bey Strafe des Feuers, unverheyrathet bleiben. Man ist über diesen Punkt unerbittlich. Da sie großer Vorrechte genießen; so würde ihr Stand dem Staate sehr schädlich werden, wenn den Siamern, als natürlicherweise trägen und faulen Leuten, nicht so harte Bedingungen auf- erlegt wären, die sie von dem Mönchsleben ab- hielten.
Als Chaou-Narvie die Anzahl der Mönche reduciren wollte, ließ er die schärfsten Prüfun- gen, sowohl in theologischen, als in andern ih- ren Stand betreffenden Kenntnißen mit ihnen vornehmen. Wer nun keine hinlängliche Pro- ben seiner Fähigkeiten ablegen konnte, mußte sich wieder in den weltlichen Stand begeben. Und auf solche Weise wurden einige Tausend Mönche abgeschaft.
Die Talapoins, unter dem Vorwande, der Ehre ihres Standes nichts zu vergeben, grüßen Niemanden, verlangen hingegen von allen Leu- ten eine Verbeugung, die bis zur Anbetung geht. Ihr General hat die Erlaubniß, sich bey dem Könige niederzusetzen. Ein Vorrecht, das um so wichtiger ist, da der erste Minister, ja die Prinzen selbst, niederfallen müßen, wenn sie mit dem Monarchen reden. Ein Mönch wird einen Weltlichen, er sey auch noch von so hohem Stande, niemals "gnädiger Herr" nen- neu, ungeachtet alle Prälaten des Reichs, die-
sen
bey Strafe des Feuers, unverheyrathet bleiben. Man iſt uͤber dieſen Punkt unerbittlich. Da ſie großer Vorrechte genießen; ſo wuͤrde ihr Stand dem Staate ſehr ſchaͤdlich werden, wenn den Siamern, als natuͤrlicherweiſe traͤgen und faulen Leuten, nicht ſo harte Bedingungen auf- erlegt waͤren, die ſie von dem Moͤnchsleben ab- hielten.
Als Chaou-Narvie die Anzahl der Moͤnche reduciren wollte, ließ er die ſchaͤrfſten Pruͤfun- gen, ſowohl in theologiſchen, als in andern ih- ren Stand betreffenden Kenntnißen mit ihnen vornehmen. Wer nun keine hinlaͤngliche Pro- ben ſeiner Faͤhigkeiten ablegen konnte, mußte ſich wieder in den weltlichen Stand begeben. Und auf ſolche Weiſe wurden einige Tauſend Moͤnche abgeſchaft.
Die Talapoins, unter dem Vorwande, der Ehre ihres Standes nichts zu vergeben, gruͤßen Niemanden, verlangen hingegen von allen Leu- ten eine Verbeugung, die bis zur Anbetung geht. Ihr General hat die Erlaubniß, ſich bey dem Koͤnige niederzuſetzen. Ein Vorrecht, das um ſo wichtiger iſt, da der erſte Miniſter, ja die Prinzen ſelbſt, niederfallen muͤßen, wenn ſie mit dem Monarchen reden. Ein Moͤnch wird einen Weltlichen, er ſey auch noch von ſo hohem Stande, niemals „gnaͤdiger Herr„ nen- neu, ungeachtet alle Praͤlaten des Reichs, die-
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bey Strafe des Feuers, unverheyrathet bleiben.
Man iſt uͤber dieſen Punkt unerbittlich. Da
ſie großer Vorrechte genießen; ſo wuͤrde ihr
Stand dem Staate ſehr ſchaͤdlich werden, wenn
den Siamern, als natuͤrlicherweiſe traͤgen und
faulen Leuten, nicht ſo harte Bedingungen auf-
erlegt waͤren, die ſie von dem Moͤnchsleben ab-
hielten.
Als Chaou-Narvie die Anzahl der Moͤnche
reduciren wollte, ließ er die ſchaͤrfſten Pruͤfun-
gen, ſowohl in theologiſchen, als in andern ih-
ren Stand betreffenden Kenntnißen mit ihnen
vornehmen. Wer nun keine hinlaͤngliche Pro-
ben ſeiner Faͤhigkeiten ablegen konnte, mußte
ſich wieder in den weltlichen Stand begeben.
Und auf ſolche Weiſe wurden einige Tauſend
Moͤnche abgeſchaft.
Die Talapoins, unter dem Vorwande, der
Ehre ihres Standes nichts zu vergeben, gruͤßen
Niemanden, verlangen hingegen von allen Leu-
ten eine Verbeugung, die bis zur Anbetung
geht. Ihr General hat die Erlaubniß, ſich
bey dem Koͤnige niederzuſetzen. Ein Vorrecht,
das um ſo wichtiger iſt, da der erſte Miniſter,
ja die Prinzen ſelbſt, niederfallen muͤßen, wenn
ſie mit dem Monarchen reden. Ein Moͤnch
wird einen Weltlichen, er ſey auch noch von ſo
hohem Stande, niemals „gnaͤdiger Herr„ nen-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/380>, abgerufen am 22.11.2024.
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