der Religionsfriede aufgehoben hatte, begriffen wis- sen wollten, sondern zu anderen Gegenständen ihrer Dioecesanrechte rechneten. Jetzt waren sowohl evangelische Reichsstände als ihre Unterthanen für dergleichen Ansprüche auf beständig gesichert.
Was hernach die unter beiden Religionsthei-X. len eben so sehr bestrittene Frage anbetraf, wie es mit der Religionsübung evangelischer Untertha- nen unter catholischen Landesherren gehalten wer- den sollte? so ward auch da zum Entscheidungs- ziele angenommen, daß solche Unterthanen, die nur in irgend einem Theile des ganzen Jahres 1624. ihren öffentlichen oder Privatgottesdienst gehabt, denselben mit allen Zugehören behalten sollten. Wo sie im Jahre 1624. gar keine Religionsübung gehabt, sollte ihnen frey gelaßen werden, aus dem Lande wegzuziehen, oder auch dem Landesherrn unbenommen bleiben, ihnen den Abzug aus dem Lande anzubefehlen. Doch sollte auch alsdann den Unterthanen, nachdem sie schon vor dem West- phälischen Frieden ihrer Religion zugethan gewesen, oder erst nachher sich dazu gewandt hätten, eine Zeit von fünf oder drey Jahren zum Abzuge gestat- tet, auch weder mit ungebührlichen Abgaben, noch mit Versagung ihrer benöthigten Zeugnisse und Kundschaften, noch mit Einschränkung der Frey- heit ihre Güter zu verkaufen, oder ferner verwal- ten zu laßen, und deshalb ab- und zuzureisen, et- was in Weg gelegt werden.
Sofern aber weder von gezwungenem noch frey-XI. willigem Abzuge die Frage sey, sollten solche Unter- thanen auch da, wo sie im Jahre 1624. gar keine
Re-
E 4
4) Religionsverhaͤltniſſe.
der Religionsfriede aufgehoben hatte, begriffen wiſ- ſen wollten, ſondern zu anderen Gegenſtaͤnden ihrer Dioeceſanrechte rechneten. Jetzt waren ſowohl evangeliſche Reichsſtaͤnde als ihre Unterthanen fuͤr dergleichen Anſpruͤche auf beſtaͤndig geſichert.
Was hernach die unter beiden Religionsthei-X. len eben ſo ſehr beſtrittene Frage anbetraf, wie es mit der Religionsuͤbung evangeliſcher Untertha- nen unter catholiſchen Landesherren gehalten wer- den ſollte? ſo ward auch da zum Entſcheidungs- ziele angenommen, daß ſolche Unterthanen, die nur in irgend einem Theile des ganzen Jahres 1624. ihren oͤffentlichen oder Privatgottesdienſt gehabt, denſelben mit allen Zugehoͤren behalten ſollten. Wo ſie im Jahre 1624. gar keine Religionsuͤbung gehabt, ſollte ihnen frey gelaßen werden, aus dem Lande wegzuziehen, oder auch dem Landesherrn unbenommen bleiben, ihnen den Abzug aus dem Lande anzubefehlen. Doch ſollte auch alsdann den Unterthanen, nachdem ſie ſchon vor dem Weſt- phaͤliſchen Frieden ihrer Religion zugethan geweſen, oder erſt nachher ſich dazu gewandt haͤtten, eine Zeit von fuͤnf oder drey Jahren zum Abzuge geſtat- tet, auch weder mit ungebuͤhrlichen Abgaben, noch mit Verſagung ihrer benoͤthigten Zeugniſſe und Kundſchaften, noch mit Einſchraͤnkung der Frey- heit ihre Guͤter zu verkaufen, oder ferner verwal- ten zu laßen, und deshalb ab- und zuzureiſen, et- was in Weg gelegt werden.
Sofern aber weder von gezwungenem noch frey-XI. willigem Abzuge die Frage ſey, ſollten ſolche Unter- thanen auch da, wo ſie im Jahre 1624. gar keine
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4) Religionsverhaͤltniſſe.
der Religionsfriede aufgehoben hatte, begriffen wiſ-
ſen wollten, ſondern zu anderen Gegenſtaͤnden ihrer
Dioeceſanrechte rechneten. Jetzt waren ſowohl
evangeliſche Reichsſtaͤnde als ihre Unterthanen fuͤr
dergleichen Anſpruͤche auf beſtaͤndig geſichert.
Was hernach die unter beiden Religionsthei-
len eben ſo ſehr beſtrittene Frage anbetraf, wie es
mit der Religionsuͤbung evangeliſcher Untertha-
nen unter catholiſchen Landesherren gehalten wer-
den ſollte? ſo ward auch da zum Entſcheidungs-
ziele angenommen, daß ſolche Unterthanen, die
nur in irgend einem Theile des ganzen Jahres 1624.
ihren oͤffentlichen oder Privatgottesdienſt gehabt,
denſelben mit allen Zugehoͤren behalten ſollten.
Wo ſie im Jahre 1624. gar keine Religionsuͤbung
gehabt, ſollte ihnen frey gelaßen werden, aus dem
Lande wegzuziehen, oder auch dem Landesherrn
unbenommen bleiben, ihnen den Abzug aus dem
Lande anzubefehlen. Doch ſollte auch alsdann
den Unterthanen, nachdem ſie ſchon vor dem Weſt-
phaͤliſchen Frieden ihrer Religion zugethan geweſen,
oder erſt nachher ſich dazu gewandt haͤtten, eine
Zeit von fuͤnf oder drey Jahren zum Abzuge geſtat-
tet, auch weder mit ungebuͤhrlichen Abgaben, noch
mit Verſagung ihrer benoͤthigten Zeugniſſe und
Kundſchaften, noch mit Einſchraͤnkung der Frey-
heit ihre Guͤter zu verkaufen, oder ferner verwal-
ten zu laßen, und deshalb ab- und zuzureiſen, et-
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willigem Abzuge die Frage ſey, ſollten ſolche Unter-
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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