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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.
in Gestalt eines einigen Reichs unter sich errichtet
haben.


XIX.

Carl behielt immer sorgfältig die unterschiede-
nen Titulaturen 1) als Römischer Kaiser, 2) als
König der Franken, und 3) als König der Longo-
barden bey. Freylich mögen schon damals seine
Befehlshaber eine Ehre darin gesucht haben, daß
sie den Kaiser zum Herrn hatten, so wie seit 1701.
nicht mehr Churbrandenburgische, sondern königlich
Preussische Truppen genannt werden, oder wie im
Churbraunschweigischen jeder Beamter an der Ehre
Theil nimmt, sich königlicher Beamter nennen zu
laßen, ob er gleich nicht von der Krone Großbri-
tannien abhängt, sondern nur zu des Königs chur-
fürstlichen oder herzoglich Bremischen und anderen
Ländern gehöret. Zuverläßig dachte aber zu Carls
Zeiten wohl noch niemand daran, daß sein Frän-
kisches Reich oder unser jetziges Teutschland durch
den von ihm angenommenen Titel eines Römi-
schen Kaisers gleichsam in das Römische Reich ver-
wandelt, oder auch mit diesem auf den Fuß einer
Realvereinigung verbunden seyn sollte. Wenn
Carl auch vielleicht zu Rom in Sachen, welche die
dortige Regierung betrafen, sich als Nachfolger der
ehemaligen Römischen Kaiser ansehen konnte; so
that er es doch gewiß nicht in Fränkischen und
Teutschen Sachen. Georg der I. war als König
von Großbritannien freylich ein Nachfolger der
Königinn Anna; wem wollte es aber deswegen
einfallen, von Parlamentsacten dieser Königinn
nunmehr in Hannoverischen Landessachen Gebrauch
zu machen? -- Und doch hat man in späteren

Zeiten

I. Alte Zeiten bis 888.
in Geſtalt eines einigen Reichs unter ſich errichtet
haben.


XIX.

Carl behielt immer ſorgfaͤltig die unterſchiede-
nen Titulaturen 1) als Roͤmiſcher Kaiſer, 2) als
Koͤnig der Franken, und 3) als Koͤnig der Longo-
barden bey. Freylich moͤgen ſchon damals ſeine
Befehlshaber eine Ehre darin geſucht haben, daß
ſie den Kaiſer zum Herrn hatten, ſo wie ſeit 1701.
nicht mehr Churbrandenburgiſche, ſondern koͤniglich
Preuſſiſche Truppen genannt werden, oder wie im
Churbraunſchweigiſchen jeder Beamter an der Ehre
Theil nimmt, ſich koͤniglicher Beamter nennen zu
laßen, ob er gleich nicht von der Krone Großbri-
tannien abhaͤngt, ſondern nur zu des Koͤnigs chur-
fuͤrſtlichen oder herzoglich Bremiſchen und anderen
Laͤndern gehoͤret. Zuverlaͤßig dachte aber zu Carls
Zeiten wohl noch niemand daran, daß ſein Fraͤn-
kiſches Reich oder unſer jetziges Teutſchland durch
den von ihm angenommenen Titel eines Roͤmi-
ſchen Kaiſers gleichſam in das Roͤmiſche Reich ver-
wandelt, oder auch mit dieſem auf den Fuß einer
Realvereinigung verbunden ſeyn ſollte. Wenn
Carl auch vielleicht zu Rom in Sachen, welche die
dortige Regierung betrafen, ſich als Nachfolger der
ehemaligen Roͤmiſchen Kaiſer anſehen konnte; ſo
that er es doch gewiß nicht in Fraͤnkiſchen und
Teutſchen Sachen. Georg der I. war als Koͤnig
von Großbritannien freylich ein Nachfolger der
Koͤniginn Anna; wem wollte es aber deswegen
einfallen, von Parlamentsacten dieſer Koͤniginn
nunmehr in Hannoveriſchen Landesſachen Gebrauch
zu machen? — Und doch hat man in ſpaͤteren

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[64/0098] I. Alte Zeiten bis 888. in Geſtalt eines einigen Reichs unter ſich errichtet haben. Carl behielt immer ſorgfaͤltig die unterſchiede- nen Titulaturen 1) als Roͤmiſcher Kaiſer, 2) als Koͤnig der Franken, und 3) als Koͤnig der Longo- barden bey. Freylich moͤgen ſchon damals ſeine Befehlshaber eine Ehre darin geſucht haben, daß ſie den Kaiſer zum Herrn hatten, ſo wie ſeit 1701. nicht mehr Churbrandenburgiſche, ſondern koͤniglich Preuſſiſche Truppen genannt werden, oder wie im Churbraunſchweigiſchen jeder Beamter an der Ehre Theil nimmt, ſich koͤniglicher Beamter nennen zu laßen, ob er gleich nicht von der Krone Großbri- tannien abhaͤngt, ſondern nur zu des Koͤnigs chur- fuͤrſtlichen oder herzoglich Bremiſchen und anderen Laͤndern gehoͤret. Zuverlaͤßig dachte aber zu Carls Zeiten wohl noch niemand daran, daß ſein Fraͤn- kiſches Reich oder unſer jetziges Teutſchland durch den von ihm angenommenen Titel eines Roͤmi- ſchen Kaiſers gleichſam in das Roͤmiſche Reich ver- wandelt, oder auch mit dieſem auf den Fuß einer Realvereinigung verbunden ſeyn ſollte. Wenn Carl auch vielleicht zu Rom in Sachen, welche die dortige Regierung betrafen, ſich als Nachfolger der ehemaligen Roͤmiſchen Kaiſer anſehen konnte; ſo that er es doch gewiß nicht in Fraͤnkiſchen und Teutſchen Sachen. Georg der I. war als Koͤnig von Großbritannien freylich ein Nachfolger der Koͤniginn Anna; wem wollte es aber deswegen einfallen, von Parlamentsacten dieſer Koͤniginn nunmehr in Hannoveriſchen Landesſachen Gebrauch zu machen? — Und doch hat man in ſpaͤteren Zeiten

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/98>, abgerufen am 21.11.2024.