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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
Das sieben und zwantzigste Capitel.
Von Schlangen oder Nattern.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 360.

DJe Natter ist ein Geschlechte der
Schlangen, die sich in Franckreich
in gar grosser Menge finden, sonderlich
aber in Poictou/ von daher wir fast
alle Vipern/ die wir zu Paris verkauf-
fen, kommen lassen.

So sehr sich iederman ehedessen vor
diesen Thieren scheuete, so gemeine sind
sie anietzo, indem es wenig vornehme
Personen giebet, die sie nicht, als ein
herrliches Gerichte und gantz besonde-
res Mittel wieder allerhand Gebrechen
genüssen solten, inmassen aus dem Bu-
che des Herren Charras/ das er davon
geschrieben, zu ersehen ist, denn er in
demselben alles angemercket und ver-
meldet hat, was nur von diesen Thie-
ren kan erinnert werden; zu diesem kan
der Leser seine Zuflucht nehmen. Jch
aber will nur dieses sagen, daß man
nämlich diejenigen Vipern erwehlen
solle, welche dicke, munter, und erst
kürtzlich gefangen sind, auch daß man
besorget seyn müsse, sie an solche Orte
zu stellen, die weder zu kalt, noch zu
warm sind, denn gar zu grosse Kälte
und allzuheftige Hitze ihnen sehr zu wi-
der. Auch muß man sie nach ihrer An-
kunft fein balde aus der Kiste nehmen,
und die todten davon thun, derer sich
gar oftmahls etliche drunter befinden.
Drauf muß man sie in ein mit Kleyen
oder Moos erfülltes Vaß thun, nicht
zwar, als ob es ihnen, wie etliche wäh-
nen, zur Nahrung dienen solte; denn
sobald sie gefangen sind, essen sie nichts
mehr, sondern leben blos von der Luft,
zum öftern sechs Monate. Jngleichen
mag man mercken, daß man sie nicht
beym Schwantze fassen müsse, oder,
wenn mans noch besser machen will,
mit einer Zange; denn sobald sich die-
ses Thier gedrückt fühlet, beisset es in al-
les, was ihm vorkommt: weil nun ihr
Biß über die massen gefährlich ist, ja
gar tödlich, deshalben hat man sich wohl
in Acht zu nehmen. Auch muß man
sie an solche Oerter stellen, dahin nie-
mand nicht kommt, als der mit ihnen
umzugehen weiß; und Acht haben, daß
sie nicht aus dem Kasten kriechen; denn
wenn diese Thiere in ein Haus gerathen
[Spaltenumbruch] solten, würde man, ohne die Mühe sie
wieder zu finden, sonst auch noch in
grosse Gefahr gerathen, absonderlich
wo Kinder sind.

Wir lassen auch getreugte VipernGetreugte
Vipern.
Siehe Fig. 361.

aus Poictou bringen, welche, wenn
sie, wie sichs gebühret, beschaffen seyn
sollen, schwer müssen seyn, dicke, lang,
fein frisch, und erst neulich getödtet:
sonst verzehren sie die Würme gar bald,
nachdem sie sind getödtet worden, der-
gestalt, daß nichts nicht davon übrig
bleibet, als die Gräte. Auch gebe man
Achtung, daß bey einem ieden Bünd-
lein, darinne gemeiniglich ein Dutzt
sind, das Hertz zusamt der Leber, weilSiehe Fig. 362.
es die besten Theile dieser Thiere, sich
befinden: am Gewichte müssen sie drey
und eine halbe Untze halten, denn vier
Untzen schwer findet man sie selten.
Es müssen gleichfalls keine selbstgestor-
bene drunter seyn, welches gar leicht zu
mercken, alldieweil sie viel schwärtzer
sind.

Es wollen etliche vorgeben, daß es
Leute gebe, die an statt der Vipern,
Ottern
verkaufften: doch vermag ich
dieses nicht zu bejahen, weil ich es zu
Poitiers niemahls gesehen.

Wir lassen auch sehr viel Vipernpul-Vipernpul-
ver.

ver kommen: allein, wer dessen benö-
thiget ist, mag sich nicht an den wohlfei-
len Preiß kehren, denn es fast keine ei-
nige Materie giebet, die mehr verfäl-
schet wird. Darum soll man es bey
rechtschaffenen Leuten kauffen, oder
selbst machen, welches gantz leichte ist,
indem es nur von getrockneten Vipern,
in denen Hertz und Leber befindlich, und
welche zu Pulver gestossen, und durch
ein zartes Sieb gestäubet werden, be-
reitet wird.

Die trucknen und gestossenen Vipern
werden von etlichen Thierbezoar ge-Thierbezoar.
nennet, weil, ihrem Vorgeben nach,
dieses Pulver, bevoraus, wenn das
Hertz und die Leber darunter gemischet
worden sind, eben so viel Kraft hat, als
der Bezoar von demjenigen Thiere,
davon ich oben gehandelt.

Wir bekommen auch von PoitiersFlüchtiges u.
figirtes Saltz,

das flüchtige und figirte Saltz von Vi-

pern;
Der Spezereyen und Materialien
Das ſieben und zwantzigſte Capitel.
Von Schlangen oder Nattern.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 360.

DJe Natter iſt ein Geſchlechte der
Schlangen, die ſich in Franckreich
in gar groſſer Menge finden, ſonderlich
aber in Poictou/ von daher wir faſt
alle Vipern/ die wir zu Paris verkauf-
fen, kommen laſſen.

So ſehr ſich iederman ehedeſſen vor
dieſen Thieren ſcheuete, ſo gemeine ſind
ſie anietzo, indem es wenig vornehme
Perſonen giebet, die ſie nicht, als ein
herrliches Gerichte und gantz beſonde-
res Mittel wieder allerhand Gebrechen
genuͤſſen ſolten, inmaſſen aus dem Bu-
che des Herren Charras/ das er davon
geſchrieben, zu erſehen iſt, denn er in
demſelben alles angemercket und ver-
meldet hat, was nur von dieſen Thie-
ren kan erinnert werden; zu dieſem kan
der Leſer ſeine Zuflucht nehmen. Jch
aber will nur dieſes ſagen, daß man
naͤmlich diejenigen Vipern erwehlen
ſolle, welche dicke, munter, und erſt
kuͤrtzlich gefangen ſind, auch daß man
beſorget ſeyn muͤſſe, ſie an ſolche Orte
zu ſtellen, die weder zu kalt, noch zu
warm ſind, denn gar zu groſſe Kaͤlte
und allzuheftige Hitze ihnen ſehr zu wi-
der. Auch muß man ſie nach ihrer An-
kunft fein balde aus der Kiſte nehmen,
und die todten davon thun, derer ſich
gar oftmahls etliche drunter befinden.
Drauf muß man ſie in ein mit Kleyen
oder Moos erfuͤlltes Vaß thun, nicht
zwar, als ob es ihnen, wie etliche waͤh-
nen, zur Nahrung dienen ſolte; denn
ſobald ſie gefangen ſind, eſſen ſie nichts
mehr, ſondern leben blos von der Luft,
zum oͤftern ſechs Monate. Jngleichen
mag man mercken, daß man ſie nicht
beym Schwantze faſſen muͤſſe, oder,
wenn mans noch beſſer machen will,
mit einer Zange; denn ſobald ſich die-
ſes Thier gedruͤckt fuͤhlet, beiſſet es in al-
les, was ihm vorkommt: weil nun ihr
Biß uͤber die maſſen gefaͤhrlich iſt, ja
gar toͤdlich, deshalben hat man ſich wohl
in Acht zu nehmen. Auch muß man
ſie an ſolche Oerter ſtellen, dahin nie-
mand nicht kommt, als der mit ihnen
umzugehen weiß; und Acht haben, daß
ſie nicht aus dem Kaſten kriechen; denn
wenn dieſe Thiere in ein Haus gerathen
[Spaltenumbruch] ſolten, wuͤrde man, ohne die Muͤhe ſie
wieder zu finden, ſonſt auch noch in
groſſe Gefahr gerathen, abſonderlich
wo Kinder ſind.

Wir laſſen auch getreugte VipernGetreugte
Vipern.
Siehe Fig. 361.

aus Poictou bringen, welche, wenn
ſie, wie ſichs gebuͤhret, beſchaffen ſeyn
ſollen, ſchwer muͤſſen ſeyn, dicke, lang,
fein friſch, und erſt neulich getoͤdtet:
ſonſt verzehren ſie die Wuͤrme gar bald,
nachdem ſie ſind getoͤdtet worden, der-
geſtalt, daß nichts nicht davon uͤbrig
bleibet, als die Graͤte. Auch gebe man
Achtung, daß bey einem ieden Buͤnd-
lein, darinne gemeiniglich ein Dutzt
ſind, das Hertz zuſamt der Leber, weilSiehe Fig. 362.
es die beſten Theile dieſer Thiere, ſich
befinden: am Gewichte muͤſſen ſie drey
und eine halbe Untze halten, denn vier
Untzen ſchwer findet man ſie ſelten.
Es muͤſſen gleichfalls keine ſelbſtgeſtor-
bene drunter ſeyn, welches gar leicht zu
mercken, alldieweil ſie viel ſchwaͤrtzer
ſind.

Es wollen etliche vorgeben, daß es
Leute gebe, die an ſtatt der Vipern,
Ottern
verkaufften: doch vermag ich
dieſes nicht zu bejahen, weil ich es zu
Poitiers niemahls geſehen.

Wir laſſen auch ſehr viel Vipernpul-Vipernpul-
ver.

ver kommen: allein, wer deſſen benoͤ-
thiget iſt, mag ſich nicht an den wohlfei-
len Preiß kehren, denn es faſt keine ei-
nige Materie giebet, die mehr verfaͤl-
ſchet wird. Darum ſoll man es bey
rechtſchaffenen Leuten kauffen, oder
ſelbſt machen, welches gantz leichte iſt,
indem es nur von getrockneten Vipern,
in denen Hertz und Leber befindlich, und
welche zu Pulver geſtoſſen, und durch
ein zartes Sieb geſtaͤubet werden, be-
reitet wird.

Die trucknen und geſtoſſenen Vipeꝛn
werden von etlichen Thierbezoar ge-Thierbezoar.
nennet, weil, ihrem Vorgeben nach,
dieſes Pulver, bevoraus, wenn das
Hertz und die Leber darunter gemiſchet
worden ſind, eben ſo viel Kraft hat, als
der Bezoar von demjenigen Thiere,
davon ich oben gehandelt.

Wir bekommen auch von PoitiersFluͤchtiges u.
figirtes Saltz,

das fluͤchtige und figirte Saltz von Vi-

pern;
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[0418] Der Spezereyen und Materialien Das ſieben und zwantzigſte Capitel. Von Schlangen oder Nattern. DJe Natter iſt ein Geſchlechte der Schlangen, die ſich in Franckreich in gar groſſer Menge finden, ſonderlich aber in Poictou/ von daher wir faſt alle Vipern/ die wir zu Paris verkauf- fen, kommen laſſen. So ſehr ſich iederman ehedeſſen vor dieſen Thieren ſcheuete, ſo gemeine ſind ſie anietzo, indem es wenig vornehme Perſonen giebet, die ſie nicht, als ein herrliches Gerichte und gantz beſonde- res Mittel wieder allerhand Gebrechen genuͤſſen ſolten, inmaſſen aus dem Bu- che des Herren Charras/ das er davon geſchrieben, zu erſehen iſt, denn er in demſelben alles angemercket und ver- meldet hat, was nur von dieſen Thie- ren kan erinnert werden; zu dieſem kan der Leſer ſeine Zuflucht nehmen. Jch aber will nur dieſes ſagen, daß man naͤmlich diejenigen Vipern erwehlen ſolle, welche dicke, munter, und erſt kuͤrtzlich gefangen ſind, auch daß man beſorget ſeyn muͤſſe, ſie an ſolche Orte zu ſtellen, die weder zu kalt, noch zu warm ſind, denn gar zu groſſe Kaͤlte und allzuheftige Hitze ihnen ſehr zu wi- der. Auch muß man ſie nach ihrer An- kunft fein balde aus der Kiſte nehmen, und die todten davon thun, derer ſich gar oftmahls etliche drunter befinden. Drauf muß man ſie in ein mit Kleyen oder Moos erfuͤlltes Vaß thun, nicht zwar, als ob es ihnen, wie etliche waͤh- nen, zur Nahrung dienen ſolte; denn ſobald ſie gefangen ſind, eſſen ſie nichts mehr, ſondern leben blos von der Luft, zum oͤftern ſechs Monate. Jngleichen mag man mercken, daß man ſie nicht beym Schwantze faſſen muͤſſe, oder, wenn mans noch beſſer machen will, mit einer Zange; denn ſobald ſich die- ſes Thier gedruͤckt fuͤhlet, beiſſet es in al- les, was ihm vorkommt: weil nun ihr Biß uͤber die maſſen gefaͤhrlich iſt, ja gar toͤdlich, deshalben hat man ſich wohl in Acht zu nehmen. Auch muß man ſie an ſolche Oerter ſtellen, dahin nie- mand nicht kommt, als der mit ihnen umzugehen weiß; und Acht haben, daß ſie nicht aus dem Kaſten kriechen; denn wenn dieſe Thiere in ein Haus gerathen ſolten, wuͤrde man, ohne die Muͤhe ſie wieder zu finden, ſonſt auch noch in groſſe Gefahr gerathen, abſonderlich wo Kinder ſind. Wir laſſen auch getreugte Vipern aus Poictou bringen, welche, wenn ſie, wie ſichs gebuͤhret, beſchaffen ſeyn ſollen, ſchwer muͤſſen ſeyn, dicke, lang, fein friſch, und erſt neulich getoͤdtet: ſonſt verzehren ſie die Wuͤrme gar bald, nachdem ſie ſind getoͤdtet worden, der- geſtalt, daß nichts nicht davon uͤbrig bleibet, als die Graͤte. Auch gebe man Achtung, daß bey einem ieden Buͤnd- lein, darinne gemeiniglich ein Dutzt ſind, das Hertz zuſamt der Leber, weil es die beſten Theile dieſer Thiere, ſich befinden: am Gewichte muͤſſen ſie drey und eine halbe Untze halten, denn vier Untzen ſchwer findet man ſie ſelten. Es muͤſſen gleichfalls keine ſelbſtgeſtor- bene drunter ſeyn, welches gar leicht zu mercken, alldieweil ſie viel ſchwaͤrtzer ſind. Getreugte Vipern. Siehe Fig. 361. Siehe Fig. 362. Es wollen etliche vorgeben, daß es Leute gebe, die an ſtatt der Vipern, Ottern verkaufften: doch vermag ich dieſes nicht zu bejahen, weil ich es zu Poitiers niemahls geſehen. Wir laſſen auch ſehr viel Vipernpul- ver kommen: allein, wer deſſen benoͤ- thiget iſt, mag ſich nicht an den wohlfei- len Preiß kehren, denn es faſt keine ei- nige Materie giebet, die mehr verfaͤl- ſchet wird. Darum ſoll man es bey rechtſchaffenen Leuten kauffen, oder ſelbſt machen, welches gantz leichte iſt, indem es nur von getrockneten Vipern, in denen Hertz und Leber befindlich, und welche zu Pulver geſtoſſen, und durch ein zartes Sieb geſtaͤubet werden, be- reitet wird. Vipernpul- ver. Die trucknen und geſtoſſenen Vipeꝛn werden von etlichen Thierbezoar ge- nennet, weil, ihrem Vorgeben nach, dieſes Pulver, bevoraus, wenn das Hertz und die Leber darunter gemiſchet worden ſind, eben ſo viel Kraft hat, als der Bezoar von demjenigen Thiere, davon ich oben gehandelt. Thierbezoar. Wir bekommen auch von Poitiers das fluͤchtige und figirte Saltz von Vi- pern; Fluͤchtiges u. figirtes Saltz,

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/418>, abgerufen am 22.11.2024.