Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.X. Carl der VI. 1711-1740. Reichsstände, große oder kleine, Churfürsten oderGrafen, haben alle einerley Landeshoheit. In keinem Reichsgesetze ist einem evangelischen Reichs- stande eine größere oder mehr umfassende Landes- hoheit beygelegt worden, als wie sie ein jeder ca- tholischer weltlicher Reichsstand hat. Darunter ist aber sicher keine geistliche Gerichtbarkeit begriffen. Diese wird auch von den geistlichen catholischen Für- sten nicht vermöge ihrer Landeshoheit ausgeübt; und eben so wenig von evangelischen Reichsständen. XXI. Was diese von dieser Art Rechte ausüben, das Ein
X. Carl der VI. 1711-1740. Reichsſtaͤnde, große oder kleine, Churfuͤrſten oderGrafen, haben alle einerley Landeshoheit. In keinem Reichsgeſetze iſt einem evangeliſchen Reichs- ſtande eine groͤßere oder mehr umfaſſende Landes- hoheit beygelegt worden, als wie ſie ein jeder ca- tholiſcher weltlicher Reichsſtand hat. Darunter iſt aber ſicher keine geiſtliche Gerichtbarkeit begriffen. Dieſe wird auch von den geiſtlichen catholiſchen Fuͤr- ſten nicht vermoͤge ihrer Landeshoheit ausgeuͤbt; und eben ſo wenig von evangeliſchen Reichsſtaͤnden. XXI. Was dieſe von dieſer Art Rechte ausuͤben, das Ein
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X. Carl der VI. 1711-1740.
Reichsſtaͤnde, große oder kleine, Churfuͤrſten oder
Grafen, haben alle einerley Landeshoheit. In
keinem Reichsgeſetze iſt einem evangeliſchen Reichs-
ſtande eine groͤßere oder mehr umfaſſende Landes-
hoheit beygelegt worden, als wie ſie ein jeder ca-
tholiſcher weltlicher Reichsſtand hat. Darunter iſt
aber ſicher keine geiſtliche Gerichtbarkeit begriffen.
Dieſe wird auch von den geiſtlichen catholiſchen Fuͤr-
ſten nicht vermoͤge ihrer Landeshoheit ausgeuͤbt;
und eben ſo wenig von evangeliſchen Reichsſtaͤnden.
Was dieſe von dieſer Art Rechte ausuͤben, das
hat ein jeder Reichsſtand mit guter Bewilligung
ſeiner Unterthanen und mit ſolchen Beſtimmungen,
wie man es in jedem Lande oder Gebiete den Um-
ſtaͤnden und der Verfaſſung gemaͤß befunden, recht-
maͤßig erlangt und hergebracht. Damit hat
freylich ein evangeliſcher Reichsſtand mehr Rechte
erlanget, als die ein catholiſcher weltlicher Reichs-
ſtand in Uebung hat; er kann auch ſolche Rechte
als Hoheitsrechte anſehen, ſofern ſie jetzt keinem
Landſaſſen und Unterthanen geſtattet werden. Al-
lein er uͤbt ſie doch nicht vermoͤge ſeiner Landesho-
heit aus, ſondern vermoͤge ausdruͤcklicher oder ſtill-
ſchweigender Uebereinkunft mit ſeinen Untertha-
nen, zu deren Moͤglichkeit der Religionsfriede eben
damit den Weg gebahnt hat, da er der geiſtlichen
Gewalt, wie ſie vorher war, in Anſehung der
Proteſtanten ein Ende gemacht hat, ohne eine an-
dere Gewalt an ihre Stelle zu ſetzen, ſondern ſo,
daß ein jeder evangeliſcher Reichsſtand mit ſeinen
Unterthanen hierin nunmehr der natuͤrlichen Frey-
heit uͤberlaßen ward.
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