der menschlichen Gesellschaft sind, daher auch die mächtigsten Hebel in allen Verhältnissen bleiben, und Kraft zuletzt immer am allermeisten imponirt. Alexander und Cäsar erscheinen größer in der Ge- schichte als Hor. Cocles und Regulus, wenn auch die Geschichte der Letzteren keine Fabel wären. Un- eigennützigkeit, Freundschaft, Nächstenliebe, Groß- muth, entwickeln sich in der Regel erst später, und als seltnere Blumen mit feinerem, und schon raffi- nirterem Duft, eben so wie für die Spekulation sich zuletzt die höchste Kraft nur im Ideal des Guten zeigt, und Aufopferung zuletzt für das Individuum selbst, höchster Genuß wird. Ein anderer, wie mir däucht, schlagender Beweis, daß, was wir Moral nennen, nur aus dem Gesellschaftsleben hervorgehe, ist meines Erachtens, daß wir noch heute kein sol- ches Prinzip, in Bezug auf andere Geschöpfe anzu- erkennen scheinen. Wir würden, wenn wir könnten, zum Behuf unsrer Wissenschaft, uns unbedenklich ei- nen Stern zur Inspektion herunterlangen, und mit einem Engel in unsrer Gewalt nicht viel Um- stände machen, sobald wir ihn nicht mehr zu fürch- ten hätten. Daß wir mit den Thieren (zum Theil auch noch mit den Negern) ganz als Egoisten um- gehen, und schon ein hoher Grad von Cultur dazu gehört, um sie nur nicht unnütz zu quälen, oder leiden zu lassen, liegt am Tage. Ja was noch mehr ist, Menschen unter sich selbst, heben sofort das positive Moralprinzip auf, sobald eine, von ih- nen für competent angesehene Macht, das Gesell-
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der menſchlichen Geſellſchaft ſind, daher auch die mächtigſten Hebel in allen Verhältniſſen bleiben, und Kraft zuletzt immer am allermeiſten imponirt. Alexander und Cäſar erſcheinen größer in der Ge- ſchichte als Hor. Cocles und Regulus, wenn auch die Geſchichte der Letzteren keine Fabel wären. Un- eigennützigkeit, Freundſchaft, Nächſtenliebe, Groß- muth, entwickeln ſich in der Regel erſt ſpäter, und als ſeltnere Blumen mit feinerem, und ſchon raffi- nirterem Duft, eben ſo wie für die Spekulation ſich zuletzt die höchſte Kraft nur im Ideal des Guten zeigt, und Aufopferung zuletzt für das Individuum ſelbſt, höchſter Genuß wird. Ein anderer, wie mir däucht, ſchlagender Beweis, daß, was wir Moral nennen, nur aus dem Geſellſchaftsleben hervorgehe, iſt meines Erachtens, daß wir noch heute kein ſol- ches Prinzip, in Bezug auf andere Geſchöpfe anzu- erkennen ſcheinen. Wir würden, wenn wir könnten, zum Behuf unſrer Wiſſenſchaft, uns unbedenklich ei- nen Stern zur Inſpektion herunterlangen, und mit einem Engel in unſrer Gewalt nicht viel Um- ſtände machen, ſobald wir ihn nicht mehr zu fürch- ten hätten. Daß wir mit den Thieren (zum Theil auch noch mit den Negern) ganz als Egoiſten um- gehen, und ſchon ein hoher Grad von Cultur dazu gehört, um ſie nur nicht unnütz zu quälen, oder leiden zu laſſen, liegt am Tage. Ja was noch mehr iſt, Menſchen unter ſich ſelbſt, heben ſofort das poſitive Moralprinzip auf, ſobald eine, von ih- nen für competent angeſehene Macht, das Geſell-
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der menſchlichen Geſellſchaft ſind, daher auch die
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Alexander und Cäſar erſcheinen größer in der Ge-
ſchichte als Hor. Cocles und Regulus, wenn auch
die Geſchichte der Letzteren keine Fabel wären. Un-
eigennützigkeit, Freundſchaft, Nächſtenliebe, Groß-
muth, entwickeln ſich in der Regel erſt ſpäter, und
als ſeltnere Blumen mit feinerem, und ſchon raffi-
nirterem Duft, eben ſo wie für die Spekulation ſich
zuletzt die höchſte Kraft nur im Ideal des Guten
zeigt, und Aufopferung zuletzt für das Individuum
ſelbſt, höchſter Genuß wird. Ein anderer, wie mir
däucht, ſchlagender Beweis, daß, was wir Moral
nennen, nur aus dem Geſellſchaftsleben hervorgehe,
iſt meines Erachtens, daß wir noch heute kein ſol-
ches Prinzip, in Bezug auf andere Geſchöpfe anzu-
erkennen ſcheinen. Wir würden, wenn wir könnten,
zum Behuf unſrer Wiſſenſchaft, uns unbedenklich ei-
nen Stern zur Inſpektion herunterlangen, und
mit einem Engel in unſrer Gewalt nicht viel Um-
ſtände machen, ſobald wir ihn nicht mehr zu fürch-
ten hätten. Daß wir mit den Thieren (zum Theil
auch noch mit den Negern) ganz als Egoiſten um-
gehen, und ſchon ein hoher Grad von Cultur dazu
gehört, um ſie nur nicht unnütz zu quälen, oder
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/249>, abgerufen am 22.11.2024.
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