Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.cirt, als wir bei den Damen ankamen, die uns im Als die ganze Gesellschaft wieder vereinigt war, *) Beim Könige müssen die Damen, wie mir eine derselben
erzählt hat, rückwärts hinausgehen, um Seiner Majestät nicht die verkehrte Seite zuzuwenden, welches gegen die, in England zum Theil sehr streng beobachtete Etikette ist. Dies hat sich jetzt zu einer völlig militärischen Evo- lution ausgebildet, welche eine junge Neulingin oft in Verlegenheit setzt. Die Damen schließen rückwärts, die Richtung nach der Thüre, nach welcher sie sich in der Diagonale ziehen. Sobald die Flügelfrau an dieser ange- langt, macht sie rechtsum, traversirt hindurch, und so jede folgende ihr nach. Lady C. commandirt. Im Gy- näceum angekommen, präsentirt sich ihnen, ebenfalls in Reih und Glied, eine Anzahl eleganter Porcellainvasen. Apres cela nippt man von einem Glase Liqueur, setzt sich zu Thee und Kaffee nieder, und nun beginnt die Da- menunterhaltung. Man weiß, woraus sie gewöhnlich besteht: Putz, Scandal und Liebe. "Such is the cus- tom of Branksomchall." cirt, als wir bei den Damen ankamen, die uns im Als die ganze Geſellſchaft wieder vereinigt war, *) Beim Koͤnige muͤſſen die Damen, wie mir eine derſelben
erzaͤhlt hat, ruͤckwaͤrts hinausgehen, um Seiner Majeſtaͤt nicht die verkehrte Seite zuzuwenden, welches gegen die, in England zum Theil ſehr ſtreng beobachtete Etikette iſt. Dies hat ſich jetzt zu einer voͤllig militaͤriſchen Evo- lution ausgebildet, welche eine junge Neulingin oft in Verlegenheit ſetzt. Die Damen ſchließen ruͤckwaͤrts, die Richtung nach der Thuͤre, nach welcher ſie ſich in der Diagonale ziehen. Sobald die Fluͤgelfrau an dieſer ange- langt, macht ſie rechtsum, traverſirt hindurch, und ſo jede folgende ihr nach. Lady C. commandirt. Im Gy- naͤceum angekommen, praͤſentirt ſich ihnen, ebenfalls in Reih und Glied, eine Anzahl eleganter Porcellainvaſen. Après cela nippt man von einem Glaſe Liqueur, ſetzt ſich zu Thee und Kaffee nieder, und nun beginnt die Da- menunterhaltung. Man weiß, woraus ſie gewoͤhnlich beſteht: Putz, Scandal und Liebe. „Such is the cus- tom of Branksomchall.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0129" n="89"/> cirt, als wir bei den Damen ankamen, die uns im<lb/> Salon, um einen großen Tiſch gruppirt, mit Kaffee<lb/> und Thee erwarteten <note place="foot" n="*)">Beim Koͤnige muͤſſen die Damen, wie mir eine derſelben<lb/> erzaͤhlt hat, ruͤckwaͤrts hinausgehen, um Seiner Majeſtaͤt<lb/> nicht die verkehrte Seite zuzuwenden, welches gegen die,<lb/> in England zum Theil ſehr ſtreng beobachtete Etikette<lb/> iſt. Dies hat ſich jetzt zu einer voͤllig militaͤriſchen Evo-<lb/> lution ausgebildet, welche eine junge Neulingin oft in<lb/> Verlegenheit ſetzt. Die Damen ſchließen ruͤckwaͤrts, die<lb/> Richtung nach der Thuͤre, nach welcher ſie ſich in der<lb/> Diagonale ziehen. Sobald die Fluͤgelfrau an dieſer ange-<lb/> langt, macht ſie rechtsum, traverſirt hindurch, und ſo<lb/> jede folgende ihr nach. Lady C. commandirt. Im Gy-<lb/> naͤceum angekommen, praͤſentirt ſich ihnen, ebenfalls in<lb/> Reih und Glied, eine Anzahl eleganter Porcellainvaſen.<lb/><hi rendition="#aq">Après cela</hi> nippt man von einem Glaſe Liqueur, ſetzt<lb/> ſich zu Thee und Kaffee nieder, und nun beginnt die Da-<lb/> menunterhaltung. Man weiß, woraus ſie gewoͤhnlich<lb/> beſteht: Putz, Scandal und Liebe. <hi rendition="#aq">„Such is the cus-<lb/> tom of Branksomchall.“</hi></note>.</p><lb/> <p>Als die ganze Geſellſchaft wieder vereinigt war,<lb/> theilte ſich Alles, völlig ungenirt, in beliebige Grup-<lb/> pen. Einige machten Muſik, wobei die melancholiſche<lb/> Schöne auf einer Orgel ſpielte, die wahrſcheinlich zu<lb/> religiöſem Gebrauch hier aufgeſtellt war, andere ſpiel-<lb/> ten Whiſt, hie und da flüſterte ein Pärchen in der<lb/> Fenſter-Embraſure, Mehrere politiſirten, nur der<lb/> Dandy war <hi rendition="#g">allein</hi> geblieben; in einen großen Lehn-<lb/> ſtuhl verſunken, hatte er ſeinen rechten zierlich beſchuh-<lb/> ten Fuß auf ſein linkes Knie gelegt, und ſich in die-<lb/> ſer Stellung in <hi rendition="#aq">Mde. de Staël’</hi>s Buch <hi rendition="#aq">sur l’Alle-<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0129]
cirt, als wir bei den Damen ankamen, die uns im
Salon, um einen großen Tiſch gruppirt, mit Kaffee
und Thee erwarteten *).
Als die ganze Geſellſchaft wieder vereinigt war,
theilte ſich Alles, völlig ungenirt, in beliebige Grup-
pen. Einige machten Muſik, wobei die melancholiſche
Schöne auf einer Orgel ſpielte, die wahrſcheinlich zu
religiöſem Gebrauch hier aufgeſtellt war, andere ſpiel-
ten Whiſt, hie und da flüſterte ein Pärchen in der
Fenſter-Embraſure, Mehrere politiſirten, nur der
Dandy war allein geblieben; in einen großen Lehn-
ſtuhl verſunken, hatte er ſeinen rechten zierlich beſchuh-
ten Fuß auf ſein linkes Knie gelegt, und ſich in die-
ſer Stellung in Mde. de Staël’s Buch sur l’Alle-
*) Beim Koͤnige muͤſſen die Damen, wie mir eine derſelben
erzaͤhlt hat, ruͤckwaͤrts hinausgehen, um Seiner Majeſtaͤt
nicht die verkehrte Seite zuzuwenden, welches gegen die,
in England zum Theil ſehr ſtreng beobachtete Etikette
iſt. Dies hat ſich jetzt zu einer voͤllig militaͤriſchen Evo-
lution ausgebildet, welche eine junge Neulingin oft in
Verlegenheit ſetzt. Die Damen ſchließen ruͤckwaͤrts, die
Richtung nach der Thuͤre, nach welcher ſie ſich in der
Diagonale ziehen. Sobald die Fluͤgelfrau an dieſer ange-
langt, macht ſie rechtsum, traverſirt hindurch, und ſo
jede folgende ihr nach. Lady C. commandirt. Im Gy-
naͤceum angekommen, praͤſentirt ſich ihnen, ebenfalls in
Reih und Glied, eine Anzahl eleganter Porcellainvaſen.
Après cela nippt man von einem Glaſe Liqueur, ſetzt
ſich zu Thee und Kaffee nieder, und nun beginnt die Da-
menunterhaltung. Man weiß, woraus ſie gewoͤhnlich
beſteht: Putz, Scandal und Liebe. „Such is the cus-
tom of Branksomchall.“
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