Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie sich nur der Tafelrunde, und dann Alexanders.
Freilich ist es wahr, daß diesen ein zu schwelgerisches
Mahl zur Verbrennung von Persepolis verleitete,
aber ein Held blieb er dennoch, und auch Friedrich
den Großen hat die Gourmandise weder am höchsten
Kriegs- noch Regentenruhm gehindert. Uebrigens
sollten Sie, der mit den Franken so ruhmvoll strei-
tet, die gute Küche nicht angreifen, da jene Nation,
so große Generale sie hat, doch durch ihre Küche schon
länger, und vielleicht auch bleibender berühmt ist.
Dies letzte sprach ohne Zweifel ein prophetischer Geist
aus mir, und wie würde sich der so enthusiastisch
Napoleon pronirende General gewundert haben, wenn
ich ihm zugleich hätte sagen können, daß über ein
Kleines er selbst diesem großen Nicht-Gourmand ge-
genüber stehen, und einen der letzten erfolgreichen
coups de griffes des kranken Löwen erleiden würde.

Du meinst vielleicht, meine gute Julie, diese Anek-
dote passe hierher, wie ein "apropos" unsers Freun-
des H ... -- aber nein -- ich führe im Gegentheil
auch noch Alcibiades und Poniatowsky für Putz und
Toilette an, um gänzlich durch die Erfahrung zu be-
weisen, daß weder Empfänglichkeit für die bonne
chere,
noch etwas Fatuität an Heldenthaten hindern,
wenn man sonst die gehörige Anlage dazu hat.

Ein Besuch des Grafen F ..., einem der liebens-
werthesten und achtbarsten Repräsentanten der Zeiten
Napoleons, welcher in diese les souvenirs de l'ancien
regime,
und in die heutigen das Zeugniß makelloser

Sie ſich nur der Tafelrunde, und dann Alexanders.
Freilich iſt es wahr, daß dieſen ein zu ſchwelgeriſches
Mahl zur Verbrennung von Perſepolis verleitete,
aber ein Held blieb er dennoch, und auch Friedrich
den Großen hat die Gourmandiſe weder am höchſten
Kriegs- noch Regentenruhm gehindert. Uebrigens
ſollten Sie, der mit den Franken ſo ruhmvoll ſtrei-
tet, die gute Küche nicht angreifen, da jene Nation,
ſo große Generale ſie hat, doch durch ihre Küche ſchon
länger, und vielleicht auch bleibender berühmt iſt.
Dies letzte ſprach ohne Zweifel ein prophetiſcher Geiſt
aus mir, und wie würde ſich der ſo enthuſiaſtiſch
Napoleon pronirende General gewundert haben, wenn
ich ihm zugleich hätte ſagen können, daß über ein
Kleines er ſelbſt dieſem großen Nicht-Gourmand ge-
genüber ſtehen, und einen der letzten erfolgreichen
coups de griffes des kranken Löwen erleiden würde.

Du meinſt vielleicht, meine gute Julie, dieſe Anek-
dote paſſe hierher, wie ein „apropos“ unſers Freun-
des H … — aber nein — ich führe im Gegentheil
auch noch Alcibiades und Poniatowsky für Putz und
Toilette an, um gänzlich durch die Erfahrung zu be-
weiſen, daß weder Empfänglichkeit für die bonne
chère,
noch etwas Fatuität an Heldenthaten hindern,
wenn man ſonſt die gehörige Anlage dazu hat.

Ein Beſuch des Grafen F …, einem der liebens-
wertheſten und achtbarſten Repräſentanten der Zeiten
Napoleons, welcher in dieſe les souvenirs de l’ancien
régime,
und in die heutigen das Zeugniß makelloſer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0398" n="352"/>
Sie &#x017F;ich nur der Tafelrunde, und dann <choice><sic>Aleranders</sic><corr>Alexanders</corr></choice>.<lb/>
Freilich i&#x017F;t es wahr, daß die&#x017F;en ein zu &#x017F;chwelgeri&#x017F;ches<lb/>
Mahl zur Verbrennung von Per&#x017F;epolis verleitete,<lb/>
aber ein Held blieb er dennoch, und auch Friedrich<lb/>
den Großen hat die Gourmandi&#x017F;e weder am höch&#x017F;ten<lb/>
Kriegs- noch Regentenruhm gehindert. Uebrigens<lb/>
&#x017F;ollten Sie, der mit den Franken &#x017F;o ruhmvoll &#x017F;trei-<lb/>
tet, die gute Küche nicht angreifen, da jene Nation,<lb/>
&#x017F;o große Generale &#x017F;ie hat, doch durch ihre Küche &#x017F;chon<lb/>
länger, und vielleicht auch bleibender berühmt i&#x017F;t.<lb/>
Dies letzte &#x017F;prach ohne Zweifel ein propheti&#x017F;cher Gei&#x017F;t<lb/>
aus mir, und wie würde &#x017F;ich der &#x017F;o enthu&#x017F;ia&#x017F;ti&#x017F;ch<lb/>
Napoleon pronirende General gewundert haben, wenn<lb/>
ich ihm zugleich hätte &#x017F;agen können, daß über ein<lb/>
Kleines er &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;em großen Nicht-Gourmand ge-<lb/>
genüber &#x017F;tehen, und einen der letzten erfolgreichen<lb/><hi rendition="#aq">coups de griffes</hi> des kranken Löwen erleiden würde.</p><lb/>
          <p>Du mein&#x017F;t vielleicht, meine gute Julie, die&#x017F;e Anek-<lb/>
dote pa&#x017F;&#x017F;e hierher, wie ein <hi rendition="#aq">&#x201E;apropos&#x201C;</hi> un&#x017F;ers Freun-<lb/>
des H &#x2026; &#x2014; aber nein &#x2014; ich führe im Gegentheil<lb/>
auch noch Alcibiades und Poniatowsky für Putz und<lb/>
Toilette an, um gänzlich durch die Erfahrung zu be-<lb/>
wei&#x017F;en, daß weder Empfänglichkeit für die <hi rendition="#aq">bonne<lb/>
chère,</hi> noch etwas Fatuität an Heldenthaten hindern,<lb/>
wenn man &#x017F;on&#x017F;t die gehörige Anlage dazu hat.</p><lb/>
          <p>Ein Be&#x017F;uch des Grafen F &#x2026;, einem der liebens-<lb/>
werthe&#x017F;ten und achtbar&#x017F;ten Reprä&#x017F;entanten der Zeiten<lb/>
Napoleons, welcher in die&#x017F;e <hi rendition="#aq">les souvenirs de l&#x2019;ancien<lb/>
régime,</hi> und in die heutigen das Zeugniß makello&#x017F;er<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0398] Sie ſich nur der Tafelrunde, und dann Alexanders. Freilich iſt es wahr, daß dieſen ein zu ſchwelgeriſches Mahl zur Verbrennung von Perſepolis verleitete, aber ein Held blieb er dennoch, und auch Friedrich den Großen hat die Gourmandiſe weder am höchſten Kriegs- noch Regentenruhm gehindert. Uebrigens ſollten Sie, der mit den Franken ſo ruhmvoll ſtrei- tet, die gute Küche nicht angreifen, da jene Nation, ſo große Generale ſie hat, doch durch ihre Küche ſchon länger, und vielleicht auch bleibender berühmt iſt. Dies letzte ſprach ohne Zweifel ein prophetiſcher Geiſt aus mir, und wie würde ſich der ſo enthuſiaſtiſch Napoleon pronirende General gewundert haben, wenn ich ihm zugleich hätte ſagen können, daß über ein Kleines er ſelbſt dieſem großen Nicht-Gourmand ge- genüber ſtehen, und einen der letzten erfolgreichen coups de griffes des kranken Löwen erleiden würde. Du meinſt vielleicht, meine gute Julie, dieſe Anek- dote paſſe hierher, wie ein „apropos“ unſers Freun- des H … — aber nein — ich führe im Gegentheil auch noch Alcibiades und Poniatowsky für Putz und Toilette an, um gänzlich durch die Erfahrung zu be- weiſen, daß weder Empfänglichkeit für die bonne chère, noch etwas Fatuität an Heldenthaten hindern, wenn man ſonſt die gehörige Anlage dazu hat. Ein Beſuch des Grafen F …, einem der liebens- wertheſten und achtbarſten Repräſentanten der Zeiten Napoleons, welcher in dieſe les souvenirs de l’ancien régime, und in die heutigen das Zeugniß makelloſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/398
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/398>, abgerufen am 22.11.2024.