Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.Mauer, dann ein Stapfen auf dem Erdboden; aber alles nur Gustav dachte sofort an Häschke. Der Vagabund stieg wohl Jetzt, neues undeutliches Geräusch! Leichtes Rütteln und Die Wohnung des Aufsehers war so gelegen, daß sie die Gustav erhob sich, schlich in gebückter Haltung an's Fenster. Jetzt wo das Mondlicht hell auf seinem Gesichte lag, er¬ Er schien mit jemandem im ersten Stock in Unterhandlung Der Aufseher war im höchsten Grade gespannt, was nun Eine Strickleiter! Der Halunke wollte einsteigen! -- Dem Mauer, dann ein Stapfen auf dem Erdboden; aber alles nur Guſtav dachte ſofort an Häſchke. Der Vagabund ſtieg wohl Jetzt, neues undeutliches Geräuſch! Leichtes Rütteln und Die Wohnung des Aufſehers war ſo gelegen, daß ſie die Guſtav erhob ſich, ſchlich in gebückter Haltung an's Fenſter. Jetzt wo das Mondlicht hell auf ſeinem Geſichte lag, er¬ Er ſchien mit jemandem im erſten Stock in Unterhandlung Der Aufſeher war im höchſten Grade geſpannt, was nun Eine Strickleiter! Der Halunke wollte einſteigen! — Dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0331" n="317"/> Mauer, dann ein Stapfen auf dem Erdboden; aber alles nur<lb/> gedämpft, kaum vernehmbar.</p><lb/> <p>Guſtav dachte ſofort an Häſchke. Der Vagabund ſtieg wohl<lb/> aus! Dann war es vielleicht beſſer, man unterſuchte die Sache<lb/> gar nicht erſt, um nicht eingreifen zu müſſen.</p><lb/> <p>Jetzt, neues undeutliches Geräuſch! Leichtes Rütteln und<lb/> Knarren! Aber, diesmal kam es von einer anderen Stelle,<lb/> mehr aus der Richtung, wo die Mädchen ſchliefen.</p><lb/> <p>Die Wohnung des Aufſehers war ſo gelegen, daß ſie die<lb/> Schlafzimmer der Burſchen und Mädchen trennte. Eine Ver¬<lb/> bindung mit dem übrigen Hauſe fand für die Mädchen nur<lb/> durch die Aufſeherwohnung ſtatt. Das war alles von dem<lb/> Erbauer ſehr klug erdacht. —</p><lb/> <p>Guſtav erhob ſich, ſchlich in gebückter Haltung an's Fenſter.<lb/> Draußen lag die Landſchaft wie am Tage, im Vollmondlicht.<lb/> Trotzdem konnte er zunächſt nichts Verdächtiges erkennen. Erſt<lb/> als er ſich ſoweit aufgerichtet hatte, daß er durch das Fenſter,<lb/> den Streifen Raſen dicht am Hauſe zu überblicken vermochte,<lb/> ſah er dort eine männliche Geſtalt. Der Burſche arbeitete mit<lb/> gebeugtem Rücken, wuchtete, ſchien etwas im Boden zu be¬<lb/> feſtigen. Dann erhob er ſich plötzlich und blickte am Hauſe in<lb/> die Höhe.</p><lb/> <p>Jetzt wo das Mondlicht hell auf ſeinem Geſichte lag, er¬<lb/> kannte ihn Guſtav deutlich: es war Häſchke.</p><lb/> <p>Er ſchien mit jemandem im erſten Stock in Unterhandlung<lb/> zu ſtehen; denn er machte Zeichen mit der Hand nach aufwärts.</p><lb/> <p>Der Aufſeher war im höchſten Grade geſpannt, was nun<lb/> weiter erfolgen werde. Er drückte ſein Geſicht ganz an die<lb/> Scheiben. Jetzt erkannte er, an der Mauer hängend, einen<lb/> Gegenſtand, wie einen Strick, deſſen unteres Ende Häſchke in<lb/> der Hand hielt.</p><lb/> <p>Eine Strickleiter! Der Halunke wollte einſteigen! — Dem<lb/> Aufſeher ſchoß das Blut zu Kopfe. Das waren Streiche, wie<lb/> man ſie wohl im Manöver ausgeführt hatte. Bei Nacht in<lb/> die Mägdekammer, wenn der Bauer am Abend zuvor den<lb/> Schlüſſel dazu abgezogen hatte. Guſtav hatte mal mit Häſchke<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [317/0331]
Mauer, dann ein Stapfen auf dem Erdboden; aber alles nur
gedämpft, kaum vernehmbar.
Guſtav dachte ſofort an Häſchke. Der Vagabund ſtieg wohl
aus! Dann war es vielleicht beſſer, man unterſuchte die Sache
gar nicht erſt, um nicht eingreifen zu müſſen.
Jetzt, neues undeutliches Geräuſch! Leichtes Rütteln und
Knarren! Aber, diesmal kam es von einer anderen Stelle,
mehr aus der Richtung, wo die Mädchen ſchliefen.
Die Wohnung des Aufſehers war ſo gelegen, daß ſie die
Schlafzimmer der Burſchen und Mädchen trennte. Eine Ver¬
bindung mit dem übrigen Hauſe fand für die Mädchen nur
durch die Aufſeherwohnung ſtatt. Das war alles von dem
Erbauer ſehr klug erdacht. —
Guſtav erhob ſich, ſchlich in gebückter Haltung an's Fenſter.
Draußen lag die Landſchaft wie am Tage, im Vollmondlicht.
Trotzdem konnte er zunächſt nichts Verdächtiges erkennen. Erſt
als er ſich ſoweit aufgerichtet hatte, daß er durch das Fenſter,
den Streifen Raſen dicht am Hauſe zu überblicken vermochte,
ſah er dort eine männliche Geſtalt. Der Burſche arbeitete mit
gebeugtem Rücken, wuchtete, ſchien etwas im Boden zu be¬
feſtigen. Dann erhob er ſich plötzlich und blickte am Hauſe in
die Höhe.
Jetzt wo das Mondlicht hell auf ſeinem Geſichte lag, er¬
kannte ihn Guſtav deutlich: es war Häſchke.
Er ſchien mit jemandem im erſten Stock in Unterhandlung
zu ſtehen; denn er machte Zeichen mit der Hand nach aufwärts.
Der Aufſeher war im höchſten Grade geſpannt, was nun
weiter erfolgen werde. Er drückte ſein Geſicht ganz an die
Scheiben. Jetzt erkannte er, an der Mauer hängend, einen
Gegenſtand, wie einen Strick, deſſen unteres Ende Häſchke in
der Hand hielt.
Eine Strickleiter! Der Halunke wollte einſteigen! — Dem
Aufſeher ſchoß das Blut zu Kopfe. Das waren Streiche, wie
man ſie wohl im Manöver ausgeführt hatte. Bei Nacht in
die Mägdekammer, wenn der Bauer am Abend zuvor den
Schlüſſel dazu abgezogen hatte. Guſtav hatte mal mit Häſchke
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