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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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4) Religionsverhältnisse.
oder evangelische Glaubensgenossen in ihrem würkli-
chen Besitze befunden hatten (p). Damit ward auch
nunmehr für die Zukunft der bisherige Streit über
den geistlichen Vorbehalt dergestalt erlediget, daß es
von nun an dabey blieb, daß, wenn der Inhaber
irgend einer geistlichen Stelle seine Religion verän-
derte, auch der Verlust der Stelle davon abhieng,
und ein anderer von eben der Religion, die der
Abgegangene verlaßen, an dessen Stelle genommen
werden solle. Auch über alle mittelbare Klöster
oder andere Stiftungen mit allen ihren Zugehören
sollte bloß der würkliche Besitzstand, wie er am
1. Jan. 1624. gewesen, für beständig zur alleinigen
Richtschnur dienen.

Selbst die Ausübung der geistlichen Gericht-VIII.
barkeit ward in soweit nach dem Entscheidungs-
jahre bestimmt, daß über catholische Unterthanen

evan-
(p) Von unmittelbaren Bisthümern behielten
die Evangelischen vermöge dieser Verordnung nur
das zu Lübeck, wo zur Zeit des Westphälischen
Friedens der Prinz Johannes von Holstein-Got-
torp Bischof war. Mit demselben hatte das Dom-
capitel zu Lübeck am 6. Jul. 1647. einen Vertrag
errichtet, daß nach ihm und dem damaligen Coad-
jutor noch sechs Bischöfe aus dem Hause Holstein-
Gottorp gewehlet werden sollten. Lünigs Reichs-
arch. part. spec. Th. 1. S. 551., Imhof notitia
procerum imperii
lib. 1. cap. 23. §. 6. p.
196. Zu
Meissen, Merseburg, Naumburg, Brandenburg
und Havelberg blieben zwar evangelische Domca-
pitel; aber die Bisthümer, deren drey ersten das
Haus Sachsen, den beiden anderen das Haus
Brandenburg die Reichsunmittelbarkeit bestritt,
waren zur Zeit des Entscheidungsjahrs schon in
Administration von Herren dieser beiden Häuser.
E 3

4) Religionsverhaͤltniſſe.
oder evangeliſche Glaubensgenoſſen in ihrem wuͤrkli-
chen Beſitze befunden hatten (p). Damit ward auch
nunmehr fuͤr die Zukunft der bisherige Streit uͤber
den geiſtlichen Vorbehalt dergeſtalt erlediget, daß es
von nun an dabey blieb, daß, wenn der Inhaber
irgend einer geiſtlichen Stelle ſeine Religion veraͤn-
derte, auch der Verluſt der Stelle davon abhieng,
und ein anderer von eben der Religion, die der
Abgegangene verlaßen, an deſſen Stelle genommen
werden ſolle. Auch uͤber alle mittelbare Kloͤſter
oder andere Stiftungen mit allen ihren Zugehoͤren
ſollte bloß der wuͤrkliche Beſitzſtand, wie er am
1. Jan. 1624. geweſen, fuͤr beſtaͤndig zur alleinigen
Richtſchnur dienen.

Selbſt die Ausuͤbung der geiſtlichen Gericht-VIII.
barkeit ward in ſoweit nach dem Entſcheidungs-
jahre beſtimmt, daß uͤber catholiſche Unterthanen

evan-
(p) Von unmittelbaren Biſthuͤmern behielten
die Evangeliſchen vermoͤge dieſer Verordnung nur
das zu Luͤbeck, wo zur Zeit des Weſtphaͤliſchen
Friedens der Prinz Johannes von Holſtein-Got-
torp Biſchof war. Mit demſelben hatte das Dom-
capitel zu Luͤbeck am 6. Jul. 1647. einen Vertrag
errichtet, daß nach ihm und dem damaligen Coad-
jutor noch ſechs Biſchoͤfe aus dem Hauſe Holſtein-
Gottorp gewehlet werden ſollten. Luͤnigs Reichs-
arch. part. ſpec. Th. 1. S. 551., Imhof notitia
procerum imperii
lib. 1. cap. 23. §. 6. p.
196. Zu
Meiſſen, Merſeburg, Naumburg, Brandenburg
und Havelberg blieben zwar evangeliſche Domca-
pitel; aber die Biſthuͤmer, deren drey erſten das
Haus Sachſen, den beiden anderen das Haus
Brandenburg die Reichsunmittelbarkeit beſtritt,
waren zur Zeit des Entſcheidungsjahrs ſchon in
Adminiſtration von Herren dieſer beiden Haͤuſer.
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[69/0111] 4) Religionsverhaͤltniſſe. oder evangeliſche Glaubensgenoſſen in ihrem wuͤrkli- chen Beſitze befunden hatten (p). Damit ward auch nunmehr fuͤr die Zukunft der bisherige Streit uͤber den geiſtlichen Vorbehalt dergeſtalt erlediget, daß es von nun an dabey blieb, daß, wenn der Inhaber irgend einer geiſtlichen Stelle ſeine Religion veraͤn- derte, auch der Verluſt der Stelle davon abhieng, und ein anderer von eben der Religion, die der Abgegangene verlaßen, an deſſen Stelle genommen werden ſolle. Auch uͤber alle mittelbare Kloͤſter oder andere Stiftungen mit allen ihren Zugehoͤren ſollte bloß der wuͤrkliche Beſitzſtand, wie er am 1. Jan. 1624. geweſen, fuͤr beſtaͤndig zur alleinigen Richtſchnur dienen. Selbſt die Ausuͤbung der geiſtlichen Gericht- barkeit ward in ſoweit nach dem Entſcheidungs- jahre beſtimmt, daß uͤber catholiſche Unterthanen evan- VIII. (p) Von unmittelbaren Biſthuͤmern behielten die Evangeliſchen vermoͤge dieſer Verordnung nur das zu Luͤbeck, wo zur Zeit des Weſtphaͤliſchen Friedens der Prinz Johannes von Holſtein-Got- torp Biſchof war. Mit demſelben hatte das Dom- capitel zu Luͤbeck am 6. Jul. 1647. einen Vertrag errichtet, daß nach ihm und dem damaligen Coad- jutor noch ſechs Biſchoͤfe aus dem Hauſe Holſtein- Gottorp gewehlet werden ſollten. Luͤnigs Reichs- arch. part. ſpec. Th. 1. S. 551., Imhof notitia procerum imperii lib. 1. cap. 23. §. 6. p. 196. Zu Meiſſen, Merſeburg, Naumburg, Brandenburg und Havelberg blieben zwar evangeliſche Domca- pitel; aber die Biſthuͤmer, deren drey erſten das Haus Sachſen, den beiden anderen das Haus Brandenburg die Reichsunmittelbarkeit beſtritt, waren zur Zeit des Entſcheidungsjahrs ſchon in Adminiſtration von Herren dieſer beiden Haͤuſer. E 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/111>, abgerufen am 09.11.2024.