nem einzigen Ueberlaufe, und etwa sechzig Mann Ruderknechten besetzt, welche alle ge- borne Siamer sind, und die diese Fohndienste zu thun schuldig sind. Ein jeder hat sein Ru- der, das er stehend gebrauchen muß, weil er in einer andern Stellung, wegen Kürze desselbi- gen, das Wasser nicht erreichen würde. Diese Fahrzeuge entfernen sich niemals von den Kü- sten des siamischen Meerbusens, und kreuzen nur um dieselbe herum. --
Fünftes Kapitel.
Von der Religion der Siamer.
Die Religion der Siamer ist ein Gewebe von lächerlichen und thörichten Fabeln, wel- che man aus Unwissenheit und Vorurtheil als heilig ansieht. Von der Gottheit hat dieses Volk keine vernünftige Begriffe. Es denkt sich dieselbe als ein Wesen, das aus Geist und Leib zusammengesetzt ist, und eignet demselben weder Allmacht, noch ewige Dauer, noch un- endliche Weisheit zu. -- Der Gott der Sia- mer ist sterblich; ein anderer Gott folgt nach ihm, und dieser wird wieder durch einen Nach- folger ersetzt, der in die Rechte des vorigen tritt, und an seiner Statt die Welt regiert.
Ein
nem einzigen Ueberlaufe, und etwa ſechzig Mann Ruderknechten beſetzt, welche alle ge- borne Siamer ſind, und die dieſe Fohndienſte zu thun ſchuldig ſind. Ein jeder hat ſein Ru- der, das er ſtehend gebrauchen muß, weil er in einer andern Stellung, wegen Kuͤrze deſſelbi- gen, das Waſſer nicht erreichen wuͤrde. Dieſe Fahrzeuge entfernen ſich niemals von den Kuͤ- ſten des ſiamiſchen Meerbuſens, und kreuzen nur um dieſelbe herum. —
Fuͤnftes Kapitel.
Von der Religion der Siamer.
Die Religion der Siamer iſt ein Gewebe von laͤcherlichen und thoͤrichten Fabeln, wel- che man aus Unwiſſenheit und Vorurtheil als heilig anſieht. Von der Gottheit hat dieſes Volk keine vernuͤnftige Begriffe. Es denkt ſich dieſelbe als ein Weſen, das aus Geiſt und Leib zuſammengeſetzt iſt, und eignet demſelben weder Allmacht, noch ewige Dauer, noch un- endliche Weisheit zu. — Der Gott der Sia- mer iſt ſterblich; ein anderer Gott folgt nach ihm, und dieſer wird wieder durch einen Nach- folger erſetzt, der in die Rechte des vorigen tritt, und an ſeiner Statt die Welt regiert.
Ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0366"n="340"/>
nem einzigen Ueberlaufe, und etwa ſechzig<lb/>
Mann Ruderknechten beſetzt, welche alle ge-<lb/>
borne Siamer ſind, und die dieſe Fohndienſte<lb/>
zu thun ſchuldig ſind. Ein jeder hat ſein Ru-<lb/>
der, das er ſtehend gebrauchen muß, weil er in<lb/>
einer andern Stellung, wegen Kuͤrze deſſelbi-<lb/>
gen, das Waſſer nicht erreichen wuͤrde. Dieſe<lb/>
Fahrzeuge entfernen ſich niemals von den Kuͤ-<lb/>ſten des ſiamiſchen Meerbuſens, und kreuzen<lb/>
nur um dieſelbe herum. —</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Fuͤnftes Kapitel.</hi></head><lb/><argument><p><hirendition="#c">Von der Religion der Siamer.</hi></p></argument><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Religion der Siamer iſt ein Gewebe von<lb/>
laͤcherlichen und thoͤrichten Fabeln, wel-<lb/>
che man aus Unwiſſenheit und Vorurtheil als<lb/>
heilig anſieht. Von der Gottheit hat dieſes<lb/>
Volk keine vernuͤnftige Begriffe. Es denkt<lb/>ſich dieſelbe als ein Weſen, das aus Geiſt und<lb/>
Leib zuſammengeſetzt iſt, und eignet demſelben<lb/>
weder Allmacht, noch ewige Dauer, noch un-<lb/>
endliche Weisheit zu. — Der Gott der Sia-<lb/>
mer iſt ſterblich; ein anderer Gott folgt nach<lb/>
ihm, und dieſer wird wieder durch einen Nach-<lb/>
folger erſetzt, der in die Rechte des vorigen<lb/>
tritt, und an ſeiner Statt die Welt regiert.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ein</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[340/0366]
nem einzigen Ueberlaufe, und etwa ſechzig
Mann Ruderknechten beſetzt, welche alle ge-
borne Siamer ſind, und die dieſe Fohndienſte
zu thun ſchuldig ſind. Ein jeder hat ſein Ru-
der, das er ſtehend gebrauchen muß, weil er in
einer andern Stellung, wegen Kuͤrze deſſelbi-
gen, das Waſſer nicht erreichen wuͤrde. Dieſe
Fahrzeuge entfernen ſich niemals von den Kuͤ-
ſten des ſiamiſchen Meerbuſens, und kreuzen
nur um dieſelbe herum. —
Fuͤnftes Kapitel.
Von der Religion der Siamer.
Die Religion der Siamer iſt ein Gewebe von
laͤcherlichen und thoͤrichten Fabeln, wel-
che man aus Unwiſſenheit und Vorurtheil als
heilig anſieht. Von der Gottheit hat dieſes
Volk keine vernuͤnftige Begriffe. Es denkt
ſich dieſelbe als ein Weſen, das aus Geiſt und
Leib zuſammengeſetzt iſt, und eignet demſelben
weder Allmacht, noch ewige Dauer, noch un-
endliche Weisheit zu. — Der Gott der Sia-
mer iſt ſterblich; ein anderer Gott folgt nach
ihm, und dieſer wird wieder durch einen Nach-
folger erſetzt, der in die Rechte des vorigen
tritt, und an ſeiner Statt die Welt regiert.
Ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/366>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.