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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VII. Neuere Zeit. Westph. Fr. 1648.
gens jemands Gerichtbarkeit und der Verwaltung
der Gerechtigkeit Abbruch zu thun.


XI.

Durch diese Stelle, welche sowohl im Mün-
sterischen als Osnabrückischen Frieden gleichlautend
eingerückt wurde, bekamen vors erste die beiden Kro-
nen Frankreich und Schweden die Pflicht und das
Recht der Gewährleistung über den ganzen In-
halt des Friedens, und also beynahe über die ganze
Reichsverfassung; -- freylich nur in so weit, als
der Westphälische Friede etwas bestimmte, dessen Ue-
bertretung hernach in Frage käme, ohne über diese
Gränze hinaus sich in Reichssachen mengen zu
dürfen. -- So konnten z. B. beide Kronen aller-
dings darüber wachen, daß die Churfürsten sich
nicht entziehen durften, über die Art und Weise
der Römischen Königswahl mit den Fürsten sich in
Unterhandlung einzulaßen. Da aber dieses Ge-
schäfft mit dem 1711. geschlossenen Vergleiche seine
Endschaft erreicht hat; ob jetzt dennoch die Krone
Frankreich noch berechtiget sey, jede einzelne Rö-
mische Königswahl als einen Gegenstand der Ga-
rantie des Friedens anzusehen, das ist eine andere
Frage. Doch wenn nun diese auswärtige Kronen
behaupten, es sey ein Fall der Garantie vorhan-
den, und wenn man dann auch in Teutschland
das Gegentheil glaubt; wer soll da entscheiden?
So laßen sich Fälle denken, wo selbst diese Fra-
ge nicht anders als durch das Glück der Waffen zu
entscheiden seyn würde.


XII.

Es ist aber ferner diese Gewehrleistung des
Friedens nicht etwa nur den beiden Kronen auf-
getragen, sondern allen und jeden Theilhabern des

Frie-

VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
gens jemands Gerichtbarkeit und der Verwaltung
der Gerechtigkeit Abbruch zu thun.


XI.

Durch dieſe Stelle, welche ſowohl im Muͤn-
ſteriſchen als Osnabruͤckiſchen Frieden gleichlautend
eingeruͤckt wurde, bekamen vors erſte die beiden Kro-
nen Frankreich und Schweden die Pflicht und das
Recht der Gewaͤhrleiſtung uͤber den ganzen In-
halt des Friedens, und alſo beynahe uͤber die ganze
Reichsverfaſſung; — freylich nur in ſo weit, als
der Weſtphaͤliſche Friede etwas beſtimmte, deſſen Ue-
bertretung hernach in Frage kaͤme, ohne uͤber dieſe
Graͤnze hinaus ſich in Reichsſachen mengen zu
duͤrfen. — So konnten z. B. beide Kronen aller-
dings daruͤber wachen, daß die Churfuͤrſten ſich
nicht entziehen durften, uͤber die Art und Weiſe
der Roͤmiſchen Koͤnigswahl mit den Fuͤrſten ſich in
Unterhandlung einzulaßen. Da aber dieſes Ge-
ſchaͤfft mit dem 1711. geſchloſſenen Vergleiche ſeine
Endſchaft erreicht hat; ob jetzt dennoch die Krone
Frankreich noch berechtiget ſey, jede einzelne Roͤ-
miſche Koͤnigswahl als einen Gegenſtand der Ga-
rantie des Friedens anzuſehen, das iſt eine andere
Frage. Doch wenn nun dieſe auswaͤrtige Kronen
behaupten, es ſey ein Fall der Garantie vorhan-
den, und wenn man dann auch in Teutſchland
das Gegentheil glaubt; wer ſoll da entſcheiden?
So laßen ſich Faͤlle denken, wo ſelbſt dieſe Fra-
ge nicht anders als durch das Gluͤck der Waffen zu
entſcheiden ſeyn wuͤrde.


XII.

Es iſt aber ferner dieſe Gewehrleiſtung des
Friedens nicht etwa nur den beiden Kronen auf-
getragen, ſondern allen und jeden Theilhabern des

Frie-
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[146/0188] VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648. gens jemands Gerichtbarkeit und der Verwaltung der Gerechtigkeit Abbruch zu thun. Durch dieſe Stelle, welche ſowohl im Muͤn- ſteriſchen als Osnabruͤckiſchen Frieden gleichlautend eingeruͤckt wurde, bekamen vors erſte die beiden Kro- nen Frankreich und Schweden die Pflicht und das Recht der Gewaͤhrleiſtung uͤber den ganzen In- halt des Friedens, und alſo beynahe uͤber die ganze Reichsverfaſſung; — freylich nur in ſo weit, als der Weſtphaͤliſche Friede etwas beſtimmte, deſſen Ue- bertretung hernach in Frage kaͤme, ohne uͤber dieſe Graͤnze hinaus ſich in Reichsſachen mengen zu duͤrfen. — So konnten z. B. beide Kronen aller- dings daruͤber wachen, daß die Churfuͤrſten ſich nicht entziehen durften, uͤber die Art und Weiſe der Roͤmiſchen Koͤnigswahl mit den Fuͤrſten ſich in Unterhandlung einzulaßen. Da aber dieſes Ge- ſchaͤfft mit dem 1711. geſchloſſenen Vergleiche ſeine Endſchaft erreicht hat; ob jetzt dennoch die Krone Frankreich noch berechtiget ſey, jede einzelne Roͤ- miſche Koͤnigswahl als einen Gegenſtand der Ga- rantie des Friedens anzuſehen, das iſt eine andere Frage. Doch wenn nun dieſe auswaͤrtige Kronen behaupten, es ſey ein Fall der Garantie vorhan- den, und wenn man dann auch in Teutſchland das Gegentheil glaubt; wer ſoll da entſcheiden? So laßen ſich Faͤlle denken, wo ſelbſt dieſe Fra- ge nicht anders als durch das Gluͤck der Waffen zu entſcheiden ſeyn wuͤrde. Es iſt aber ferner dieſe Gewehrleiſtung des Friedens nicht etwa nur den beiden Kronen auf- getragen, ſondern allen und jeden Theilhabern des Frie-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/188>, abgerufen am 24.11.2024.