Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

streuen alle Zimmer mit Blumen. Die Lustbar-
keiten dauern gemeiniglich sieben bis acht Tage:
und man kann nicht sagen, daß es ihnen bey der
Gelegenheit an Musik, Tanz, Comödien u. f.
fehlet. Und um alles recht munter zu machen,
laßen sie die starken Getränke herbey holen, um
die Köpfe recht lebendig zu machen.

Wenn diese Lustbarkeiten vorbey sind; so
wird der jungen Frau ihr Zimmer angewiesen,
worinnen sie sich beständig aufhalten muß, und
jährlich etwa einmal herausgelaßen wird. Nie-
mand bekommt sie zu sehen, es möchte denn
jemand von ihren nächsten Anverwandten seyn:
und doch geschieht dieß selten. Es ist in der
That ganz unglaublich, wie strenge die Frauen
der Vornehmen gehalten werden. Und alles
Vergnügen was ihnen das eheliche Leben noch
verschafft, besteht darinn, daß sie gute Ordnung
erhalten, sich durch schmeichelhafte Versuche die
Gunst ihrer Männer verschaffen, und durch ihre
Schwangerschaft und Fruchtbarkeit ihren Ge-
mahl aufgeräumt machen *).

Uebri-
*) Frägt man die Japaner, warum sie so barba-
risch umgehen, sie so einmauern und in so stren-
ger Verwahrung behalten? so antworten sie mit
einer ernsthaften Miene: daß sie durch die Noth
dazu getrieben würden. Zwar hätten sie ihren
Weibern vor Zeiten mehr Freyheiten verstattet;
allein es wären damit so schreckliche Begeben-
heiten verbunden gewesen, daß sie in die Noth-
wendigkeit wären versetzt geworden, ihre Weiber
einzu-

ſtreuen alle Zimmer mit Blumen. Die Luſtbar-
keiten dauern gemeiniglich ſieben bis acht Tage:
und man kann nicht ſagen, daß es ihnen bey der
Gelegenheit an Muſik, Tanz, Comoͤdien u. f.
fehlet. Und um alles recht munter zu machen,
laßen ſie die ſtarken Getraͤnke herbey holen, um
die Koͤpfe recht lebendig zu machen.

Wenn dieſe Luſtbarkeiten vorbey ſind; ſo
wird der jungen Frau ihr Zimmer angewieſen,
worinnen ſie ſich beſtaͤndig aufhalten muß, und
jaͤhrlich etwa einmal herausgelaßen wird. Nie-
mand bekommt ſie zu ſehen, es moͤchte denn
jemand von ihren naͤchſten Anverwandten ſeyn:
und doch geſchieht dieß ſelten. Es iſt in der
That ganz unglaublich, wie ſtrenge die Frauen
der Vornehmen gehalten werden. Und alles
Vergnuͤgen was ihnen das eheliche Leben noch
verſchafft, beſteht darinn, daß ſie gute Ordnung
erhalten, ſich durch ſchmeichelhafte Verſuche die
Gunſt ihrer Maͤnner verſchaffen, und durch ihre
Schwangerſchaft und Fruchtbarkeit ihren Ge-
mahl aufgeraͤumt machen *).

Uebri-
*) Fraͤgt man die Japaner, warum ſie ſo barba-
riſch umgehen, ſie ſo einmauern und in ſo ſtren-
ger Verwahrung behalten? ſo antworten ſie mit
einer ernſthaften Miene: daß ſie durch die Noth
dazu getrieben wuͤrden. Zwar haͤtten ſie ihren
Weibern vor Zeiten mehr Freyheiten verſtattet;
allein es waͤren damit ſo ſchreckliche Begeben-
heiten verbunden geweſen, daß ſie in die Noth-
wendigkeit waͤren verſetzt geworden, ihre Weiber
einzu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0073" n="47"/>
&#x017F;treuen alle Zimmer mit Blumen. Die Lu&#x017F;tbar-<lb/>
keiten dauern gemeiniglich &#x017F;ieben bis acht Tage:<lb/>
und man kann nicht &#x017F;agen, daß es ihnen bey der<lb/>
Gelegenheit an Mu&#x017F;ik, Tanz, Como&#x0364;dien u. f.<lb/>
fehlet. Und um alles recht munter zu machen,<lb/>
laßen &#x017F;ie die &#x017F;tarken Getra&#x0364;nke herbey holen, um<lb/>
die Ko&#x0364;pfe recht lebendig zu machen.</p><lb/>
          <p>Wenn die&#x017F;e Lu&#x017F;tbarkeiten vorbey &#x017F;ind; &#x017F;o<lb/>
wird der jungen Frau ihr Zimmer angewie&#x017F;en,<lb/>
worinnen &#x017F;ie &#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;ndig aufhalten muß, und<lb/>
ja&#x0364;hrlich etwa einmal herausgelaßen wird. Nie-<lb/>
mand bekommt &#x017F;ie zu &#x017F;ehen, es mo&#x0364;chte denn<lb/>
jemand von ihren na&#x0364;ch&#x017F;ten Anverwandten &#x017F;eyn:<lb/>
und doch ge&#x017F;chieht dieß &#x017F;elten. Es i&#x017F;t in der<lb/>
That ganz unglaublich, wie &#x017F;trenge die Frauen<lb/>
der Vornehmen gehalten werden. Und alles<lb/>
Vergnu&#x0364;gen was ihnen das eheliche Leben noch<lb/>
ver&#x017F;chafft, be&#x017F;teht darinn, daß &#x017F;ie gute Ordnung<lb/>
erhalten, &#x017F;ich durch &#x017F;chmeichelhafte Ver&#x017F;uche die<lb/>
Gun&#x017F;t ihrer Ma&#x0364;nner ver&#x017F;chaffen, und durch ihre<lb/>
Schwanger&#x017F;chaft und Fruchtbarkeit ihren Ge-<lb/>
mahl aufgera&#x0364;umt machen <note xml:id="note-0073" next="note-0074" place="foot" n="*)">Fra&#x0364;gt man die Japaner, warum &#x017F;ie &#x017F;o barba-<lb/>
ri&#x017F;ch umgehen, &#x017F;ie &#x017F;o einmauern und in &#x017F;o &#x017F;tren-<lb/>
ger Verwahrung behalten? &#x017F;o antworten &#x017F;ie mit<lb/>
einer ern&#x017F;thaften Miene: daß &#x017F;ie durch die Noth<lb/>
dazu getrieben wu&#x0364;rden. Zwar ha&#x0364;tten &#x017F;ie ihren<lb/>
Weibern vor Zeiten mehr Freyheiten ver&#x017F;tattet;<lb/>
allein es wa&#x0364;ren damit &#x017F;o &#x017F;chreckliche Begeben-<lb/>
heiten verbunden gewe&#x017F;en, daß &#x017F;ie in die Noth-<lb/>
wendigkeit wa&#x0364;ren ver&#x017F;etzt geworden, ihre Weiber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einzu-</fw></note>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Uebri-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0073] ſtreuen alle Zimmer mit Blumen. Die Luſtbar- keiten dauern gemeiniglich ſieben bis acht Tage: und man kann nicht ſagen, daß es ihnen bey der Gelegenheit an Muſik, Tanz, Comoͤdien u. f. fehlet. Und um alles recht munter zu machen, laßen ſie die ſtarken Getraͤnke herbey holen, um die Koͤpfe recht lebendig zu machen. Wenn dieſe Luſtbarkeiten vorbey ſind; ſo wird der jungen Frau ihr Zimmer angewieſen, worinnen ſie ſich beſtaͤndig aufhalten muß, und jaͤhrlich etwa einmal herausgelaßen wird. Nie- mand bekommt ſie zu ſehen, es moͤchte denn jemand von ihren naͤchſten Anverwandten ſeyn: und doch geſchieht dieß ſelten. Es iſt in der That ganz unglaublich, wie ſtrenge die Frauen der Vornehmen gehalten werden. Und alles Vergnuͤgen was ihnen das eheliche Leben noch verſchafft, beſteht darinn, daß ſie gute Ordnung erhalten, ſich durch ſchmeichelhafte Verſuche die Gunſt ihrer Maͤnner verſchaffen, und durch ihre Schwangerſchaft und Fruchtbarkeit ihren Ge- mahl aufgeraͤumt machen *). Uebri- *) Fraͤgt man die Japaner, warum ſie ſo barba- riſch umgehen, ſie ſo einmauern und in ſo ſtren- ger Verwahrung behalten? ſo antworten ſie mit einer ernſthaften Miene: daß ſie durch die Noth dazu getrieben wuͤrden. Zwar haͤtten ſie ihren Weibern vor Zeiten mehr Freyheiten verſtattet; allein es waͤren damit ſo ſchreckliche Begeben- heiten verbunden geweſen, daß ſie in die Noth- wendigkeit waͤren verſetzt geworden, ihre Weiber einzu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/73
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/73>, abgerufen am 21.05.2024.