dem Paradiese und der Hölle, für eine Mey- nung hegen.
Die Mohammedaner glauben, wie wir, daß die Menschen aus ihrem Staube wieder auferstehen werden, um an jenem Tage vor dem Throne des höchsten Richters zu erscheinen. Allein sie glauben nicht, daß ihr Körper wird verherrlichet werden: denn sie sagen, daß die Auferstehung den Körper nur vervollkommne, verändere aber nicht seine Natur. Er sey nicht faul und ungestaltet, mit keinem Unflat be- schwert. Sie gründen diesen Glauben auf die Meynung, daß, sobald man einem Körper ei- ne von seinen sinnlich materiellen Eigenschaf- ten raubt, kein wahrer Körper mehr sey.
Die Perser lehren, daß es ein besonders Gericht für die Erwachsenen gebe, welches unmittelbar nach dem Tode gehalten würde. Die Art desselben geschehe folgender Gestalt: Sobald eine erwachsene Person gestorben und begraben sey, und das beym Grabe stehende Volk sich wegbegeben habe; so komme die abge- sonderte Seele wieder zu dem Todten in das Grab. Es erschienen hierauf zwey Engel von abscheulicher Gestalt, und fragten ihn, ob er Glauben gehalten, ferner examinirten sie ihn über die Einheit Gottes, hernach über die Sendung Mohammeds, endlich über seine Werke. Nach diesem Examen, würde erst der Seele ihr Ort angewiesen. Denn, sagen sie, so lange diese Untersuchung der Engel mit dem
Ver-
dem Paradieſe und der Hoͤlle, fuͤr eine Mey- nung hegen.
Die Mohammedaner glauben, wie wir, daß die Menſchen aus ihrem Staube wieder auferſtehen werden, um an jenem Tage vor dem Throne des hoͤchſten Richters zu erſcheinen. Allein ſie glauben nicht, daß ihr Koͤrper wird verherrlichet werden: denn ſie ſagen, daß die Auferſtehung den Koͤrper nur vervollkommne, veraͤndere aber nicht ſeine Natur. Er ſey nicht faul und ungeſtaltet, mit keinem Unflat be- ſchwert. Sie gruͤnden dieſen Glauben auf die Meynung, daß, ſobald man einem Koͤrper ei- ne von ſeinen ſinnlich materiellen Eigenſchaf- ten raubt, kein wahrer Koͤrper mehr ſey.
Die Perſer lehren, daß es ein beſonders Gericht fuͤr die Erwachſenen gebe, welches unmittelbar nach dem Tode gehalten wuͤrde. Die Art deſſelben geſchehe folgender Geſtalt: Sobald eine erwachſene Perſon geſtorben und begraben ſey, und das beym Grabe ſtehende Volk ſich wegbegeben habe; ſo komme die abge- ſonderte Seele wieder zu dem Todten in das Grab. Es erſchienen hierauf zwey Engel von abſcheulicher Geſtalt, und fragten ihn, ob er Glauben gehalten, ferner examinirten ſie ihn uͤber die Einheit Gottes, hernach uͤber die Sendung Mohammeds, endlich uͤber ſeine Werke. Nach dieſem Examen, wuͤrde erſt der Seele ihr Ort angewieſen. Denn, ſagen ſie, ſo lange dieſe Unterſuchung der Engel mit dem
Ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0202"n="182"/>
dem <hirendition="#fr">Paradieſe</hi> und der <hirendition="#fr">Hoͤlle</hi>, fuͤr eine Mey-<lb/>
nung hegen.</p><lb/><p>Die Mohammedaner glauben, wie wir,<lb/>
daß die Menſchen aus ihrem Staube wieder<lb/>
auferſtehen werden, um an jenem Tage vor<lb/>
dem Throne des hoͤchſten Richters zu erſcheinen.<lb/>
Allein ſie glauben nicht, daß ihr Koͤrper wird<lb/>
verherrlichet werden: denn ſie ſagen, daß die<lb/>
Auferſtehung den Koͤrper nur vervollkommne,<lb/>
veraͤndere aber nicht ſeine Natur. Er ſey nicht<lb/>
faul und ungeſtaltet, mit keinem Unflat be-<lb/>ſchwert. Sie gruͤnden dieſen Glauben auf die<lb/>
Meynung, daß, ſobald man einem Koͤrper ei-<lb/>
ne von ſeinen ſinnlich materiellen Eigenſchaf-<lb/>
ten raubt, kein wahrer Koͤrper mehr ſey.</p><lb/><p>Die Perſer lehren, daß es ein <hirendition="#fr">beſonders<lb/>
Gericht</hi> fuͤr die Erwachſenen gebe, welches<lb/>
unmittelbar nach dem Tode gehalten wuͤrde.<lb/>
Die Art deſſelben geſchehe folgender Geſtalt:<lb/>
Sobald eine erwachſene Perſon geſtorben und<lb/>
begraben ſey, und das beym Grabe ſtehende<lb/>
Volk ſich wegbegeben habe; ſo komme die abge-<lb/>ſonderte Seele wieder zu dem Todten in das<lb/>
Grab. Es erſchienen hierauf zwey Engel von<lb/>
abſcheulicher Geſtalt, und fragten ihn, ob er<lb/>
Glauben gehalten, ferner examinirten ſie ihn<lb/>
uͤber die Einheit Gottes, hernach uͤber die<lb/>
Sendung Mohammeds, endlich uͤber ſeine<lb/>
Werke. Nach dieſem Examen, wuͤrde erſt der<lb/>
Seele ihr Ort angewieſen. Denn, ſagen ſie,<lb/>ſo lange dieſe Unterſuchung der Engel mit dem<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[182/0202]
dem Paradieſe und der Hoͤlle, fuͤr eine Mey-
nung hegen.
Die Mohammedaner glauben, wie wir,
daß die Menſchen aus ihrem Staube wieder
auferſtehen werden, um an jenem Tage vor
dem Throne des hoͤchſten Richters zu erſcheinen.
Allein ſie glauben nicht, daß ihr Koͤrper wird
verherrlichet werden: denn ſie ſagen, daß die
Auferſtehung den Koͤrper nur vervollkommne,
veraͤndere aber nicht ſeine Natur. Er ſey nicht
faul und ungeſtaltet, mit keinem Unflat be-
ſchwert. Sie gruͤnden dieſen Glauben auf die
Meynung, daß, ſobald man einem Koͤrper ei-
ne von ſeinen ſinnlich materiellen Eigenſchaf-
ten raubt, kein wahrer Koͤrper mehr ſey.
Die Perſer lehren, daß es ein beſonders
Gericht fuͤr die Erwachſenen gebe, welches
unmittelbar nach dem Tode gehalten wuͤrde.
Die Art deſſelben geſchehe folgender Geſtalt:
Sobald eine erwachſene Perſon geſtorben und
begraben ſey, und das beym Grabe ſtehende
Volk ſich wegbegeben habe; ſo komme die abge-
ſonderte Seele wieder zu dem Todten in das
Grab. Es erſchienen hierauf zwey Engel von
abſcheulicher Geſtalt, und fragten ihn, ob er
Glauben gehalten, ferner examinirten ſie ihn
uͤber die Einheit Gottes, hernach uͤber die
Sendung Mohammeds, endlich uͤber ſeine
Werke. Nach dieſem Examen, wuͤrde erſt der
Seele ihr Ort angewieſen. Denn, ſagen ſie,
ſo lange dieſe Unterſuchung der Engel mit dem
Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/202>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.