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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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tigste, was bei der Lage seines Vaters gethan werden konnte,
er zählte zunächst einmal die sämtlichen Schulden zusammen
und stellte ihnen gegenüber die Einnahmen auf, die man als
sicher erwarten durfte. Dann entwarf er eine Art von Schulden¬
tilgungsplan. Die Weihnachtszinsen hoffte er mit Hilfe des
noch unverkauften Hafers zu decken, für den Ostertermin sollten
die Kartoffeln bleiben. Wenn Hafer und Kartoffeln nur
einigermaßen Preis bekamen, hoffte er auf Überschüsse. Freilich,
soviel, wie nötig war, um den Wechsel bei Samuel Harrasso¬
witz zu decken, würde auf keinen Fall übrig bleiben. Da
mußten eben noch andere Quellen aufgethan werden. Viel¬
leicht ließ sich in diesem Winter etwas mehr aus dem Walde
nehmen, als sonst. Dann mußten allerdings die letzten Bäume,
die dort noch standen, dran glauben. Auch daran dachte er,
die zwei Schweine, welche die Bäuerin gewöhnlich um Weih¬
nachten herum schlachtete, die Speck und Schinken für das
ganze Jahr hergeben mußten, zu verkaufen, statt sie in's
Haus zu schlachten. Sowie die Schweine nicht mehr im Stalle
wären, würde ja auch Milch übrig sein, und dann konnte mehr
gebuttert werden. Das Stroh, welches von der Kornernte her
reichlich vorhanden war, mußte auch in Rechnung gezogen
werden. So gab es schließlich eine ganze Anzahl Dinge, die,
wenn richtig verwertet, Einnahmen abwerfen konnten.

Bei dieser Aufstellung war allerdings nicht in Rechnung
gezogen die gekündigte und in naher Zeit fällige Hypothek von
Gustavs Onkel, Kaschelernst. Woher das Geld zur Deckung
dieser Forderung beschafft werden sollte, wußte Gustav ebenso
wenig, wie der alte Bauer selbst. Als der junge Mann zum
Haferverkauf nach der Stadt gefahren war, hatte er sich dort
unter der Hand erkundigt, ob und unter welchen Bedingungen
die Hypothek unterzubringen sei. Dabei hatte er sich überzeugen
müssen, daß solide Geschäftsleute mit Hypotheken an so ge¬
fährdeter Stelle nichts zu thun haben wollten. Von einer
Seite zwar wurde ihm das Geld geboten, aber unter so über¬
triebenen Zinsbedingungen, daß er Halsabschneiderei witterte,
und von dem Geschäfte absah.

tigſte, was bei der Lage ſeines Vaters gethan werden konnte,
er zählte zunächſt einmal die ſämtlichen Schulden zuſammen
und ſtellte ihnen gegenüber die Einnahmen auf, die man als
ſicher erwarten durfte. Dann entwarf er eine Art von Schulden¬
tilgungsplan. Die Weihnachtszinſen hoffte er mit Hilfe des
noch unverkauften Hafers zu decken, für den Oſtertermin ſollten
die Kartoffeln bleiben. Wenn Hafer und Kartoffeln nur
einigermaßen Preis bekamen, hoffte er auf Überſchüſſe. Freilich,
ſoviel, wie nötig war, um den Wechſel bei Samuel Harraſſo¬
witz zu decken, würde auf keinen Fall übrig bleiben. Da
mußten eben noch andere Quellen aufgethan werden. Viel¬
leicht ließ ſich in dieſem Winter etwas mehr aus dem Walde
nehmen, als ſonſt. Dann mußten allerdings die letzten Bäume,
die dort noch ſtanden, dran glauben. Auch daran dachte er,
die zwei Schweine, welche die Bäuerin gewöhnlich um Weih¬
nachten herum ſchlachtete, die Speck und Schinken für das
ganze Jahr hergeben mußten, zu verkaufen, ſtatt ſie in's
Haus zu ſchlachten. Sowie die Schweine nicht mehr im Stalle
wären, würde ja auch Milch übrig ſein, und dann konnte mehr
gebuttert werden. Das Stroh, welches von der Kornernte her
reichlich vorhanden war, mußte auch in Rechnung gezogen
werden. So gab es ſchließlich eine ganze Anzahl Dinge, die,
wenn richtig verwertet, Einnahmen abwerfen konnten.

Bei dieſer Aufſtellung war allerdings nicht in Rechnung
gezogen die gekündigte und in naher Zeit fällige Hypothek von
Guſtavs Onkel, Kaſchelernſt. Woher das Geld zur Deckung
dieſer Forderung beſchafft werden ſollte, wußte Guſtav ebenſo
wenig, wie der alte Bauer ſelbſt. Als der junge Mann zum
Haferverkauf nach der Stadt gefahren war, hatte er ſich dort
unter der Hand erkundigt, ob und unter welchen Bedingungen
die Hypothek unterzubringen ſei. Dabei hatte er ſich überzeugen
müſſen, daß ſolide Geſchäftsleute mit Hypotheken an ſo ge¬
fährdeter Stelle nichts zu thun haben wollten. Von einer
Seite zwar wurde ihm das Geld geboten, aber unter ſo über¬
triebenen Zinsbedingungen, daß er Halsabſchneiderei witterte,
und von dem Geſchäfte abſah.

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[148/0162] tigſte, was bei der Lage ſeines Vaters gethan werden konnte, er zählte zunächſt einmal die ſämtlichen Schulden zuſammen und ſtellte ihnen gegenüber die Einnahmen auf, die man als ſicher erwarten durfte. Dann entwarf er eine Art von Schulden¬ tilgungsplan. Die Weihnachtszinſen hoffte er mit Hilfe des noch unverkauften Hafers zu decken, für den Oſtertermin ſollten die Kartoffeln bleiben. Wenn Hafer und Kartoffeln nur einigermaßen Preis bekamen, hoffte er auf Überſchüſſe. Freilich, ſoviel, wie nötig war, um den Wechſel bei Samuel Harraſſo¬ witz zu decken, würde auf keinen Fall übrig bleiben. Da mußten eben noch andere Quellen aufgethan werden. Viel¬ leicht ließ ſich in dieſem Winter etwas mehr aus dem Walde nehmen, als ſonſt. Dann mußten allerdings die letzten Bäume, die dort noch ſtanden, dran glauben. Auch daran dachte er, die zwei Schweine, welche die Bäuerin gewöhnlich um Weih¬ nachten herum ſchlachtete, die Speck und Schinken für das ganze Jahr hergeben mußten, zu verkaufen, ſtatt ſie in's Haus zu ſchlachten. Sowie die Schweine nicht mehr im Stalle wären, würde ja auch Milch übrig ſein, und dann konnte mehr gebuttert werden. Das Stroh, welches von der Kornernte her reichlich vorhanden war, mußte auch in Rechnung gezogen werden. So gab es ſchließlich eine ganze Anzahl Dinge, die, wenn richtig verwertet, Einnahmen abwerfen konnten. Bei dieſer Aufſtellung war allerdings nicht in Rechnung gezogen die gekündigte und in naher Zeit fällige Hypothek von Guſtavs Onkel, Kaſchelernſt. Woher das Geld zur Deckung dieſer Forderung beſchafft werden ſollte, wußte Guſtav ebenſo wenig, wie der alte Bauer ſelbſt. Als der junge Mann zum Haferverkauf nach der Stadt gefahren war, hatte er ſich dort unter der Hand erkundigt, ob und unter welchen Bedingungen die Hypothek unterzubringen ſei. Dabei hatte er ſich überzeugen müſſen, daß ſolide Geſchäftsleute mit Hypotheken an ſo ge¬ fährdeter Stelle nichts zu thun haben wollten. Von einer Seite zwar wurde ihm das Geld geboten, aber unter ſo über¬ triebenen Zinsbedingungen, daß er Halsabſchneiderei witterte, und von dem Geſchäfte abſah.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/162>, abgerufen am 28.11.2024.