und der Lebensart fremder Völker gewähren, gar nicht. Und wenn sie hören, wie viele Ko- sten und große Beschwerden die Europäer, um andere Länder zu sehen, anwenden und überneh- men; so können sie sich über die Neugierde und Sonderbarkeit solcher Leute nicht genug ver- wundern. Ihr ganzes Vergnügen bestehet in der Ruhe. Sie glauben auch, daß ein Jeder Fremder, wenn er kein Kaufmann oder Künst- ler ist, ein Spion sey, und Leute von Distin- ction würden es für ein Staatsverbrechen hal- ten, einen Fremden zu sich zu nöthigen, oder ihn zu besuchen. Daher kann man sich auch die unbeschreibliche Unwissenheit der Perser in Ansehung der Kenntniß anderer Völker, ihrer Sitten, Lebensarten, Denkart u. s. w. erklären. Sie haben weder Beschreibungen von fremden Ländern, noch Zeitungen. Selbst die Staats- minister -- wenn man im Allgemeinen von ih- nen redet -- wissen eben so wenig etwas von dem zu sagen, was in Europa vorgeht, als von dem was im Monde geschieht. Die meisten haben gemeiniglich nur sehr dunkle, verworre- ne und entfernte Begriffe von Europa, welches sie für eine kleine Insel in der Nordsee halten, wo man weder Gutes noch Schönes sieht: daher kommt es, sagen sie, daß die Europäer in der ganzen Welt herumreisen, um sich die schönen Sachen zu holen, die ihnen so sehr fehlen.
Dem ohngeachtet aber ist vielleicht kein Land in der Welt, wo ein Reisender mit mehr Si-
cher-
und der Lebensart fremder Voͤlker gewaͤhren, gar nicht. Und wenn ſie hoͤren, wie viele Ko- ſten und große Beſchwerden die Europaͤer, um andere Laͤnder zu ſehen, anwenden und uͤberneh- men; ſo koͤnnen ſie ſich uͤber die Neugierde und Sonderbarkeit ſolcher Leute nicht genug ver- wundern. Ihr ganzes Vergnuͤgen beſtehet in der Ruhe. Sie glauben auch, daß ein Jeder Fremder, wenn er kein Kaufmann oder Kuͤnſt- ler iſt, ein Spion ſey, und Leute von Diſtin- ction wuͤrden es fuͤr ein Staatsverbrechen hal- ten, einen Fremden zu ſich zu noͤthigen, oder ihn zu beſuchen. Daher kann man ſich auch die unbeſchreibliche Unwiſſenheit der Perſer in Anſehung der Kenntniß anderer Voͤlker, ihrer Sitten, Lebensarten, Denkart u. ſ. w. erklaͤren. Sie haben weder Beſchreibungen von fremden Laͤndern, noch Zeitungen. Selbſt die Staats- miniſter — wenn man im Allgemeinen von ih- nen redet — wiſſen eben ſo wenig etwas von dem zu ſagen, was in Europa vorgeht, als von dem was im Monde geſchieht. Die meiſten haben gemeiniglich nur ſehr dunkle, verworre- ne und entfernte Begriffe von Europa, welches ſie fuͤr eine kleine Inſel in der Nordſee halten, wo man weder Gutes noch Schoͤnes ſieht: daher kommt es, ſagen ſie, daß die Europaͤer in der ganzen Welt herumreiſen, um ſich die ſchoͤnen Sachen zu holen, die ihnen ſo ſehr fehlen.
Dem ohngeachtet aber iſt vielleicht kein Land in der Welt, wo ein Reiſender mit mehr Si-
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[28/0048]
und der Lebensart fremder Voͤlker gewaͤhren,
gar nicht. Und wenn ſie hoͤren, wie viele Ko-
ſten und große Beſchwerden die Europaͤer, um
andere Laͤnder zu ſehen, anwenden und uͤberneh-
men; ſo koͤnnen ſie ſich uͤber die Neugierde und
Sonderbarkeit ſolcher Leute nicht genug ver-
wundern. Ihr ganzes Vergnuͤgen beſtehet in
der Ruhe. Sie glauben auch, daß ein Jeder
Fremder, wenn er kein Kaufmann oder Kuͤnſt-
ler iſt, ein Spion ſey, und Leute von Diſtin-
ction wuͤrden es fuͤr ein Staatsverbrechen hal-
ten, einen Fremden zu ſich zu noͤthigen, oder
ihn zu beſuchen. Daher kann man ſich auch
die unbeſchreibliche Unwiſſenheit der Perſer in
Anſehung der Kenntniß anderer Voͤlker, ihrer
Sitten, Lebensarten, Denkart u. ſ. w. erklaͤren.
Sie haben weder Beſchreibungen von fremden
Laͤndern, noch Zeitungen. Selbſt die Staats-
miniſter — wenn man im Allgemeinen von ih-
nen redet — wiſſen eben ſo wenig etwas von
dem zu ſagen, was in Europa vorgeht, als von
dem was im Monde geſchieht. Die meiſten
haben gemeiniglich nur ſehr dunkle, verworre-
ne und entfernte Begriffe von Europa, welches
ſie fuͤr eine kleine Inſel in der Nordſee halten,
wo man weder Gutes noch Schoͤnes ſieht: daher
kommt es, ſagen ſie, daß die Europaͤer in der
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Dem ohngeachtet aber iſt vielleicht kein Land
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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