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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Karl war, nachdem man seine Wunde im Kretscham not¬
dürftig gewaschen und verbunden hatte, in seine Behausung
nach Wörmsbach geschafft worden.

Nachdem ihm der Arzt das dichte Haar rings um die
Wunde abgeschnitten hatte, fand sich, daß die Schädeldecke stark
verletzt war. Es mußte geradezu ein Wunder genannt werden,
daß er mit dem Leben davon gekommen war. Die Heilung
ging langsam von statten.

Seine Frau leistete in dieser Zeit Übermenschliches. Der
Kranke war trotz seine Schwäche nicht leicht zu pflegen, er
delirierte stark. Die Nahrung mußte ihm auf künstlichem Wege
zugeführt werden.

Therese hatte sich bis dahin nie sonderlich um die Kran¬
kenpflege gekümmert; jetzt ließ die Not sie auch diese Dienste
erlernen.

Sie mußte dazu die Kinder versorgen, das Hauswesen im
Gange erhalten, dabei kein Geld im Hause! Denn Karl hatte
in der Periode seiner Liederlichkeit alles bis auf einen kleinen
Rest verthan.

Und nun kam das Frühjahr heran; da hätte das Feld
bestellt werden mögen. Wovon sollte man denn die Pacht an
Harrassowitz bezahlen?

Sam war schon einmal dagewesen. Er zeigte sich sehr
ungehalten. Wenn es nicht besser werde, müsse er sie heraus¬
setzen. Säufer und Nichtsthuer könne er nicht gebrauchen.

Was blieb für Therese da anderes übrig, als selbst das
Feld zu bestellen! Die Kühe hatte Harrassowitz inzwischen
weggenommen. Sie spannte sich also vor die Egge. Der
älteste Junge, kaum sechs Jahre alt, mußte mit Hacke und
Schaufel hantieren.

Es galt die größten Anstrengungen, denn wenn Harrasso¬
witz sein Wort wahrmachte, dann blieb ihnen nichts, als das
Armenhaus.

Daß Karl jemals wieder zu vollen Kräften kommen werde,
war unwahrscheinlich. Auch nachdem die Kopfwunde verheilt
war und das Fieber nachgelassen hatte, blieb ein allgemeiner

Karl war, nachdem man ſeine Wunde im Kretſcham not¬
dürftig gewaſchen und verbunden hatte, in ſeine Behauſung
nach Wörmsbach geſchafft worden.

Nachdem ihm der Arzt das dichte Haar rings um die
Wunde abgeſchnitten hatte, fand ſich, daß die Schädeldecke ſtark
verletzt war. Es mußte geradezu ein Wunder genannt werden,
daß er mit dem Leben davon gekommen war. Die Heilung
ging langſam von ſtatten.

Seine Frau leiſtete in dieſer Zeit Übermenſchliches. Der
Kranke war trotz ſeine Schwäche nicht leicht zu pflegen, er
delirierte ſtark. Die Nahrung mußte ihm auf künſtlichem Wege
zugeführt werden.

Thereſe hatte ſich bis dahin nie ſonderlich um die Kran¬
kenpflege gekümmert; jetzt ließ die Not ſie auch dieſe Dienſte
erlernen.

Sie mußte dazu die Kinder verſorgen, das Hausweſen im
Gange erhalten, dabei kein Geld im Hauſe! Denn Karl hatte
in der Periode ſeiner Liederlichkeit alles bis auf einen kleinen
Reſt verthan.

Und nun kam das Frühjahr heran; da hätte das Feld
beſtellt werden mögen. Wovon ſollte man denn die Pacht an
Harraſſowitz bezahlen?

Sam war ſchon einmal dageweſen. Er zeigte ſich ſehr
ungehalten. Wenn es nicht beſſer werde, müſſe er ſie heraus¬
ſetzen. Säufer und Nichtsthuer könne er nicht gebrauchen.

Was blieb für Thereſe da anderes übrig, als ſelbſt das
Feld zu beſtellen! Die Kühe hatte Harraſſowitz inzwiſchen
weggenommen. Sie ſpannte ſich alſo vor die Egge. Der
älteſte Junge, kaum ſechs Jahre alt, mußte mit Hacke und
Schaufel hantieren.

Es galt die größten Anſtrengungen, denn wenn Harraſſo¬
witz ſein Wort wahrmachte, dann blieb ihnen nichts, als das
Armenhaus.

Daß Karl jemals wieder zu vollen Kräften kommen werde,
war unwahrſcheinlich. Auch nachdem die Kopfwunde verheilt
war und das Fieber nachgelaſſen hatte, blieb ein allgemeiner

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[406/0420] Karl war, nachdem man ſeine Wunde im Kretſcham not¬ dürftig gewaſchen und verbunden hatte, in ſeine Behauſung nach Wörmsbach geſchafft worden. Nachdem ihm der Arzt das dichte Haar rings um die Wunde abgeſchnitten hatte, fand ſich, daß die Schädeldecke ſtark verletzt war. Es mußte geradezu ein Wunder genannt werden, daß er mit dem Leben davon gekommen war. Die Heilung ging langſam von ſtatten. Seine Frau leiſtete in dieſer Zeit Übermenſchliches. Der Kranke war trotz ſeine Schwäche nicht leicht zu pflegen, er delirierte ſtark. Die Nahrung mußte ihm auf künſtlichem Wege zugeführt werden. Thereſe hatte ſich bis dahin nie ſonderlich um die Kran¬ kenpflege gekümmert; jetzt ließ die Not ſie auch dieſe Dienſte erlernen. Sie mußte dazu die Kinder verſorgen, das Hausweſen im Gange erhalten, dabei kein Geld im Hauſe! Denn Karl hatte in der Periode ſeiner Liederlichkeit alles bis auf einen kleinen Reſt verthan. Und nun kam das Frühjahr heran; da hätte das Feld beſtellt werden mögen. Wovon ſollte man denn die Pacht an Harraſſowitz bezahlen? Sam war ſchon einmal dageweſen. Er zeigte ſich ſehr ungehalten. Wenn es nicht beſſer werde, müſſe er ſie heraus¬ ſetzen. Säufer und Nichtsthuer könne er nicht gebrauchen. Was blieb für Thereſe da anderes übrig, als ſelbſt das Feld zu beſtellen! Die Kühe hatte Harraſſowitz inzwiſchen weggenommen. Sie ſpannte ſich alſo vor die Egge. Der älteſte Junge, kaum ſechs Jahre alt, mußte mit Hacke und Schaufel hantieren. Es galt die größten Anſtrengungen, denn wenn Harraſſo¬ witz ſein Wort wahrmachte, dann blieb ihnen nichts, als das Armenhaus. Daß Karl jemals wieder zu vollen Kräften kommen werde, war unwahrſcheinlich. Auch nachdem die Kopfwunde verheilt war und das Fieber nachgelaſſen hatte, blieb ein allgemeiner

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/420>, abgerufen am 24.11.2024.