VIII. Verordnungen des Religionsfriedens 1555. we- gen der Klöster und des geistlichen Vorbehalts.
I. II. Wegen der eingezogenen Klöster wurden billig die evangelischen Reichsstände in Ruhe gelaßen; -- III. IV. nur mit Ausnahme solcher Klöster, die einem dritten Reichsstan- de zugehörten, -- wegen derer man die Zeit des Passauer Vertrags zum Entscheidungsziele festsetzte. -- V. VI. In Ansehung der unmittelbaren Stifter war es überhaupt nicht unbillig, daß auch der evangelische hohe und niedere Adel von der darin zu erwartenden Versorgung nicht ausgeschlos- sen würde; -- VII. X. zumal wenn sowohl Bischof und Domherren als die Unterthanen im Lande selbst in Ansehung der Religion andere Gesinnungen bekamen. -- XI. Darin wollten aber die Catholischen durchaus nicht nachgeben. -- Also rückte Ferdinand, als eine Art von Machtspruch, den so genannten geistlichen Vorbehalt in den Religionsfrieden; -- XII. der aber an sich gleich unverbindlich, und leider nur die Quelle unübersehlicher neuer Streitigkeiten war.
Noch ein wichtiger Gegenstand des Religions-I. friedens war endlich der Streit, der wegen der geistlichen Stiftungen zwischen beiden Reli- gionstheilen entstanden war. Die meisten evan- gelischen Reichsstände hatten nunmehr schon seit mehreren Jahren nach dem Beyspiele des Landgra- fen von Hessen die unter ihrer Landeshoheit gelege- nen Stifter und Klöster eingezogen, und zu Kir- chen, Schulen und milden Sachen oder anderen Anstalten verwandt; -- in der That nach Grund- sätzen, die selbst unter den Catholischen nicht ver- kannt werden, sofern sowohl die Wohlfahrt des Staates, als der wahre Vortheil der Religion dabey gewinnt, wenn die zu ausgearteten üblen Zwecken verwandten Reichthümer der Klöster zu
heil-
D d 3
8) Relig. Fr. 1555. c) Kloͤſter ꝛc.
VIII. Verordnungen des Religionsfriedens 1555. we- gen der Kloͤſter und des geiſtlichen Vorbehalts.
I. II. Wegen der eingezogenen Kloͤſter wurden billig die evangeliſchen Reichsſtaͤnde in Ruhe gelaßen; — III. IV. nur mit Ausnahme ſolcher Kloͤſter, die einem dritten Reichsſtan- de zugehoͤrten, — wegen derer man die Zeit des Paſſauer Vertrags zum Entſcheidungsziele feſtſetzte. — V. VI. In Anſehung der unmittelbaren Stifter war es uͤberhaupt nicht unbillig, daß auch der evangeliſche hohe und niedere Adel von der darin zu erwartenden Verſorgung nicht ausgeſchloſ- ſen wuͤrde; — VII. X. zumal wenn ſowohl Biſchof und Domherren als die Unterthanen im Lande ſelbſt in Anſehung der Religion andere Geſinnungen bekamen. — XI. Darin wollten aber die Catholiſchen durchaus nicht nachgeben. — Alſo ruͤckte Ferdinand, als eine Art von Machtſpruch, den ſo genannten geiſtlichen Vorbehalt in den Religionsfrieden; — XII. der aber an ſich gleich unverbindlich, und leider nur die Quelle unuͤberſehlicher neuer Streitigkeiten war.
Noch ein wichtiger Gegenſtand des Religions-I. friedens war endlich der Streit, der wegen der geiſtlichen Stiftungen zwiſchen beiden Reli- gionstheilen entſtanden war. Die meiſten evan- geliſchen Reichsſtaͤnde hatten nunmehr ſchon ſeit mehreren Jahren nach dem Beyſpiele des Landgra- fen von Heſſen die unter ihrer Landeshoheit gelege- nen Stifter und Kloͤſter eingezogen, und zu Kir- chen, Schulen und milden Sachen oder anderen Anſtalten verwandt; — in der That nach Grund- ſaͤtzen, die ſelbſt unter den Catholiſchen nicht ver- kannt werden, ſofern ſowohl die Wohlfahrt des Staates, als der wahre Vortheil der Religion dabey gewinnt, wenn die zu ausgearteten uͤblen Zwecken verwandten Reichthuͤmer der Kloͤſter zu
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8) Relig. Fr. 1555. c) Kloͤſter ꝛc.
VIII.
Verordnungen des Religionsfriedens 1555. we-
gen der Kloͤſter und des geiſtlichen Vorbehalts.
I. II. Wegen der eingezogenen Kloͤſter wurden billig die
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mit Ausnahme ſolcher Kloͤſter, die einem dritten Reichsſtan-
de zugehoͤrten, — wegen derer man die Zeit des Paſſauer
Vertrags zum Entſcheidungsziele feſtſetzte. — V. VI. In
Anſehung der unmittelbaren Stifter war es uͤberhaupt nicht
unbillig, daß auch der evangeliſche hohe und niedere Adel
von der darin zu erwartenden Verſorgung nicht ausgeſchloſ-
ſen wuͤrde; — VII. X. zumal wenn ſowohl Biſchof und
Domherren als die Unterthanen im Lande ſelbſt in Anſehung
der Religion andere Geſinnungen bekamen. — XI. Darin
wollten aber die Catholiſchen durchaus nicht nachgeben. —
Alſo ruͤckte Ferdinand, als eine Art von Machtſpruch, den
ſo genannten geiſtlichen Vorbehalt in den Religionsfrieden; —
XII. der aber an ſich gleich unverbindlich, und leider nur die
Quelle unuͤberſehlicher neuer Streitigkeiten war.
Noch ein wichtiger Gegenſtand des Religions-
friedens war endlich der Streit, der wegen
der geiſtlichen Stiftungen zwiſchen beiden Reli-
gionstheilen entſtanden war. Die meiſten evan-
geliſchen Reichsſtaͤnde hatten nunmehr ſchon ſeit
mehreren Jahren nach dem Beyſpiele des Landgra-
fen von Heſſen die unter ihrer Landeshoheit gelege-
nen Stifter und Kloͤſter eingezogen, und zu Kir-
chen, Schulen und milden Sachen oder anderen
Anſtalten verwandt; — in der That nach Grund-
ſaͤtzen, die ſelbſt unter den Catholiſchen nicht ver-
kannt werden, ſofern ſowohl die Wohlfahrt des
Staates, als der wahre Vortheil der Religion
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/455>, abgerufen am 23.11.2024.
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