Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

6) Reichstag u. C. G.
So wurde es bald in Gesetzen zur Nothwendig-
keit gemacht, daß allezeit zwey Grafen oder Frey-
herren am Cammergerichte seyn sollten, um in
denen Senaten, worin der Cammerrichter nicht
gegenwärtig sey, den Vorsitz zu führen, und be-
nöthigten Falls überhaupt des Cammerrichters
Stelle vertreten zu können. Nun nannte man sie
die präsidirenden Beysitzer, und endlich Cammer-
gerichtspräsidenten.
Ihre Präsentation ward
aber dem Kaiser überlaßen. So ward ihrer nun
auch im Westphälischen Frieden gedacht, und zwar
so, daß nach Verhältniß der 50. Assessoren 4. Prä-
sidenten, 2. catholische und 2. evangelische vom
Kaiser ernannt werden sollten (t).

Die Cammerrichtersstelle ließ sich zwar nichtX.
vertheilen, und blieb billig der Ernennung des
Kaisers allein überlaßen. Es war aber doch
schon in Vorschlag gewesen, abwechselnd einmal
einen catholischen, und das anderemal einen evan-
gelischen Cammerrichter anzusetzen (u), wobey das

Cam-
(t) So gut der Kaiser verbindlich gemacht
werden konnte, zwey evangelische Präsidenten zu
ernennen; eben so gut hätten auch die beiden
Beysitzer, die der Kaiser zu präsentiren haben
sollte, von beiden Religionen seyn können, um
alle 50. Beysitzer in völlig gleicher Anzahl beider
Religionen zu haben. So aber blieb doch das
ungleiche Verhältniß 26. catholischer und nur 24.
evangelischer Beysitzer, das man auch seitdem
nie gehoben hat.
(u) Besage des Prager Friedens (1635.) §. 26.
hatte Chursachsen darauf angetragen: daß nach
dem damaligen catholischen Cammerrichter ein
Augsburgischer Confessionsverwandter, und nach
Ab-

6) Reichstag u. C. G.
So wurde es bald in Geſetzen zur Nothwendig-
keit gemacht, daß allezeit zwey Grafen oder Frey-
herren am Cammergerichte ſeyn ſollten, um in
denen Senaten, worin der Cammerrichter nicht
gegenwaͤrtig ſey, den Vorſitz zu fuͤhren, und be-
noͤthigten Falls uͤberhaupt des Cammerrichters
Stelle vertreten zu koͤnnen. Nun nannte man ſie
die praͤſidirenden Beyſitzer, und endlich Cammer-
gerichtspraͤſidenten.
Ihre Praͤſentation ward
aber dem Kaiſer uͤberlaßen. So ward ihrer nun
auch im Weſtphaͤliſchen Frieden gedacht, und zwar
ſo, daß nach Verhaͤltniß der 50. Aſſeſſoren 4. Praͤ-
ſidenten, 2. catholiſche und 2. evangeliſche vom
Kaiſer ernannt werden ſollten (t).

Die Cammerrichtersſtelle ließ ſich zwar nichtX.
vertheilen, und blieb billig der Ernennung des
Kaiſers allein uͤberlaßen. Es war aber doch
ſchon in Vorſchlag geweſen, abwechſelnd einmal
einen catholiſchen, und das anderemal einen evan-
geliſchen Cammerrichter anzuſetzen (u), wobey das

Cam-
(t) So gut der Kaiſer verbindlich gemacht
werden konnte, zwey evangeliſche Praͤſidenten zu
ernennen; eben ſo gut haͤtten auch die beiden
Beyſitzer, die der Kaiſer zu praͤſentiren haben
ſollte, von beiden Religionen ſeyn koͤnnen, um
alle 50. Beyſitzer in voͤllig gleicher Anzahl beider
Religionen zu haben. So aber blieb doch das
ungleiche Verhaͤltniß 26. catholiſcher und nur 24.
evangeliſcher Beyſitzer, das man auch ſeitdem
nie gehoben hat.
(u) Beſage des Prager Friedens (1635.) §. 26.
hatte Churſachſen darauf angetragen: daß nach
dem damaligen catholiſchen Cammerrichter ein
Augsburgiſcher Confeſſionsverwandter, und nach
Ab-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="93"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6) Reichstag u. C. G.</hi></fw><lb/>
So wurde es bald in Ge&#x017F;etzen zur Nothwendig-<lb/>
keit gemacht, daß allezeit zwey Grafen oder Frey-<lb/>
herren am Cammergerichte &#x017F;eyn &#x017F;ollten, um in<lb/>
denen Senaten, worin der Cammerrichter nicht<lb/>
gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;ey, den Vor&#x017F;itz zu fu&#x0364;hren, und be-<lb/>
no&#x0364;thigten Falls u&#x0364;berhaupt des Cammerrichters<lb/>
Stelle vertreten zu ko&#x0364;nnen. Nun nannte man &#x017F;ie<lb/>
die pra&#x0364;&#x017F;idirenden Bey&#x017F;itzer, und endlich <hi rendition="#fr">Cammer-<lb/>
gerichtspra&#x0364;&#x017F;identen.</hi> Ihre Pra&#x0364;&#x017F;entation ward<lb/>
aber dem Kai&#x017F;er u&#x0364;berlaßen. So ward ihrer nun<lb/>
auch im We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Frieden gedacht, und zwar<lb/>
&#x017F;o, daß nach Verha&#x0364;ltniß der 50. A&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;oren 4. Pra&#x0364;-<lb/>
&#x017F;identen, 2. catholi&#x017F;che und 2. evangeli&#x017F;che vom<lb/>
Kai&#x017F;er ernannt werden &#x017F;ollten <note place="foot" n="(t)">So gut der Kai&#x017F;er verbindlich gemacht<lb/>
werden konnte, zwey evangeli&#x017F;che Pra&#x0364;&#x017F;identen zu<lb/>
ernennen; eben &#x017F;o gut ha&#x0364;tten auch die beiden<lb/>
Bey&#x017F;itzer, die der Kai&#x017F;er zu pra&#x0364;&#x017F;entiren haben<lb/>
&#x017F;ollte, von beiden Religionen &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, um<lb/>
alle 50. Bey&#x017F;itzer in vo&#x0364;llig gleicher Anzahl beider<lb/>
Religionen zu haben. So aber blieb doch das<lb/>
ungleiche Verha&#x0364;ltniß 26. catholi&#x017F;cher und nur 24.<lb/>
evangeli&#x017F;cher Bey&#x017F;itzer, das man auch &#x017F;eitdem<lb/>
nie gehoben hat.</note>.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#fr">Cammerrichters&#x017F;telle</hi> ließ &#x017F;ich zwar nicht<note place="right"><hi rendition="#aq">X.</hi></note><lb/>
vertheilen, und blieb billig der Ernennung des<lb/>
Kai&#x017F;ers allein u&#x0364;berlaßen. Es war aber doch<lb/>
&#x017F;chon in Vor&#x017F;chlag gewe&#x017F;en, abwech&#x017F;elnd einmal<lb/>
einen catholi&#x017F;chen, und das anderemal einen evan-<lb/>
geli&#x017F;chen Cammerrichter anzu&#x017F;etzen <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="(u)">Be&#x017F;age des Prager Friedens (1635.) §. 26.<lb/>
hatte Chur&#x017F;ach&#x017F;en darauf angetragen: daß nach<lb/>
dem damaligen catholi&#x017F;chen Cammerrichter ein<lb/>
Augsburgi&#x017F;cher Confe&#x017F;&#x017F;ionsverwandter, und nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ab-</fw></note>, wobey das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Cam-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0135] 6) Reichstag u. C. G. So wurde es bald in Geſetzen zur Nothwendig- keit gemacht, daß allezeit zwey Grafen oder Frey- herren am Cammergerichte ſeyn ſollten, um in denen Senaten, worin der Cammerrichter nicht gegenwaͤrtig ſey, den Vorſitz zu fuͤhren, und be- noͤthigten Falls uͤberhaupt des Cammerrichters Stelle vertreten zu koͤnnen. Nun nannte man ſie die praͤſidirenden Beyſitzer, und endlich Cammer- gerichtspraͤſidenten. Ihre Praͤſentation ward aber dem Kaiſer uͤberlaßen. So ward ihrer nun auch im Weſtphaͤliſchen Frieden gedacht, und zwar ſo, daß nach Verhaͤltniß der 50. Aſſeſſoren 4. Praͤ- ſidenten, 2. catholiſche und 2. evangeliſche vom Kaiſer ernannt werden ſollten (t). Die Cammerrichtersſtelle ließ ſich zwar nicht vertheilen, und blieb billig der Ernennung des Kaiſers allein uͤberlaßen. Es war aber doch ſchon in Vorſchlag geweſen, abwechſelnd einmal einen catholiſchen, und das anderemal einen evan- geliſchen Cammerrichter anzuſetzen (u), wobey das Cam- X. (t) So gut der Kaiſer verbindlich gemacht werden konnte, zwey evangeliſche Praͤſidenten zu ernennen; eben ſo gut haͤtten auch die beiden Beyſitzer, die der Kaiſer zu praͤſentiren haben ſollte, von beiden Religionen ſeyn koͤnnen, um alle 50. Beyſitzer in voͤllig gleicher Anzahl beider Religionen zu haben. So aber blieb doch das ungleiche Verhaͤltniß 26. catholiſcher und nur 24. evangeliſcher Beyſitzer, das man auch ſeitdem nie gehoben hat. (u) Beſage des Prager Friedens (1635.) §. 26. hatte Churſachſen darauf angetragen: daß nach dem damaligen catholiſchen Cammerrichter ein Augsburgiſcher Confeſſionsverwandter, und nach Ab-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/135
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/135>, abgerufen am 21.11.2024.