Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Den Beschluß machte eine kleine Farce, wozu nun
auch der Vorhang aufgezogen wurde, und in welcher
Matthews ebenfalls nur allein spielte, und 7 -- 8
verschiedene Rollen besorgte, ungerechnet der eines
Hundes und eines Kindes, die zwar durch Puppen
repräsentirt wurden, welche er aber beide eben so
meisterhaft bellte und plapperte, als er die übrigen
sprach. Als französischer Hofmeister, der mit einem
zehnjährigen jungen Lord auf Reisen gehen soll, sperrt
er diesen gleich zu Anfang in einen Guitarrenkasten,
um das Geld für die Diligence zu ersparen, und den-
noch dem Herrn Papa anrechnen zu können. Auf der
Station angekommen, nimmt er ihn jedesmal heraus,
einmal um ihn Luft schöpfen zu lassen, und zweitens
um seine Lektion zu gleicher Zeit mit ihm zu repeti-
ren, wobei er denn als vollkommner Bauchredner das
Gespräch höchst drollig durchführt. Besonders ist es
komisch, wenn sich der Junge sträubt, wieder in den
Kasten zu kriechen, und nun sein Murren wie seine
Klagen, gleich dem Walzer im Freischützen, immer
undeutlicher verklingen, bis das Behältniß endlich
ganz zuklappt, und die letzten Töne aus dem ver-
schlossenen Kasten nur wie ein schwaches Echo her-
vortönen.

Nach vielen Avantüren, die der forteilenden Dili-
gence und ihren Passagieren zustoßen, tritt eine alte
Jungfer auf (immer wieder Matthews) die einen
Lieblingshund, der im Wagen nicht geduldet werden
soll, dennoch einzuschwärzen sucht, und sich nun eben-

Den Beſchluß machte eine kleine Farce, wozu nun
auch der Vorhang aufgezogen wurde, und in welcher
Matthews ebenfalls nur allein ſpielte, und 7 — 8
verſchiedene Rollen beſorgte, ungerechnet der eines
Hundes und eines Kindes, die zwar durch Puppen
repräſentirt wurden, welche er aber beide eben ſo
meiſterhaft bellte und plapperte, als er die übrigen
ſprach. Als franzöſiſcher Hofmeiſter, der mit einem
zehnjährigen jungen Lord auf Reiſen gehen ſoll, ſperrt
er dieſen gleich zu Anfang in einen Guitarrenkaſten,
um das Geld für die Diligence zu erſparen, und den-
noch dem Herrn Papa anrechnen zu können. Auf der
Station angekommen, nimmt er ihn jedesmal heraus,
einmal um ihn Luft ſchöpfen zu laſſen, und zweitens
um ſeine Lektion zu gleicher Zeit mit ihm zu repeti-
ren, wobei er denn als vollkommner Bauchredner das
Geſpräch höchſt drollig durchführt. Beſonders iſt es
komiſch, wenn ſich der Junge ſträubt, wieder in den
Kaſten zu kriechen, und nun ſein Murren wie ſeine
Klagen, gleich dem Walzer im Freiſchützen, immer
undeutlicher verklingen, bis das Behältniß endlich
ganz zuklappt, und die letzten Töne aus dem ver-
ſchloſſenen Kaſten nur wie ein ſchwaches Echo her-
vortönen.

Nach vielen Avantüren, die der forteilenden Dili-
gence und ihren Paſſagieren zuſtoßen, tritt eine alte
Jungfer auf (immer wieder Matthews) die einen
Lieblingshund, der im Wagen nicht geduldet werden
ſoll, dennoch einzuſchwärzen ſucht, und ſich nun eben-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0225" n="181"/>
          <p>Den Be&#x017F;chluß machte eine kleine Farce, wozu nun<lb/>
auch der Vorhang aufgezogen wurde, und in welcher<lb/>
Matthews ebenfalls nur allein &#x017F;pielte, und 7 &#x2014; 8<lb/>
ver&#x017F;chiedene Rollen be&#x017F;orgte, ungerechnet der eines<lb/>
Hundes und eines Kindes, die zwar durch Puppen<lb/>
reprä&#x017F;entirt wurden, welche er aber beide eben &#x017F;o<lb/>
mei&#x017F;terhaft bellte und plapperte, als er die übrigen<lb/>
&#x017F;prach. Als franzö&#x017F;i&#x017F;cher Hofmei&#x017F;ter, der mit einem<lb/>
zehnjährigen jungen Lord auf Rei&#x017F;en gehen &#x017F;oll, &#x017F;perrt<lb/>
er die&#x017F;en gleich zu Anfang in einen Guitarrenka&#x017F;ten,<lb/>
um das Geld für die Diligence zu er&#x017F;paren, und den-<lb/>
noch dem Herrn Papa anrechnen zu können. Auf der<lb/>
Station angekommen, nimmt er ihn jedesmal heraus,<lb/>
einmal um ihn Luft &#x017F;chöpfen zu la&#x017F;&#x017F;en, und zweitens<lb/>
um &#x017F;eine Lektion zu gleicher Zeit mit ihm zu repeti-<lb/>
ren, wobei er denn als vollkommner Bauchredner das<lb/>
Ge&#x017F;präch höch&#x017F;t drollig durchführt. Be&#x017F;onders i&#x017F;t es<lb/>
komi&#x017F;ch, wenn &#x017F;ich der Junge &#x017F;träubt, wieder in den<lb/>
Ka&#x017F;ten zu kriechen, und nun &#x017F;ein Murren wie &#x017F;eine<lb/>
Klagen, gleich dem Walzer im Frei&#x017F;chützen, immer<lb/>
undeutlicher verklingen, bis das Behältniß endlich<lb/>
ganz zuklappt, und die letzten Töne aus dem ver-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Ka&#x017F;ten nur wie ein &#x017F;chwaches Echo her-<lb/>
vortönen.</p><lb/>
          <p>Nach vielen Avantüren, die der forteilenden Dili-<lb/>
gence und ihren Pa&#x017F;&#x017F;agieren zu&#x017F;toßen, tritt eine alte<lb/>
Jungfer auf (immer wieder Matthews) die einen<lb/>
Lieblingshund, der im Wagen nicht geduldet werden<lb/>
&#x017F;oll, dennoch einzu&#x017F;chwärzen &#x017F;ucht, und &#x017F;ich nun eben-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0225] Den Beſchluß machte eine kleine Farce, wozu nun auch der Vorhang aufgezogen wurde, und in welcher Matthews ebenfalls nur allein ſpielte, und 7 — 8 verſchiedene Rollen beſorgte, ungerechnet der eines Hundes und eines Kindes, die zwar durch Puppen repräſentirt wurden, welche er aber beide eben ſo meiſterhaft bellte und plapperte, als er die übrigen ſprach. Als franzöſiſcher Hofmeiſter, der mit einem zehnjährigen jungen Lord auf Reiſen gehen ſoll, ſperrt er dieſen gleich zu Anfang in einen Guitarrenkaſten, um das Geld für die Diligence zu erſparen, und den- noch dem Herrn Papa anrechnen zu können. Auf der Station angekommen, nimmt er ihn jedesmal heraus, einmal um ihn Luft ſchöpfen zu laſſen, und zweitens um ſeine Lektion zu gleicher Zeit mit ihm zu repeti- ren, wobei er denn als vollkommner Bauchredner das Geſpräch höchſt drollig durchführt. Beſonders iſt es komiſch, wenn ſich der Junge ſträubt, wieder in den Kaſten zu kriechen, und nun ſein Murren wie ſeine Klagen, gleich dem Walzer im Freiſchützen, immer undeutlicher verklingen, bis das Behältniß endlich ganz zuklappt, und die letzten Töne aus dem ver- ſchloſſenen Kaſten nur wie ein ſchwaches Echo her- vortönen. Nach vielen Avantüren, die der forteilenden Dili- gence und ihren Paſſagieren zuſtoßen, tritt eine alte Jungfer auf (immer wieder Matthews) die einen Lieblingshund, der im Wagen nicht geduldet werden ſoll, dennoch einzuſchwärzen ſucht, und ſich nun eben-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/225
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/225>, abgerufen am 21.11.2024.