euch. -- Hierauf gehen die Studiosi zu ei- nem andern Lehrer, und hören den Unterricht in einer andern Wissenschaft. Oftmals pfle- gen die Lehrer in einer Stunde einen vierfa- chen Unterricht zu geben welches nach ihrer Meynung von ungemeinem Nutzen ist. Sie wollen in diesem Stücke die Alten nachahmen: richten aber dadurch gewiß mehr Schaden, als Vortheil an.
Wenn nun die Studiosi in allen Theilen der Wissenschaft einigen Fortgang gemacht haben; so fangen sie an über einige Materien, entweder unter sich allein, oder auch in Gegen- wart ihres Lehrers, zu disputiren. Drey oder viere treten zusammen, und disputiren, fast so, wie es bey unserm Disputiren herzugehen pflegt.
Dieß ist die Art, wie die Perser zu studi- ren pflegen. Die wohlhabenden Leute lassen auch oft die Lehrer zu ihren Kindern ins Haus kommen, um sie eben so, wie in den Colle- gien, unterrichten zu lassen. Diese letzte Art des Unterrichts läßt sich bey ihnen leicht thun, weil der Unterricht, wegen der großen Menge von so genannten Gelehrten, nicht mit so vie- len Kosten verbunden zu seyn pflegt, wie bey uns. -- Schade ist es, daß der lebhafte Geist und die natürlichen Talente dieses Volks nicht so, wie sie sollten, angewendet werden. Sie würden gewiß eben so glücklichen Fortgang in allen Theilen der Wissenschaften machen, als
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euch. — Hierauf gehen die Studioſi zu ei- nem andern Lehrer, und hoͤren den Unterricht in einer andern Wiſſenſchaft. Oftmals pfle- gen die Lehrer in einer Stunde einen vierfa- chen Unterricht zu geben welches nach ihrer Meynung von ungemeinem Nutzen iſt. Sie wollen in dieſem Stuͤcke die Alten nachahmen: richten aber dadurch gewiß mehr Schaden, als Vortheil an.
Wenn nun die Studioſi in allen Theilen der Wiſſenſchaft einigen Fortgang gemacht haben; ſo fangen ſie an uͤber einige Materien, entweder unter ſich allein, oder auch in Gegen- wart ihres Lehrers, zu diſputiren. Drey oder viere treten zuſammen, und diſputiren, faſt ſo, wie es bey unſerm Diſputiren herzugehen pflegt.
Dieß iſt die Art, wie die Perſer zu ſtudi- ren pflegen. Die wohlhabenden Leute laſſen auch oft die Lehrer zu ihren Kindern ins Haus kommen, um ſie eben ſo, wie in den Colle- gien, unterrichten zu laſſen. Dieſe letzte Art des Unterrichts laͤßt ſich bey ihnen leicht thun, weil der Unterricht, wegen der großen Menge von ſo genannten Gelehrten, nicht mit ſo vie- len Koſten verbunden zu ſeyn pflegt, wie bey uns. — Schade iſt es, daß der lebhafte Geiſt und die natuͤrlichen Talente dieſes Volks nicht ſo, wie ſie ſollten, angewendet werden. Sie wuͤrden gewiß eben ſo gluͤcklichen Fortgang in allen Theilen der Wiſſenſchaften machen, als
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euch. — Hierauf gehen die Studioſi zu ei-
nem andern Lehrer, und hoͤren den Unterricht
in einer andern Wiſſenſchaft. Oftmals pfle-
gen die Lehrer in einer Stunde einen vierfa-
chen Unterricht zu geben welches nach ihrer
Meynung von ungemeinem Nutzen iſt. Sie
wollen in dieſem Stuͤcke die Alten nachahmen:
richten aber dadurch gewiß mehr Schaden, als
Vortheil an.
Wenn nun die Studioſi in allen Theilen
der Wiſſenſchaft einigen Fortgang gemacht
haben; ſo fangen ſie an uͤber einige Materien,
entweder unter ſich allein, oder auch in Gegen-
wart ihres Lehrers, zu diſputiren. Drey oder
viere treten zuſammen, und diſputiren, faſt ſo,
wie es bey unſerm Diſputiren herzugehen
pflegt.
Dieß iſt die Art, wie die Perſer zu ſtudi-
ren pflegen. Die wohlhabenden Leute laſſen
auch oft die Lehrer zu ihren Kindern ins Haus
kommen, um ſie eben ſo, wie in den Colle-
gien, unterrichten zu laſſen. Dieſe letzte Art
des Unterrichts laͤßt ſich bey ihnen leicht thun,
weil der Unterricht, wegen der großen Menge
von ſo genannten Gelehrten, nicht mit ſo vie-
len Koſten verbunden zu ſeyn pflegt, wie bey
uns. — Schade iſt es, daß der lebhafte
Geiſt und die natuͤrlichen Talente dieſes Volks
nicht ſo, wie ſie ſollten, angewendet werden.
Sie wuͤrden gewiß eben ſo gluͤcklichen Fortgang
in allen Theilen der Wiſſenſchaften machen, als
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/101>, abgerufen am 21.11.2024.
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