Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Folgen d. Westph. Fr. 1648-1657.
wenstein, welche die Grafschaft Wertheim gemein-
schaftlich besaßen, ein Graf Johann Dieterich,
der in Spanischen Kriegsdiensten war, schon im
Jahre 1621. sich zur catholischen Religion bekannt,
aber bis ins Jahr 1631. sich in einer Niederlän-
dischen Herrschaft Rochefort aufgehalten hatte.
Als derselbe hernach zu Wertheim wider Willen
seiner evangelischen Stammsvettern und Mitregen-
ten das catholische Simultaneum einführen woll-
te; kam es auch da zur Sprache.


XVI.

Alle diese Fälle waren jedoch nur geringe Vor-
spiele von dem, was nachher noch nach diesen
Grundsätzen durchgesetzt worden; wobey sich deut-
lich wahrnehmen läßt, wie man, vielleicht mit gu-
tem Vorbedachte, stuffenweise nach und nach da-
mit zu Werk gegangen ist. Ungeachtet der Hil-
desheimische Fall deutlich gnug zeigt, daß man
catholischer Seits diese Grundsätze schon vor Er-
öffnung der Friedenscongresse zu Münster und Os-
nabrück geheget hat; so geschah doch bey den Frie-
denshandlungen selber keine Aeusserung davon;
wahrscheinlich um nicht etwa zu veranlaßen, daß
wohl gar das Gegentheil ausdrücklich im Frieden
verordnet werden möchte. Bey den Executions-
handlungen fieng man schon an, Versuche einer
für das Simultaneum günstigen Auslegung des
Friedens zu machen. Auf dem Reichstage 1653.
wurden nun eigene gleichsam problematisch geschie-
nene Fragen darüber aufgeworfen (o). Deren

Er-
(o) Von den Directorien der beiden höheren
Collegien wurden vier Fragen entworfen, folgen-
den wesentlichen Inhalts: I) Ob in Reichsstädten
ge-

VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
wenſtein, welche die Grafſchaft Wertheim gemein-
ſchaftlich beſaßen, ein Graf Johann Dieterich,
der in Spaniſchen Kriegsdienſten war, ſchon im
Jahre 1621. ſich zur catholiſchen Religion bekannt,
aber bis ins Jahr 1631. ſich in einer Niederlaͤn-
diſchen Herrſchaft Rochefort aufgehalten hatte.
Als derſelbe hernach zu Wertheim wider Willen
ſeiner evangeliſchen Stammsvettern und Mitregen-
ten das catholiſche Simultaneum einfuͤhren woll-
te; kam es auch da zur Sprache.


XVI.

Alle dieſe Faͤlle waren jedoch nur geringe Vor-
ſpiele von dem, was nachher noch nach dieſen
Grundſaͤtzen durchgeſetzt worden; wobey ſich deut-
lich wahrnehmen laͤßt, wie man, vielleicht mit gu-
tem Vorbedachte, ſtuffenweiſe nach und nach da-
mit zu Werk gegangen iſt. Ungeachtet der Hil-
desheimiſche Fall deutlich gnug zeigt, daß man
catholiſcher Seits dieſe Grundſaͤtze ſchon vor Er-
oͤffnung der Friedenscongreſſe zu Muͤnſter und Os-
nabruͤck geheget hat; ſo geſchah doch bey den Frie-
denshandlungen ſelber keine Aeuſſerung davon;
wahrſcheinlich um nicht etwa zu veranlaßen, daß
wohl gar das Gegentheil ausdruͤcklich im Frieden
verordnet werden moͤchte. Bey den Executions-
handlungen fieng man ſchon an, Verſuche einer
fuͤr das Simultaneum guͤnſtigen Auslegung des
Friedens zu machen. Auf dem Reichstage 1653.
wurden nun eigene gleichſam problematiſch geſchie-
nene Fragen daruͤber aufgeworfen (o). Deren

Er-
(o) Von den Directorien der beiden hoͤheren
Collegien wurden vier Fragen entworfen, folgen-
den weſentlichen Inhalts: I) Ob in Reichsſtaͤdten
ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0280" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Folgen d. We&#x017F;tph. Fr. 1648-1657.</hi></fw><lb/>
wen&#x017F;tein, welche die Graf&#x017F;chaft Wertheim gemein-<lb/>
&#x017F;chaftlich be&#x017F;aßen, ein Graf Johann Dieterich,<lb/>
der in Spani&#x017F;chen Kriegsdien&#x017F;ten war, &#x017F;chon im<lb/>
Jahre 1621. &#x017F;ich zur catholi&#x017F;chen Religion bekannt,<lb/>
aber bis ins Jahr 1631. &#x017F;ich in einer Niederla&#x0364;n-<lb/>
di&#x017F;chen Herr&#x017F;chaft Rochefort aufgehalten hatte.<lb/>
Als der&#x017F;elbe hernach zu Wertheim wider Willen<lb/>
&#x017F;einer evangeli&#x017F;chen Stammsvettern und Mitregen-<lb/>
ten das catholi&#x017F;che Simultaneum einfu&#x0364;hren woll-<lb/>
te; kam es auch da zur Sprache.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">XVI.</hi> </note>
          <p>Alle die&#x017F;e Fa&#x0364;lle waren jedoch nur geringe Vor-<lb/>
&#x017F;piele von dem, was nachher noch nach die&#x017F;en<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tzen durchge&#x017F;etzt worden; wobey &#x017F;ich deut-<lb/>
lich wahrnehmen la&#x0364;ßt, wie man, vielleicht mit gu-<lb/>
tem Vorbedachte, &#x017F;tuffenwei&#x017F;e nach und nach da-<lb/>
mit zu Werk gegangen i&#x017F;t. Ungeachtet der Hil-<lb/>
desheimi&#x017F;che Fall deutlich gnug zeigt, daß man<lb/>
catholi&#x017F;cher Seits die&#x017F;e Grund&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;chon vor Er-<lb/>
o&#x0364;ffnung der Friedenscongre&#x017F;&#x017F;e zu Mu&#x0364;n&#x017F;ter und Os-<lb/>
nabru&#x0364;ck geheget hat; &#x017F;o ge&#x017F;chah doch bey den Frie-<lb/>
denshandlungen &#x017F;elber keine Aeu&#x017F;&#x017F;erung davon;<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich um nicht etwa zu veranlaßen, daß<lb/>
wohl gar das Gegentheil ausdru&#x0364;cklich im Frieden<lb/>
verordnet werden mo&#x0364;chte. Bey den Executions-<lb/>
handlungen fieng man &#x017F;chon an, Ver&#x017F;uche einer<lb/>
fu&#x0364;r das Simultaneum gu&#x0364;n&#x017F;tigen Auslegung des<lb/>
Friedens zu machen. Auf dem Reichstage 1653.<lb/>
wurden nun eigene gleich&#x017F;am problemati&#x017F;ch ge&#x017F;chie-<lb/>
nene Fragen daru&#x0364;ber aufgeworfen <note xml:id="seg2pn_10_1" next="#seg2pn_10_2" place="foot" n="(o)">Von den Directorien der beiden ho&#x0364;heren<lb/>
Collegien wurden vier Fragen entworfen, folgen-<lb/>
den we&#x017F;entlichen Inhalts: <hi rendition="#aq">I)</hi> Ob in Reichs&#x017F;ta&#x0364;dten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw></note>. Deren<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Er-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0280] VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657. wenſtein, welche die Grafſchaft Wertheim gemein- ſchaftlich beſaßen, ein Graf Johann Dieterich, der in Spaniſchen Kriegsdienſten war, ſchon im Jahre 1621. ſich zur catholiſchen Religion bekannt, aber bis ins Jahr 1631. ſich in einer Niederlaͤn- diſchen Herrſchaft Rochefort aufgehalten hatte. Als derſelbe hernach zu Wertheim wider Willen ſeiner evangeliſchen Stammsvettern und Mitregen- ten das catholiſche Simultaneum einfuͤhren woll- te; kam es auch da zur Sprache. Alle dieſe Faͤlle waren jedoch nur geringe Vor- ſpiele von dem, was nachher noch nach dieſen Grundſaͤtzen durchgeſetzt worden; wobey ſich deut- lich wahrnehmen laͤßt, wie man, vielleicht mit gu- tem Vorbedachte, ſtuffenweiſe nach und nach da- mit zu Werk gegangen iſt. Ungeachtet der Hil- desheimiſche Fall deutlich gnug zeigt, daß man catholiſcher Seits dieſe Grundſaͤtze ſchon vor Er- oͤffnung der Friedenscongreſſe zu Muͤnſter und Os- nabruͤck geheget hat; ſo geſchah doch bey den Frie- denshandlungen ſelber keine Aeuſſerung davon; wahrſcheinlich um nicht etwa zu veranlaßen, daß wohl gar das Gegentheil ausdruͤcklich im Frieden verordnet werden moͤchte. Bey den Executions- handlungen fieng man ſchon an, Verſuche einer fuͤr das Simultaneum guͤnſtigen Auslegung des Friedens zu machen. Auf dem Reichstage 1653. wurden nun eigene gleichſam problematiſch geſchie- nene Fragen daruͤber aufgeworfen (o). Deren Er- (o) Von den Directorien der beiden hoͤheren Collegien wurden vier Fragen entworfen, folgen- den weſentlichen Inhalts: I) Ob in Reichsſtaͤdten ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/280
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/280>, abgerufen am 22.11.2024.