Koran das einzige bürgerliche und canonische Recht ist, und man mit Grunde voraus setzt, daß die Geistlichen diese Bücher vor andern verste- hen; so ist das Volk sehr geneigt, jenen die Streitfrage zu überlassen. Diese Priester nun, deren Ansehen, wie billig, nur in Reli- gionssachen gelten sollte, haben sich unvermerkt in alle Sachen eingeschlichen, und in die Ge- richtsbarkeit der Weltlichen solche Eingriffe gethan, daß sie fast heut zu Tage die einzigen Richter sind.
Die Kirchengüter werden von den Sedres ver- waltet, und werden von den Persern für un- verletzbar gehalten. Diese Güter bestehen ge- meiniglich aus Landgütern, Häusern, Einkünf- ten aus dem königlichen Schatze, und von den Städten, aus öffentlichen Bädern, aus den Häusern, wo die Caravanen logiren, und an- dern ähnlichen Sachen. Chardin versichert, daß sich diese Einkünfte wenigstens auf sechs und dreyßig Millionen, nach unserer Münze, belaufen. Vielleicht ist diese Einnahme zu hoch angesetzt.
Von diesen Einnahmen leben aber auch eine unglaubliche Menge von Menschen. Doch giebt es keine unter ihnen, welche würklich reich sind, wenn man hiervon die Sedres, ih- re Controleurs, und die, welche die Güter verwalten, und unter andre vertheilen, aus- nimmt. Wenn man, sag2 ich, diese aus- nimmt: so findet man wenige Geistliche, die
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Koran das einzige buͤrgerliche und canoniſche Recht iſt, und man mit Grunde voraus ſetzt, daß die Geiſtlichen dieſe Buͤcher vor andern verſte- hen; ſo iſt das Volk ſehr geneigt, jenen die Streitfrage zu uͤberlaſſen. Dieſe Prieſter nun, deren Anſehen, wie billig, nur in Reli- gionsſachen gelten ſollte, haben ſich unvermerkt in alle Sachen eingeſchlichen, und in die Ge- richtsbarkeit der Weltlichen ſolche Eingriffe gethan, daß ſie faſt heut zu Tage die einzigen Richter ſind.
Die Kirchenguͤter werden von den Sedres ver- waltet, und werden von den Perſern fuͤr un- verletzbar gehalten. Dieſe Guͤter beſtehen ge- meiniglich aus Landguͤtern, Haͤuſern, Einkuͤnf- ten aus dem koͤniglichen Schatze, und von den Staͤdten, aus oͤffentlichen Baͤdern, aus den Haͤuſern, wo die Caravanen logiren, und an- dern aͤhnlichen Sachen. Chardin verſichert, daß ſich dieſe Einkuͤnfte wenigſtens auf ſechs und dreyßig Millionen, nach unſerer Muͤnze, belaufen. Vielleicht iſt dieſe Einnahme zu hoch angeſetzt.
Von dieſen Einnahmen leben aber auch eine unglaubliche Menge von Menſchen. Doch giebt es keine unter ihnen, welche wuͤrklich reich ſind, wenn man hiervon die Sedres, ih- re Controleurs, und die, welche die Guͤter verwalten, und unter andre vertheilen, aus- nimmt. Wenn man, ſag2 ich, dieſe aus- nimmt: ſo findet man wenige Geiſtliche, die
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Koran das einzige buͤrgerliche und canoniſche
Recht iſt, und man mit Grunde voraus ſetzt, daß
die Geiſtlichen dieſe Buͤcher vor andern verſte-
hen; ſo iſt das Volk ſehr geneigt, jenen die
Streitfrage zu uͤberlaſſen. Dieſe Prieſter
nun, deren Anſehen, wie billig, nur in Reli-
gionsſachen gelten ſollte, haben ſich unvermerkt
in alle Sachen eingeſchlichen, und in die Ge-
richtsbarkeit der Weltlichen ſolche Eingriffe
gethan, daß ſie faſt heut zu Tage die einzigen
Richter ſind.
Die Kirchenguͤter werden von den Sedres ver-
waltet, und werden von den Perſern fuͤr un-
verletzbar gehalten. Dieſe Guͤter beſtehen ge-
meiniglich aus Landguͤtern, Haͤuſern, Einkuͤnf-
ten aus dem koͤniglichen Schatze, und von den
Staͤdten, aus oͤffentlichen Baͤdern, aus den
Haͤuſern, wo die Caravanen logiren, und an-
dern aͤhnlichen Sachen. Chardin verſichert,
daß ſich dieſe Einkuͤnfte wenigſtens auf ſechs
und dreyßig Millionen, nach unſerer Muͤnze,
belaufen. Vielleicht iſt dieſe Einnahme zu hoch
angeſetzt.
Von dieſen Einnahmen leben aber auch
eine unglaubliche Menge von Menſchen. Doch
giebt es keine unter ihnen, welche wuͤrklich
reich ſind, wenn man hiervon die Sedres, ih-
re Controleurs, und die, welche die Guͤter
verwalten, und unter andre vertheilen, aus-
nimmt. Wenn man, ſag2 ich, dieſe aus-
nimmt: ſo findet man wenige Geiſtliche, die
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/170>, abgerufen am 21.11.2024.
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