schrecklichen Unglücksfällen, zur Zeit der Pest, Theurung und Hungersnoth nehmen nun die abergläubischen Japaner ihre Zuflucht zu ihren Priestern, die ihnen, anstatt die natürlichen Ursachen anzugeben, das abgeschmackteste Zeug vorerzählen, und das ganze Unglück einem bos- haften Geiste zuschreiben. Gemeiniglich aber glaubt man, daß der Teufel der Urheber dieser Plagen sey.
Bey dergleichen Fällen nun, werden Opfer und Andachtsübungen angestellt, um dem hung- rigen Teufel seinen Rachen zu füllen. Bey den Opfern gehen sie oftmals so weit, daß sie Men- schen opfern, wenn andre Opfer nicht helfen wollen. Doch sind sie so nachsichtig, daß sie nur zu den Opfern die größesten Bösewichter aussuchen: denn sie meinen, daß es ihnen der Teufel nicht übelnähme, wenn man ihm einen zweybeinigen Confrater mit einem Menschen- Gesichte zur Versöhnung aufopfre.
Zweytes Kapitel.
Von der Religion in Japan.
Wenn man die Berichte der verschiedenen Schriftsteller, welche über Religion und religiöse Gebräuche der Japaner geschrieben ha- ben, sorgfältig mit einander vergleicht; so findet
man,
ſchrecklichen Ungluͤcksfaͤllen, zur Zeit der Peſt, Theurung und Hungersnoth nehmen nun die aberglaͤubiſchen Japaner ihre Zuflucht zu ihren Prieſtern, die ihnen, anſtatt die natuͤrlichen Urſachen anzugeben, das abgeſchmackteſte Zeug vorerzaͤhlen, und das ganze Ungluͤck einem bos- haften Geiſte zuſchreiben. Gemeiniglich aber glaubt man, daß der Teufel der Urheber dieſer Plagen ſey.
Bey dergleichen Faͤllen nun, werden Opfer und Andachtsuͤbungen angeſtellt, um dem hung- rigen Teufel ſeinen Rachen zu fuͤllen. Bey den Opfern gehen ſie oftmals ſo weit, daß ſie Men- ſchen opfern, wenn andre Opfer nicht helfen wollen. Doch ſind ſie ſo nachſichtig, daß ſie nur zu den Opfern die groͤßeſten Boͤſewichter ausſuchen: denn ſie meinen, daß es ihnen der Teufel nicht uͤbelnaͤhme, wenn man ihm einen zweybeinigen Confrater mit einem Menſchen- Geſichte zur Verſoͤhnung aufopfre.
Zweytes Kapitel.
Von der Religion in Japan.
Wenn man die Berichte der verſchiedenen Schriftſteller, welche uͤber Religion und religioͤſe Gebraͤuche der Japaner geſchrieben ha- ben, ſorgfaͤltig mit einander vergleicht; ſo findet
man,
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ſchrecklichen Ungluͤcksfaͤllen, zur Zeit der Peſt,
Theurung und Hungersnoth nehmen nun die
aberglaͤubiſchen Japaner ihre Zuflucht zu ihren
Prieſtern, die ihnen, anſtatt die natuͤrlichen
Urſachen anzugeben, das abgeſchmackteſte Zeug
vorerzaͤhlen, und das ganze Ungluͤck einem bos-
haften Geiſte zuſchreiben. Gemeiniglich aber
glaubt man, daß der Teufel der Urheber dieſer
Plagen ſey.
Bey dergleichen Faͤllen nun, werden Opfer
und Andachtsuͤbungen angeſtellt, um dem hung-
rigen Teufel ſeinen Rachen zu fuͤllen. Bey den
Opfern gehen ſie oftmals ſo weit, daß ſie Men-
ſchen opfern, wenn andre Opfer nicht helfen
wollen. Doch ſind ſie ſo nachſichtig, daß ſie
nur zu den Opfern die groͤßeſten Boͤſewichter
ausſuchen: denn ſie meinen, daß es ihnen der
Teufel nicht uͤbelnaͤhme, wenn man ihm einen
zweybeinigen Confrater mit einem Menſchen-
Geſichte zur Verſoͤhnung aufopfre.
Zweytes Kapitel.
Von der Religion in Japan.
Wenn man die Berichte der verſchiedenen
Schriftſteller, welche uͤber Religion und
religioͤſe Gebraͤuche der Japaner geſchrieben ha-
ben, ſorgfaͤltig mit einander vergleicht; ſo findet
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/34>, abgerufen am 23.11.2024.
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