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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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3) Goldene Bulle 1356.
davon zu erwartenden Vortheilen eingeführt, aber
doch auch in den zwey Nebenlinien von Anspach
und Bayreuth dafür gesorgt, daß außer dem re-
gierenden Churfürsten noch immer zwey andere
regierende Fürsten vom Hause waren, die sich stan-
desmäßig vermählen konnten, um desto weniger
den Abgang des Hauses besorgen zu dürfen. Und
doch scheint jetzt schon das zweytemal der Fall be-
vorzustehen, daß das Churhaus beide Nebenlinien
überlebt.

Augenscheinlich hat inzwischen dieses Erstge-XII.
buhrtsrecht, wie es das Haus Brandenburg vor
den übrigen Churhäusern zuerst eingeführt hat,
den eigentlichen Grund dazu gelegt, daß seitdem
dieses Haus in seiner Größe so merklich gestiegen
ist, da nie von keiner weitern Vertheilung mehr
die Frage seyn konnte, sondern ein jeder neuer
Zuwachs von Land und Leuten immer nur dem
regierenden Churfürsten zu gute kam. Nichts desto
weniger haben andere Häuser dieses Beyspiel erst
weit später nachgeahmt. Manche fürstliche Häu-
ser haben noch im XVI. Jahrhunderte einen Fluch
darauf gelegt, wenn auch einer ihrer Nachkommen
das Recht der Erstgebuhrt einführen wollte. Man
hielt es zum Theil der Religion zuwider, wenn
man es nicht bey dem Spruche laßen wollte:
Sind wir dann Kinder, so sind wir auch Erben.

Ein Umstand, der mit dem Rechte der Erst-XIII.
gebuhrt verbunden zu seyn pfleget, daß öfters Min-
derjährige an die Regierung kommen, ist bey Ab-
fassung der goldenen Bulle nicht unbemerkt geblie-
ben. Für diesen Fall enthält sie die ausdrückliche

Vor-
Q 4

3) Goldene Bulle 1356.
davon zu erwartenden Vortheilen eingefuͤhrt, aber
doch auch in den zwey Nebenlinien von Anſpach
und Bayreuth dafuͤr geſorgt, daß außer dem re-
gierenden Churfuͤrſten noch immer zwey andere
regierende Fuͤrſten vom Hauſe waren, die ſich ſtan-
desmaͤßig vermaͤhlen konnten, um deſto weniger
den Abgang des Hauſes beſorgen zu duͤrfen. Und
doch ſcheint jetzt ſchon das zweytemal der Fall be-
vorzuſtehen, daß das Churhaus beide Nebenlinien
uͤberlebt.

Augenſcheinlich hat inzwiſchen dieſes Erſtge-XII.
buhrtsrecht, wie es das Haus Brandenburg vor
den uͤbrigen Churhaͤuſern zuerſt eingefuͤhrt hat,
den eigentlichen Grund dazu gelegt, daß ſeitdem
dieſes Haus in ſeiner Groͤße ſo merklich geſtiegen
iſt, da nie von keiner weitern Vertheilung mehr
die Frage ſeyn konnte, ſondern ein jeder neuer
Zuwachs von Land und Leuten immer nur dem
regierenden Churfuͤrſten zu gute kam. Nichts deſto
weniger haben andere Haͤuſer dieſes Beyſpiel erſt
weit ſpaͤter nachgeahmt. Manche fuͤrſtliche Haͤu-
ſer haben noch im XVI. Jahrhunderte einen Fluch
darauf gelegt, wenn auch einer ihrer Nachkommen
das Recht der Erſtgebuhrt einfuͤhren wollte. Man
hielt es zum Theil der Religion zuwider, wenn
man es nicht bey dem Spruche laßen wollte:
Sind wir dann Kinder, ſo ſind wir auch Erben.

Ein Umſtand, der mit dem Rechte der Erſt-XIII.
gebuhrt verbunden zu ſeyn pfleget, daß oͤfters Min-
derjaͤhrige an die Regierung kommen, iſt bey Ab-
faſſung der goldenen Bulle nicht unbemerkt geblie-
ben. Fuͤr dieſen Fall enthaͤlt ſie die ausdruͤckliche

Vor-
Q 4
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[247/0281] 3) Goldene Bulle 1356. davon zu erwartenden Vortheilen eingefuͤhrt, aber doch auch in den zwey Nebenlinien von Anſpach und Bayreuth dafuͤr geſorgt, daß außer dem re- gierenden Churfuͤrſten noch immer zwey andere regierende Fuͤrſten vom Hauſe waren, die ſich ſtan- desmaͤßig vermaͤhlen konnten, um deſto weniger den Abgang des Hauſes beſorgen zu duͤrfen. Und doch ſcheint jetzt ſchon das zweytemal der Fall be- vorzuſtehen, daß das Churhaus beide Nebenlinien uͤberlebt. Augenſcheinlich hat inzwiſchen dieſes Erſtge- buhrtsrecht, wie es das Haus Brandenburg vor den uͤbrigen Churhaͤuſern zuerſt eingefuͤhrt hat, den eigentlichen Grund dazu gelegt, daß ſeitdem dieſes Haus in ſeiner Groͤße ſo merklich geſtiegen iſt, da nie von keiner weitern Vertheilung mehr die Frage ſeyn konnte, ſondern ein jeder neuer Zuwachs von Land und Leuten immer nur dem regierenden Churfuͤrſten zu gute kam. Nichts deſto weniger haben andere Haͤuſer dieſes Beyſpiel erſt weit ſpaͤter nachgeahmt. Manche fuͤrſtliche Haͤu- ſer haben noch im XVI. Jahrhunderte einen Fluch darauf gelegt, wenn auch einer ihrer Nachkommen das Recht der Erſtgebuhrt einfuͤhren wollte. Man hielt es zum Theil der Religion zuwider, wenn man es nicht bey dem Spruche laßen wollte: Sind wir dann Kinder, ſo ſind wir auch Erben. XII. Ein Umſtand, der mit dem Rechte der Erſt- gebuhrt verbunden zu ſeyn pfleget, daß oͤfters Min- derjaͤhrige an die Regierung kommen, iſt bey Ab- faſſung der goldenen Bulle nicht unbemerkt geblie- ben. Fuͤr dieſen Fall enthaͤlt ſie die ausdruͤckliche Vor- XIII. Q 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/281>, abgerufen am 22.11.2024.