doch auf der
Seele. War es denn nicht noch viel ſchlechter, vor jener, die
ſo gut zu ihr war, eine ſolche Lüge aufrecht zu erhalten.
Und ſchließlich war es doch das einfachſte Ding von der
Welt! Der Junge war ihr Kind, war denn darin ein Unrecht?
Konnte denn das, was aus Liebe geſchehen war, ſchlecht
ſein? Etwas, das ſo glücklich machte, durfte nicht böſe ſein!
Und die Komteſſe war eine Frau, wie ſie. Trotz aller
Vornehmheit mußte ſie das verſtehen! Sie hatte ſo liebe
Augen und eine ſo freundliche Stimme. Daß ſie böſe werden,
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/117>, abgerufen am 27.11.2024.
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