Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite

weht; aber er blieb in treuer Liebe dem Lande gewogen, dem er durch Geburt und Sinnesart angehörte. Er kannte nicht jenen Patriotismus, dessen Zeichen blöder Haß gegen andere Nationen ist. Er liebte von Herzen das gastliche Volk, das ihm eine Heimath und eine Existenz gewährt, das der Menschheit den erhebenden Anblick eines freien Staates geschenkt, aber unablässig wandte er den Blick auf sein deutsches Vaterland zurück; jedes Ereigniß in der politischen Entwicklung Deutschlands griff mächtig an sein Herz, sein Blut wallte beim Klange des theuren Namens. Sein heißester Wunsch war, all' das Gute und Edle zu vereinen, welches das Geschick der einen Nation gegeben, der andern versagt hatte. Als leitende Sterne aber leuchteten seinem Leben die heiligen Ideen: Freiheit und Recht. Daß Freiheit nicht Zügellosigkeit, nicht Anarchie, daß Recht kein Gegensatz ist, sondern die Ergänzung der Pflicht, das suchte er die Menschheit zu lehren.

Mühe und Arbeit war sein Leben. Die niedern Sorgen um das tägliche Brot bedrängten ihn bis in späte Jahre hinein. Wie oft haben solche Sorgen einen edlen Geist herabgezogen aus den lichten Höhen des Gedankens in die dumpfe Enge banausischen Treibens! Er aber schlug sich wacker durch, der brave Kämpfer, und - "er ist hinaufgelangt!" Keine Sorgen vermochten seinen Geist von seinem Urquell abzuziehen; dem, was er als seinen Beruf erkannt, blieb er unentwegt treu, und so gelang es ihm endlich, sich sein Haus zu gründen.

Mühe und Arbeit war sein Leben, aber köstlich war es auch. Köstlich durch das beglückende Bewußtsein, einen großen Beruf groß erfüllt zu haben, köstlich durch den Segen erfolgreicher Arbeit, den erquickenden Lohn bewundernder Anerkennung von ebenbürtigen Geistern; köstlich durch den vollen Genuß der

weht; aber er blieb in treuer Liebe dem Lande gewogen, dem er durch Geburt und Sinnesart angehörte. Er kannte nicht jenen Patriotismus, dessen Zeichen blöder Haß gegen andere Nationen ist. Er liebte von Herzen das gastliche Volk, das ihm eine Heimath und eine Existenz gewährt, das der Menschheit den erhebenden Anblick eines freien Staates geschenkt, aber unablässig wandte er den Blick auf sein deutsches Vaterland zurück; jedes Ereigniß in der politischen Entwicklung Deutschlands griff mächtig an sein Herz, sein Blut wallte beim Klange des theuren Namens. Sein heißester Wunsch war, all’ das Gute und Edle zu vereinen, welches das Geschick der einen Nation gegeben, der andern versagt hatte. Als leitende Sterne aber leuchteten seinem Leben die heiligen Ideen: Freiheit und Recht. Daß Freiheit nicht Zügellosigkeit, nicht Anarchie, daß Recht kein Gegensatz ist, sondern die Ergänzung der Pflicht, das suchte er die Menschheit zu lehren.

Mühe und Arbeit war sein Leben. Die niedern Sorgen um das tägliche Brot bedrängten ihn bis in späte Jahre hinein. Wie oft haben solche Sorgen einen edlen Geist herabgezogen aus den lichten Höhen des Gedankens in die dumpfe Enge banausischen Treibens! Er aber schlug sich wacker durch, der brave Kämpfer, und – „er ist hinaufgelangt!“ Keine Sorgen vermochten seinen Geist von seinem Urquell abzuziehen; dem, was er als seinen Beruf erkannt, blieb er unentwegt treu, und so gelang es ihm endlich, sich sein Haus zu gründen.

Mühe und Arbeit war sein Leben, aber köstlich war es auch. Köstlich durch das beglückende Bewußtsein, einen großen Beruf groß erfüllt zu haben, köstlich durch den Segen erfolgreicher Arbeit, den erquickenden Lohn bewundernder Anerkennung von ebenbürtigen Geistern; köstlich durch den vollen Genuß der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="42"/>
weht; aber er blieb in treuer Liebe dem Lande gewogen, dem er durch Geburt und Sinnesart angehörte. Er kannte nicht jenen Patriotismus, dessen Zeichen blöder Haß gegen andere Nationen ist. Er liebte von Herzen das gastliche Volk, das ihm eine Heimath und eine Existenz gewährt, das der Menschheit den erhebenden Anblick eines freien Staates geschenkt, aber unablässig wandte er den Blick auf sein deutsches Vaterland zurück; jedes Ereigniß in der politischen Entwicklung Deutschlands griff mächtig an sein Herz, sein Blut wallte beim Klange des theuren Namens. Sein heißester Wunsch war, all&#x2019; das Gute und Edle zu vereinen, welches das Geschick der einen Nation gegeben, der andern versagt hatte. Als leitende Sterne aber leuchteten seinem Leben die heiligen Ideen: Freiheit und Recht. Daß Freiheit nicht Zügellosigkeit, nicht Anarchie, daß Recht kein Gegensatz ist, sondern die Ergänzung der Pflicht, das suchte er die Menschheit zu lehren.</p>
        <p>Mühe und Arbeit war sein Leben. Die niedern Sorgen um das tägliche Brot bedrängten ihn bis in späte Jahre hinein. Wie oft haben solche Sorgen einen edlen Geist herabgezogen aus den lichten Höhen des Gedankens in die dumpfe Enge banausischen Treibens! Er aber schlug sich wacker durch, der brave Kämpfer, und &#x2013; &#x201E;er ist hinaufgelangt!&#x201C; Keine Sorgen vermochten seinen Geist von seinem Urquell abzuziehen; dem, was er als seinen Beruf erkannt, blieb er unentwegt treu, und so gelang es ihm endlich, sich sein Haus zu gründen.</p>
        <p>Mühe und Arbeit war sein Leben, aber köstlich war es auch. Köstlich durch das beglückende Bewußtsein, einen großen Beruf groß erfüllt zu haben, köstlich durch den Segen erfolgreicher Arbeit, den erquickenden Lohn bewundernder Anerkennung von ebenbürtigen Geistern; köstlich durch den vollen Genuß der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0042] weht; aber er blieb in treuer Liebe dem Lande gewogen, dem er durch Geburt und Sinnesart angehörte. Er kannte nicht jenen Patriotismus, dessen Zeichen blöder Haß gegen andere Nationen ist. Er liebte von Herzen das gastliche Volk, das ihm eine Heimath und eine Existenz gewährt, das der Menschheit den erhebenden Anblick eines freien Staates geschenkt, aber unablässig wandte er den Blick auf sein deutsches Vaterland zurück; jedes Ereigniß in der politischen Entwicklung Deutschlands griff mächtig an sein Herz, sein Blut wallte beim Klange des theuren Namens. Sein heißester Wunsch war, all’ das Gute und Edle zu vereinen, welches das Geschick der einen Nation gegeben, der andern versagt hatte. Als leitende Sterne aber leuchteten seinem Leben die heiligen Ideen: Freiheit und Recht. Daß Freiheit nicht Zügellosigkeit, nicht Anarchie, daß Recht kein Gegensatz ist, sondern die Ergänzung der Pflicht, das suchte er die Menschheit zu lehren. Mühe und Arbeit war sein Leben. Die niedern Sorgen um das tägliche Brot bedrängten ihn bis in späte Jahre hinein. Wie oft haben solche Sorgen einen edlen Geist herabgezogen aus den lichten Höhen des Gedankens in die dumpfe Enge banausischen Treibens! Er aber schlug sich wacker durch, der brave Kämpfer, und – „er ist hinaufgelangt!“ Keine Sorgen vermochten seinen Geist von seinem Urquell abzuziehen; dem, was er als seinen Beruf erkannt, blieb er unentwegt treu, und so gelang es ihm endlich, sich sein Haus zu gründen. Mühe und Arbeit war sein Leben, aber köstlich war es auch. Köstlich durch das beglückende Bewußtsein, einen großen Beruf groß erfüllt zu haben, köstlich durch den Segen erfolgreicher Arbeit, den erquickenden Lohn bewundernder Anerkennung von ebenbürtigen Geistern; köstlich durch den vollen Genuß der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-23T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuss_franz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuss_franz_1886/42
Zitationshilfe: Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuss_franz_1886/42>, abgerufen am 22.12.2024.