Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

entschließen, da auch nicht eine Hütte sich auf unserm
Wege befand, die übrigen sechs Meilen zu Fuße zu
gehen. Nie schien mir ein Weg langweiliger, und
wenig nur entschädigten mich die Wundergeschichten,
die mir der Kutscher unterwegs von seinem Hunter
erzählte, als derselbe vor zwanzig Jahren noch der
Leader (Anführer) der Salisburyschen Hunt gewe-
sen sey.



Ich benutzte den heutigen Tag sehr gut, trug aber,
wahrscheinlich noch als Nachwehen von der gestrigen
Nachtpartie, Abends ein derbes Kopfweh davon. Da
es indessen nur rheumatischer Natur ist, kehre ich
mich nicht daran, setze meine Füße in Senf, Salz
und heißes Wasser, und beginne.

Salisbury's weitberühmte Cathedrale rühmt sich
des höchsten Thurms in Europa. Er ist vierhundert
und zehn Fuß hoch, welches fünf Fuß höher ist, als
der Strasburger Münster, wenn ich nicht irre, doch
ist jener wenigstens weit schöner. Das Aeußere des
großen Doms zeichnet sich vorzüglich durch ein auf-
fallendes Ansehn von Neuheit und Nettigkeit aus,
so wie durch seine gänzliche Vollendung in jedem
Detail. Er verdankt dies zwei Hauptreparaturen, die
im Laufe der Zeit mit ihm vorgenommen wurden,
die erste unter Christoph Ween, die zweite unter

entſchließen, da auch nicht eine Hütte ſich auf unſerm
Wege befand, die übrigen ſechs Meilen zu Fuße zu
gehen. Nie ſchien mir ein Weg langweiliger, und
wenig nur entſchädigten mich die Wundergeſchichten,
die mir der Kutſcher unterwegs von ſeinem Hunter
erzählte, als derſelbe vor zwanzig Jahren noch der
Leader (Anführer) der Salisburyſchen Hunt gewe-
ſen ſey.



Ich benutzte den heutigen Tag ſehr gut, trug aber,
wahrſcheinlich noch als Nachwehen von der geſtrigen
Nachtpartie, Abends ein derbes Kopfweh davon. Da
es indeſſen nur rheumatiſcher Natur iſt, kehre ich
mich nicht daran, ſetze meine Füße in Senf, Salz
und heißes Waſſer, und beginne.

Salisbury’s weitberühmte Cathedrale rühmt ſich
des höchſten Thurms in Europa. Er iſt vierhundert
und zehn Fuß hoch, welches fünf Fuß höher iſt, als
der Strasburger Münſter, wenn ich nicht irre, doch
iſt jener wenigſtens weit ſchöner. Das Aeußere des
großen Doms zeichnet ſich vorzüglich durch ein auf-
fallendes Anſehn von Neuheit und Nettigkeit aus,
ſo wie durch ſeine gänzliche Vollendung in jedem
Detail. Er verdankt dies zwei Hauptreparaturen, die
im Laufe der Zeit mit ihm vorgenommen wurden,
die erſte unter Chriſtoph Ween, die zweite unter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="293"/>
ent&#x017F;chließen, da auch nicht eine Hütte &#x017F;ich auf un&#x017F;erm<lb/>
Wege befand, die übrigen &#x017F;echs Meilen zu Fuße zu<lb/>
gehen. Nie &#x017F;chien mir ein Weg langweiliger, und<lb/>
wenig nur ent&#x017F;chädigten mich die Wunderge&#x017F;chichten,<lb/>
die mir der Kut&#x017F;cher unterwegs von &#x017F;einem Hunter<lb/>
erzählte, als der&#x017F;elbe vor zwanzig Jahren noch der<lb/>
Leader (Anführer) der Salisbury&#x017F;chen Hunt gewe-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ey.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 29<hi rendition="#sup">&#x017F;ten.</hi></hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Ich benutzte den heutigen Tag &#x017F;ehr gut, trug aber,<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich noch als Nachwehen von der ge&#x017F;trigen<lb/>
Nachtpartie, Abends ein derbes Kopfweh davon. Da<lb/>
es inde&#x017F;&#x017F;en nur rheumati&#x017F;cher Natur i&#x017F;t, kehre ich<lb/>
mich nicht daran, &#x017F;etze meine Füße in Senf, Salz<lb/>
und heißes Wa&#x017F;&#x017F;er, und beginne.</p><lb/>
          <p>Salisbury&#x2019;s weitberühmte Cathedrale rühmt &#x017F;ich<lb/>
des höch&#x017F;ten Thurms in Europa. Er i&#x017F;t vierhundert<lb/>
und zehn Fuß hoch, welches fünf Fuß höher i&#x017F;t, als<lb/>
der Strasburger Mün&#x017F;ter, wenn ich nicht irre, doch<lb/>
i&#x017F;t jener wenig&#x017F;tens weit &#x017F;chöner. Das Aeußere des<lb/>
großen Doms zeichnet &#x017F;ich vorzüglich durch ein auf-<lb/>
fallendes An&#x017F;ehn von Neuheit und Nettigkeit aus,<lb/>
&#x017F;o wie durch &#x017F;eine <choice><sic>ga&#x0307;nzliche</sic><corr>gänzliche</corr></choice> Vollendung in jedem<lb/>
Detail. Er verdankt dies zwei Hauptreparaturen, die<lb/>
im Laufe der Zeit mit ihm vorgenommen wurden,<lb/>
die er&#x017F;te unter Chri&#x017F;toph Ween, die zweite unter<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0315] entſchließen, da auch nicht eine Hütte ſich auf unſerm Wege befand, die übrigen ſechs Meilen zu Fuße zu gehen. Nie ſchien mir ein Weg langweiliger, und wenig nur entſchädigten mich die Wundergeſchichten, die mir der Kutſcher unterwegs von ſeinem Hunter erzählte, als derſelbe vor zwanzig Jahren noch der Leader (Anführer) der Salisburyſchen Hunt gewe- ſen ſey. Den 29ſten. Ich benutzte den heutigen Tag ſehr gut, trug aber, wahrſcheinlich noch als Nachwehen von der geſtrigen Nachtpartie, Abends ein derbes Kopfweh davon. Da es indeſſen nur rheumatiſcher Natur iſt, kehre ich mich nicht daran, ſetze meine Füße in Senf, Salz und heißes Waſſer, und beginne. Salisbury’s weitberühmte Cathedrale rühmt ſich des höchſten Thurms in Europa. Er iſt vierhundert und zehn Fuß hoch, welches fünf Fuß höher iſt, als der Strasburger Münſter, wenn ich nicht irre, doch iſt jener wenigſtens weit ſchöner. Das Aeußere des großen Doms zeichnet ſich vorzüglich durch ein auf- fallendes Anſehn von Neuheit und Nettigkeit aus, ſo wie durch ſeine gänzliche Vollendung in jedem Detail. Er verdankt dies zwei Hauptreparaturen, die im Laufe der Zeit mit ihm vorgenommen wurden, die erſte unter Chriſtoph Ween, die zweite unter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/315
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/315>, abgerufen am 22.11.2024.