Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

als möglich zu machen, muß man sich die Zäh-
ne reinigen, den Mund ausspülen, frisches
Wasser durch die Nasenlöcher ziehen, die Ohren
reiben, den Bart kämmen *), und die Schaam-

glieder
nicht so genau beobachten, wie die Türken: sie
haben nicht die Bequemlichkeit, das benöthige
Wasser überall zu finden, daher sie sich nur
waschen, wenn sie an eine Quelle oder an einen
Fluß kommen. Zuweilen, wenn sie glauben,
eine größere Reinigung nöthig zu haben, tau-
chen sie sich in das Meer. Uebrigens halten sie
sich durchgehends im Gewissen dazu verbunden.
*) Eine lächerliche Einbildung der Araber besteht
in der abgöttischen Verehrung ihrer Bärte.
Sie sehen ihn an, als eine geheiligte Zierde,
die ihnen Gott gegeben habe, um sich von den
Weibern zu unterscheiden, und halten ihn für
ein wesentliches Kennzeichen ihrer Vorrechte und
ihrer Freyheit. Nach dem Beyspiele ihres Pro-
pheten balbiren sie sich nicht: es ist dieß so gar
eines ihrer Religionspuncte. Oftmals verstat-
tet man es denen, die, nach ihrer Art zu reden,
närrisch Blut haben, sich zu rasiren: wenn sie
aber verheyrathet sind, und sie es thäten; so
würden sie vor Gericht, als Verbrecher ge-
straft. Den Bart jemanden abschneiden, wäre
bey ihnen eben so schimpflich, als wenn jemand
bey uns den Staubbesen bekömmt: viele wür-
den lieber sterben, als sich den Bart abschnei-
den oder abschneiden lassen.
Die Weiber küssen den Bart ihrer Männer, und
die Kinder ihrer Väter, wenn sie kommen, ih-
nen ihre Ehrerbietung zu bezeigen. Die Manns-
personen,
L 2

als moͤglich zu machen, muß man ſich die Zaͤh-
ne reinigen, den Mund ausſpuͤlen, friſches
Waſſer durch die Naſenloͤcher ziehen, die Ohren
reiben, den Bart kaͤmmen *), und die Schaam-

glieder
nicht ſo genau beobachten, wie die Tuͤrken: ſie
haben nicht die Bequemlichkeit, das benoͤthige
Waſſer uͤberall zu finden, daher ſie ſich nur
waſchen, wenn ſie an eine Quelle oder an einen
Fluß kommen. Zuweilen, wenn ſie glauben,
eine groͤßere Reinigung noͤthig zu haben, tau-
chen ſie ſich in das Meer. Uebrigens halten ſie
ſich durchgehends im Gewiſſen dazu verbunden.
*) Eine laͤcherliche Einbildung der Araber beſteht
in der abgoͤttiſchen Verehrung ihrer Baͤrte.
Sie ſehen ihn an, als eine geheiligte Zierde,
die ihnen Gott gegeben habe, um ſich von den
Weibern zu unterſcheiden, und halten ihn fuͤr
ein weſentliches Kennzeichen ihrer Vorrechte und
ihrer Freyheit. Nach dem Beyſpiele ihres Pro-
pheten balbiren ſie ſich nicht: es iſt dieß ſo gar
eines ihrer Religionspuncte. Oftmals verſtat-
tet man es denen, die, nach ihrer Art zu reden,
naͤrriſch Blut haben, ſich zu raſiren: wenn ſie
aber verheyrathet ſind, und ſie es thaͤten; ſo
wuͤrden ſie vor Gericht, als Verbrecher ge-
ſtraft. Den Bart jemanden abſchneiden, waͤre
bey ihnen eben ſo ſchimpflich, als wenn jemand
bey uns den Staubbeſen bekoͤmmt: viele wuͤr-
den lieber ſterben, als ſich den Bart abſchnei-
den oder abſchneiden laſſen.
Die Weiber kuͤſſen den Bart ihrer Maͤnner, und
die Kinder ihrer Vaͤter, wenn ſie kommen, ih-
nen ihre Ehrerbietung zu bezeigen. Die Manns-
perſonen,
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0189" n="163"/>
als mo&#x0364;glich zu machen, muß man &#x017F;ich die Za&#x0364;h-<lb/>
ne reinigen, den Mund aus&#x017F;pu&#x0364;len, fri&#x017F;ches<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er durch die Na&#x017F;enlo&#x0364;cher ziehen, die Ohren<lb/>
reiben, den Bart ka&#x0364;mmen <note xml:id="note-0189a" next="note-0190" place="foot" n="*)">Eine la&#x0364;cherliche Einbildung der Araber be&#x017F;teht<lb/>
in der <hi rendition="#fr">abgo&#x0364;tti&#x017F;chen Verehrung ihrer Ba&#x0364;rte.</hi><lb/>
Sie &#x017F;ehen ihn an, als eine geheiligte Zierde,<lb/>
die ihnen Gott gegeben habe, um &#x017F;ich von den<lb/>
Weibern zu unter&#x017F;cheiden, und halten ihn fu&#x0364;r<lb/>
ein we&#x017F;entliches Kennzeichen ihrer Vorrechte und<lb/>
ihrer Freyheit. Nach dem Bey&#x017F;piele ihres Pro-<lb/>
pheten balbiren &#x017F;ie &#x017F;ich nicht: es i&#x017F;t dieß &#x017F;o gar<lb/>
eines ihrer Religionspuncte. Oftmals ver&#x017F;tat-<lb/>
tet man es denen, die, nach ihrer Art zu reden,<lb/>
na&#x0364;rri&#x017F;ch Blut haben, &#x017F;ich zu ra&#x017F;iren: wenn &#x017F;ie<lb/>
aber verheyrathet &#x017F;ind, und &#x017F;ie es tha&#x0364;ten; &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rden &#x017F;ie vor Gericht, als Verbrecher ge-<lb/>
&#x017F;traft. Den Bart jemanden ab&#x017F;chneiden, wa&#x0364;re<lb/>
bey ihnen eben &#x017F;o &#x017F;chimpflich, als wenn jemand<lb/>
bey uns den Staubbe&#x017F;en beko&#x0364;mmt: viele wu&#x0364;r-<lb/>
den lieber &#x017F;terben, als &#x017F;ich den Bart ab&#x017F;chnei-<lb/>
den oder ab&#x017F;chneiden la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Die Weiber ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en den Bart ihrer Ma&#x0364;nner, und<lb/>
die Kinder ihrer Va&#x0364;ter, wenn &#x017F;ie kommen, ih-<lb/>
nen ihre Ehrerbietung zu bezeigen. Die Manns-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">per&#x017F;onen,</fw></note>, und die Schaam-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">glieder</fw><lb/><note xml:id="note-0189" prev="note-0188" place="foot" n="*)">nicht &#x017F;o genau beobachten, wie die Tu&#x0364;rken: &#x017F;ie<lb/>
haben nicht die Bequemlichkeit, das beno&#x0364;thige<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er u&#x0364;berall zu finden, daher &#x017F;ie &#x017F;ich nur<lb/>
wa&#x017F;chen, wenn &#x017F;ie an eine Quelle oder an einen<lb/>
Fluß kommen. Zuweilen, wenn &#x017F;ie glauben,<lb/>
eine gro&#x0364;ßere Reinigung no&#x0364;thig zu haben, tau-<lb/>
chen &#x017F;ie &#x017F;ich in das Meer. Uebrigens halten &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich durchgehends im Gewi&#x017F;&#x017F;en dazu verbunden.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0189] als moͤglich zu machen, muß man ſich die Zaͤh- ne reinigen, den Mund ausſpuͤlen, friſches Waſſer durch die Naſenloͤcher ziehen, die Ohren reiben, den Bart kaͤmmen *), und die Schaam- glieder *) *) Eine laͤcherliche Einbildung der Araber beſteht in der abgoͤttiſchen Verehrung ihrer Baͤrte. Sie ſehen ihn an, als eine geheiligte Zierde, die ihnen Gott gegeben habe, um ſich von den Weibern zu unterſcheiden, und halten ihn fuͤr ein weſentliches Kennzeichen ihrer Vorrechte und ihrer Freyheit. Nach dem Beyſpiele ihres Pro- pheten balbiren ſie ſich nicht: es iſt dieß ſo gar eines ihrer Religionspuncte. Oftmals verſtat- tet man es denen, die, nach ihrer Art zu reden, naͤrriſch Blut haben, ſich zu raſiren: wenn ſie aber verheyrathet ſind, und ſie es thaͤten; ſo wuͤrden ſie vor Gericht, als Verbrecher ge- ſtraft. Den Bart jemanden abſchneiden, waͤre bey ihnen eben ſo ſchimpflich, als wenn jemand bey uns den Staubbeſen bekoͤmmt: viele wuͤr- den lieber ſterben, als ſich den Bart abſchnei- den oder abſchneiden laſſen. Die Weiber kuͤſſen den Bart ihrer Maͤnner, und die Kinder ihrer Vaͤter, wenn ſie kommen, ih- nen ihre Ehrerbietung zu bezeigen. Die Manns- perſonen, *) nicht ſo genau beobachten, wie die Tuͤrken: ſie haben nicht die Bequemlichkeit, das benoͤthige Waſſer uͤberall zu finden, daher ſie ſich nur waſchen, wenn ſie an eine Quelle oder an einen Fluß kommen. Zuweilen, wenn ſie glauben, eine groͤßere Reinigung noͤthig zu haben, tau- chen ſie ſich in das Meer. Uebrigens halten ſie ſich durchgehends im Gewiſſen dazu verbunden. L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/189
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/189>, abgerufen am 22.05.2024.