beschwerliche Wissenschaft nennen. Der be- rühmteste Mathematiker, den die Perser in dem mittlern Zeitalter aufzuweisen haben, heißt Coja Nessir. Er hat einen sehr gelehrten Commentar über den Almagest des Ptolo- mäus geschrieben, und mit glücklichem Erfolg an den Anfangsgründen des Euclides gearbei- tet, und zugleich verschiedene Propositionen er- läutert -- besonders bemerkt man seinen Fleiß in der sieben und vierzigsten des ersten Buchs -- die er mit einigen dreyßig Corollarien aus dem bekannten Theorema vcrmehrt. Die Per- ser nennen diese Proposition Chek le arrus, oder die Figur einer Verheyratheten, um dadurch die Fruchtbarkeit dieses Grundsatzes anzuzeigen. Sie halten den Pythagoras, oder wie sie ihn nennen Fichagores, für den Erfin- der dieser Proposition. Die Perser haben fast allen Propositionen der Anfangsgründe des Euclides besondere Namen gegeben. -- Nächst diesem Coja Nessir hat sich Maimon Re- chid in dieser Wissenschaft besonders bekannt gemacht. Er hat ebenfalls mit vielem Glücke über den Euclides commentirt. Bey der er- sten Proposition dieses Autors hat er solche wich- tige Entdeckungen gemacht, daß man sie nach- her des Maimons Figur genannt hat. Er hatte sich in diese Proposition so verliebt, daß er sie auf seinem Rockermel hat sticken lassen, um sie immer vor Augen zu haben. Man erzählt, daß er beym Ende seines Lebens
soll
G 3
beſchwerliche Wiſſenſchaft nennen. Der be- ruͤhmteſte Mathematiker, den die Perſer in dem mittlern Zeitalter aufzuweiſen haben, heißt Coja Neſſir. Er hat einen ſehr gelehrten Commentar uͤber den Almageſt des Ptolo- maͤus geſchrieben, und mit gluͤcklichem Erfolg an den Anfangsgruͤnden des Euclides gearbei- tet, und zugleich verſchiedene Propoſitionen er- laͤutert — beſonders bemerkt man ſeinen Fleiß in der ſieben und vierzigſten des erſten Buchs — die er mit einigen dreyßig Corollarien aus dem bekannten Theorema vcrmehrt. Die Per- ſer nennen dieſe Propoſition Chek le arrus, oder die Figur einer Verheyratheten, um dadurch die Fruchtbarkeit dieſes Grundſatzes anzuzeigen. Sie halten den Pythagoras, oder wie ſie ihn nennen Fichagores, fuͤr den Erfin- der dieſer Propoſition. Die Perſer haben faſt allen Propoſitionen der Anfangsgruͤnde des Euclides beſondere Namen gegeben. — Naͤchſt dieſem Coja Neſſir hat ſich Maimon Re- chid in dieſer Wiſſenſchaft beſonders bekannt gemacht. Er hat ebenfalls mit vielem Gluͤcke uͤber den Euclides commentirt. Bey der er- ſten Propoſition dieſes Autors hat er ſolche wich- tige Entdeckungen gemacht, daß man ſie nach- her des Maimons Figur genannt hat. Er hatte ſich in dieſe Propoſition ſo verliebt, daß er ſie auf ſeinem Rockermel hat ſticken laſſen, um ſie immer vor Augen zu haben. Man erzaͤhlt, daß er beym Ende ſeines Lebens
ſoll
G 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0121"n="101"/>
beſchwerliche Wiſſenſchaft nennen. Der be-<lb/>
ruͤhmteſte Mathematiker, den die Perſer in dem<lb/>
mittlern Zeitalter aufzuweiſen haben, heißt<lb/><hirendition="#fr">Coja Neſſir</hi>. Er hat einen ſehr gelehrten<lb/>
Commentar uͤber den <hirendition="#fr">Almageſt</hi> des Ptolo-<lb/>
maͤus geſchrieben, und mit gluͤcklichem Erfolg<lb/>
an den Anfangsgruͤnden des Euclides gearbei-<lb/>
tet, und zugleich verſchiedene Propoſitionen er-<lb/>
laͤutert — beſonders bemerkt man ſeinen Fleiß<lb/>
in der ſieben und vierzigſten des erſten Buchs<lb/>— die er mit einigen dreyßig Corollarien aus<lb/>
dem bekannten Theorema vcrmehrt. Die Per-<lb/>ſer nennen dieſe Propoſition <hirendition="#fr">Chek le arrus</hi>,<lb/>
oder die <hirendition="#fr">Figur einer Verheyratheten</hi>, um<lb/>
dadurch die Fruchtbarkeit dieſes Grundſatzes<lb/>
anzuzeigen. Sie halten den Pythagoras, oder<lb/>
wie ſie ihn nennen <hirendition="#fr">Fichagores</hi>, fuͤr den Erfin-<lb/>
der dieſer Propoſition. Die Perſer haben faſt<lb/>
allen Propoſitionen der Anfangsgruͤnde des<lb/>
Euclides beſondere Namen gegeben. — Naͤchſt<lb/>
dieſem <hirendition="#fr">Coja Neſſir</hi> hat ſich <hirendition="#fr">Maimon Re-<lb/>
chid</hi> in dieſer Wiſſenſchaft beſonders bekannt<lb/>
gemacht. Er hat ebenfalls mit vielem Gluͤcke<lb/>
uͤber den Euclides commentirt. Bey der er-<lb/>ſten Propoſition dieſes Autors hat er ſolche wich-<lb/>
tige Entdeckungen gemacht, daß man ſie nach-<lb/>
her des <hirendition="#fr">Maimons Figur</hi> genannt hat. Er<lb/>
hatte ſich in dieſe Propoſition ſo verliebt, daß<lb/>
er ſie auf ſeinem Rockermel hat ſticken<lb/>
laſſen, um ſie immer vor Augen zu haben.<lb/>
Man erzaͤhlt, daß er beym Ende ſeines Lebens<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſoll</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[101/0121]
beſchwerliche Wiſſenſchaft nennen. Der be-
ruͤhmteſte Mathematiker, den die Perſer in dem
mittlern Zeitalter aufzuweiſen haben, heißt
Coja Neſſir. Er hat einen ſehr gelehrten
Commentar uͤber den Almageſt des Ptolo-
maͤus geſchrieben, und mit gluͤcklichem Erfolg
an den Anfangsgruͤnden des Euclides gearbei-
tet, und zugleich verſchiedene Propoſitionen er-
laͤutert — beſonders bemerkt man ſeinen Fleiß
in der ſieben und vierzigſten des erſten Buchs
— die er mit einigen dreyßig Corollarien aus
dem bekannten Theorema vcrmehrt. Die Per-
ſer nennen dieſe Propoſition Chek le arrus,
oder die Figur einer Verheyratheten, um
dadurch die Fruchtbarkeit dieſes Grundſatzes
anzuzeigen. Sie halten den Pythagoras, oder
wie ſie ihn nennen Fichagores, fuͤr den Erfin-
der dieſer Propoſition. Die Perſer haben faſt
allen Propoſitionen der Anfangsgruͤnde des
Euclides beſondere Namen gegeben. — Naͤchſt
dieſem Coja Neſſir hat ſich Maimon Re-
chid in dieſer Wiſſenſchaft beſonders bekannt
gemacht. Er hat ebenfalls mit vielem Gluͤcke
uͤber den Euclides commentirt. Bey der er-
ſten Propoſition dieſes Autors hat er ſolche wich-
tige Entdeckungen gemacht, daß man ſie nach-
her des Maimons Figur genannt hat. Er
hatte ſich in dieſe Propoſition ſo verliebt, daß
er ſie auf ſeinem Rockermel hat ſticken
laſſen, um ſie immer vor Augen zu haben.
Man erzaͤhlt, daß er beym Ende ſeines Lebens
ſoll
G 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/121>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.