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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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13) Joseph der I. 1705-1711.
gegen dich als einen empörerischen Sohn verfah-
ren. Wenn du dich nicht schämest, die Kirche
und Gott selbst anzugreifen, und von der altväter-
lichen Frömmigkeit deines Hauses, insonderheit des
dem Römischen Stuhle so zugethan gewesenen Kai-
ser Leopolds abzuweichen, so wird eben der Gott,
der Reiche gibt, sie auch zerstöhren" (u). Allein
die Zeiten, da Bannflüche noch Kaiser zittern ma-
chen konnten, waren vorbey. Der Pabst mußte
sich zum Frieden und zu einem ganz andern Betra-
gen bequemen.

Ueberhaupt wäre jetzt für das catholischeVII.
Teutschland vielleicht ein erwünschter Zeitpunct ge-
wesen, um seine Kirchenfreyheit gegen die Grund-
sätze der Römischen Curialisten auf einen besseren
Fuß zu setzen, wenn Joseph länger gelebt hätte,
und -- keine Jesuiten gewesen wären. Doch die-
se bessere Aussichten schienen nur für Joseph den
zweyten aufgehoben zu seyn.



Weil die Churfürsten von Cölln und BaiernVIII.
mit der Krone Frankreich, nachdem gegen dieselbe
schon der Reichskrieg beschlossen war, gegen das
Haus Oesterreich gemeine Sache gemacht hatten;
so wurden nicht nur die Gesandten dieser beiden
Churfürsten schon unter Leopolden (1704. Aug.
28. und Sept. 4.) vom Reichstage weggeschafft;
sondern, nachdem auch das Kriegsglück ganz
Baiern unter kaiserliche Administration gebracht
hatte, wurden alle Anstalten gemacht beide Chur-

fürsten
(u) Fabers Staatscanzley Th. 13. S. 626.
A a 2

13) Joſeph der I. 1705-1711.
gegen dich als einen empoͤreriſchen Sohn verfah-
ren. Wenn du dich nicht ſchaͤmeſt, die Kirche
und Gott ſelbſt anzugreifen, und von der altvaͤter-
lichen Froͤmmigkeit deines Hauſes, inſonderheit des
dem Roͤmiſchen Stuhle ſo zugethan geweſenen Kai-
ſer Leopolds abzuweichen, ſo wird eben der Gott,
der Reiche gibt, ſie auch zerſtoͤhren” (u). Allein
die Zeiten, da Bannfluͤche noch Kaiſer zittern ma-
chen konnten, waren vorbey. Der Pabſt mußte
ſich zum Frieden und zu einem ganz andern Betra-
gen bequemen.

Ueberhaupt waͤre jetzt fuͤr das catholiſcheVII.
Teutſchland vielleicht ein erwuͤnſchter Zeitpunct ge-
weſen, um ſeine Kirchenfreyheit gegen die Grund-
ſaͤtze der Roͤmiſchen Curialiſten auf einen beſſeren
Fuß zu ſetzen, wenn Joſeph laͤnger gelebt haͤtte,
und — keine Jeſuiten geweſen waͤren. Doch die-
ſe beſſere Ausſichten ſchienen nur fuͤr Joſeph den
zweyten aufgehoben zu ſeyn.



Weil die Churfuͤrſten von Coͤlln und BaiernVIII.
mit der Krone Frankreich, nachdem gegen dieſelbe
ſchon der Reichskrieg beſchloſſen war, gegen das
Haus Oeſterreich gemeine Sache gemacht hatten;
ſo wurden nicht nur die Geſandten dieſer beiden
Churfuͤrſten ſchon unter Leopolden (1704. Aug.
28. und Sept. 4.) vom Reichstage weggeſchafft;
ſondern, nachdem auch das Kriegsgluͤck ganz
Baiern unter kaiſerliche Adminiſtration gebracht
hatte, wurden alle Anſtalten gemacht beide Chur-

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[371/0413] 13) Joſeph der I. 1705-1711. gegen dich als einen empoͤreriſchen Sohn verfah- ren. Wenn du dich nicht ſchaͤmeſt, die Kirche und Gott ſelbſt anzugreifen, und von der altvaͤter- lichen Froͤmmigkeit deines Hauſes, inſonderheit des dem Roͤmiſchen Stuhle ſo zugethan geweſenen Kai- ſer Leopolds abzuweichen, ſo wird eben der Gott, der Reiche gibt, ſie auch zerſtoͤhren” (u). Allein die Zeiten, da Bannfluͤche noch Kaiſer zittern ma- chen konnten, waren vorbey. Der Pabſt mußte ſich zum Frieden und zu einem ganz andern Betra- gen bequemen. Ueberhaupt waͤre jetzt fuͤr das catholiſche Teutſchland vielleicht ein erwuͤnſchter Zeitpunct ge- weſen, um ſeine Kirchenfreyheit gegen die Grund- ſaͤtze der Roͤmiſchen Curialiſten auf einen beſſeren Fuß zu ſetzen, wenn Joſeph laͤnger gelebt haͤtte, und — keine Jeſuiten geweſen waͤren. Doch die- ſe beſſere Ausſichten ſchienen nur fuͤr Joſeph den zweyten aufgehoben zu ſeyn. VII. Weil die Churfuͤrſten von Coͤlln und Baiern mit der Krone Frankreich, nachdem gegen dieſelbe ſchon der Reichskrieg beſchloſſen war, gegen das Haus Oeſterreich gemeine Sache gemacht hatten; ſo wurden nicht nur die Geſandten dieſer beiden Churfuͤrſten ſchon unter Leopolden (1704. Aug. 28. und Sept. 4.) vom Reichstage weggeſchafft; ſondern, nachdem auch das Kriegsgluͤck ganz Baiern unter kaiſerliche Adminiſtration gebracht hatte, wurden alle Anſtalten gemacht beide Chur- fuͤrſten VIII. (u) Fabers Staatscanzley Th. 13. S. 626. A a 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/413>, abgerufen am 22.11.2024.