Die Andacht welche hier die Frauensperso- nen beweisen, weicht der in Europa im gering- sten nicht. Sobald ein Mädchen sieben bis acht Jahr alt ist, begiebt sie sich bey den Prie- ster ihrer Eltern, und giebt sich als eine Schü- lerinn an. Wenn sie sich verheyrathet; so schreibt sie sich in das Ver eichniß der Schüle- rinnen solcher Priester ein. Von dieser Zeit hört sie ihre Reden und Belehrungen an, geht in die Pagoden, und bringt ihren Gruß vor die Bilder und Braminen. Wenn sie jung ist; so geht sie allein dahin, ist sie mannbar, so wird sie von zwey bis drey Weibern dahin beglei- tet, die sich wechselsweise mit heiliger Asche bestreuen.
Der Gottesdienst der Hindistaner ist mit ei- ner sehr großen Menge Cerimonien verbunden, dahin die Beobachtung der Fest- und Fasttage gehöret, deren jährlich verschiedene vorkommen. Ihre Bäder und Reinigungen, dabey sie sich mit heiligem Wasser und heiliger Asche von Kuhmist besprengen, werden für sehr kräftig gehalten. Die Asche wird von den Priestern eingeweihet. -- Wallfahrten sind in Indien nicht weniger gebräuchlich, als in Europa, und außer den besondern Wallfahrtsplätzen, deren
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Gottes, dem ſie das Opfer bringen, zu er- zaͤhlen.
Die Andacht welche hier die Frauensperſo- nen beweiſen, weicht der in Europa im gering- ſten nicht. Sobald ein Maͤdchen ſieben bis acht Jahr alt iſt, begiebt ſie ſich bey den Prie- ſter ihrer Eltern, und giebt ſich als eine Schuͤ- lerinn an. Wenn ſie ſich verheyrathet; ſo ſchreibt ſie ſich in das Ver eichniß der Schuͤle- rinnen ſolcher Prieſter ein. Von dieſer Zeit hoͤrt ſie ihre Reden und Belehrungen an, geht in die Pagoden, und bringt ihren Gruß vor die Bilder und Braminen. Wenn ſie jung iſt; ſo geht ſie allein dahin, iſt ſie mannbar, ſo wird ſie von zwey bis drey Weibern dahin beglei- tet, die ſich wechſelsweiſe mit heiliger Aſche beſtreuen.
Der Gottesdienſt der Hindiſtaner iſt mit ei- ner ſehr großen Menge Cerimonien verbunden, dahin die Beobachtung der Feſt- und Faſttage gehoͤret, deren jaͤhrlich verſchiedene vorkommen. Ihre Baͤder und Reinigungen, dabey ſie ſich mit heiligem Waſſer und heiliger Aſche von Kuhmiſt beſprengen, werden fuͤr ſehr kraͤftig gehalten. Die Aſche wird von den Prieſtern eingeweihet. — Wallfahrten ſind in Indien nicht weniger gebraͤuchlich, als in Europa, und außer den beſondern Wallfahrtsplaͤtzen, deren
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Gottes, dem ſie das Opfer bringen, zu er-
zaͤhlen.
Die Andacht welche hier die Frauensperſo-
nen beweiſen, weicht der in Europa im gering-
ſten nicht. Sobald ein Maͤdchen ſieben bis
acht Jahr alt iſt, begiebt ſie ſich bey den Prie-
ſter ihrer Eltern, und giebt ſich als eine Schuͤ-
lerinn an. Wenn ſie ſich verheyrathet; ſo
ſchreibt ſie ſich in das Ver eichniß der Schuͤle-
rinnen ſolcher Prieſter ein. Von dieſer Zeit
hoͤrt ſie ihre Reden und Belehrungen an, geht in
die Pagoden, und bringt ihren Gruß vor die
Bilder und Braminen. Wenn ſie jung iſt; ſo
geht ſie allein dahin, iſt ſie mannbar, ſo wird
ſie von zwey bis drey Weibern dahin beglei-
tet, die ſich wechſelsweiſe mit heiliger Aſche
beſtreuen.
Der Gottesdienſt der Hindiſtaner iſt mit ei-
ner ſehr großen Menge Cerimonien verbunden,
dahin die Beobachtung der Feſt- und Faſttage
gehoͤret, deren jaͤhrlich verſchiedene vorkommen.
Ihre Baͤder und Reinigungen, dabey ſie ſich
mit heiligem Waſſer und heiliger Aſche von
Kuhmiſt beſprengen, werden fuͤr ſehr kraͤftig
gehalten. Die Aſche wird von den Prieſtern
eingeweihet. — Wallfahrten ſind in Indien
nicht weniger gebraͤuchlich, als in Europa, und
außer den beſondern Wallfahrtsplaͤtzen, deren
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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