Nach und nach kamen jetzt in mehr fürstli-II. chen und gräflichen Häusern Primogeniturver- ordnungen zum Vorschein, als in Mecklenburg 1573., in Braunschweig-Wolfenbüttel 1582., in Baiern 1588., in Pfalzzweybrücken 1591., in Lippe 1593., in Sain-Wittgenstein 1593., in Hessendarmstadt 1606., in Holsteingottorp 1608., in Nassauoranien 1618., in Wied 1624., in Lothringen 1625., in Hessencassel 1628. u. s. w. Doch waren auch viele Häuser dem Rechte der Erstgebuhrt noch so entgegen, daß sie glaubten, es könne mit dem biblischen Spruche: "Sind wir dann Kinder, sind wir auch Erben," nicht beste- hen, und deswegen vielmehr einen Fluch darauf legten, wenn auch nur ihre Nachkommen diese Art der Erbfolge einzuführen sich in Sinn kommen laßen wollten.
Eine der Folgen des häufiger eingeführten RechtsIII. der Erstgebuhrt äußerte sich bald darin, daß nach und nach mehr fürstliche Häuser erloschen, weil nicht mehr, wie bey fortgesetzten Theilungen, meh- rere Brüder sich standesmäßig vermählen und ihren Stamm fortsetzen konnten. Insonderheit wurde es bald in den weltlich fürstlichen Stimmen auf dem Reichstage merklich, daß sie an der Zahl abnahmen, wenn immer weniger regierende Herren im Fürstenrathe erschienen. Bisher hatte es zum Vortheile des weltlichen Fürstenstandes demselben oft ein Uebergewicht über die geistlichen Fürsten verschafft, daß man die Stimmen nach der Anzahl der erscheinenden Personen zehlte. Bey den geist- lichen Fürsten war diese Anzahl einmal wie das andere unveränderlich. Auf der weltlichen Bank
ver-
2) Rud. II. bis 1582. Erſtgebuhrt.
Nach und nach kamen jetzt in mehr fuͤrſtli-II. chen und graͤflichen Haͤuſern Primogeniturver- ordnungen zum Vorſchein, als in Mecklenburg 1573., in Braunſchweig-Wolfenbuͤttel 1582., in Baiern 1588., in Pfalzzweybruͤcken 1591., in Lippe 1593., in Sain-Wittgenſtein 1593., in Heſſendarmſtadt 1606., in Holſteingottorp 1608., in Naſſauoranien 1618., in Wied 1624., in Lothringen 1625., in Heſſencaſſel 1628. u. ſ. w. Doch waren auch viele Haͤuſer dem Rechte der Erſtgebuhrt noch ſo entgegen, daß ſie glaubten, es koͤnne mit dem bibliſchen Spruche: ”Sind wir dann Kinder, ſind wir auch Erben,” nicht beſte- hen, und deswegen vielmehr einen Fluch darauf legten, wenn auch nur ihre Nachkommen dieſe Art der Erbfolge einzufuͤhren ſich in Sinn kommen laßen wollten.
Eine der Folgen des haͤufiger eingefuͤhrten RechtsIII. der Erſtgebuhrt aͤußerte ſich bald darin, daß nach und nach mehr fuͤrſtliche Haͤuſer erloſchen, weil nicht mehr, wie bey fortgeſetzten Theilungen, meh- rere Bruͤder ſich ſtandesmaͤßig vermaͤhlen und ihren Stamm fortſetzen konnten. Inſonderheit wurde es bald in den weltlich fuͤrſtlichen Stimmen auf dem Reichstage merklich, daß ſie an der Zahl abnahmen, wenn immer weniger regierende Herren im Fuͤrſtenrathe erſchienen. Bisher hatte es zum Vortheile des weltlichen Fuͤrſtenſtandes demſelben oft ein Uebergewicht uͤber die geiſtlichen Fuͤrſten verſchafft, daß man die Stimmen nach der Anzahl der erſcheinenden Perſonen zehlte. Bey den geiſt- lichen Fuͤrſten war dieſe Anzahl einmal wie das andere unveraͤnderlich. Auf der weltlichen Bank
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2) Rud. II. bis 1582. Erſtgebuhrt.
Nach und nach kamen jetzt in mehr fuͤrſtli-
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ordnungen zum Vorſchein, als in Mecklenburg
1573., in Braunſchweig-Wolfenbuͤttel 1582., in
Baiern 1588., in Pfalzzweybruͤcken 1591., in
Lippe 1593., in Sain-Wittgenſtein 1593., in
Heſſendarmſtadt 1606., in Holſteingottorp 1608.,
in Naſſauoranien 1618., in Wied 1624., in
Lothringen 1625., in Heſſencaſſel 1628. u. ſ. w.
Doch waren auch viele Haͤuſer dem Rechte der
Erſtgebuhrt noch ſo entgegen, daß ſie glaubten,
es koͤnne mit dem bibliſchen Spruche: ”Sind wir
dann Kinder, ſind wir auch Erben,” nicht beſte-
hen, und deswegen vielmehr einen Fluch darauf
legten, wenn auch nur ihre Nachkommen dieſe Art
der Erbfolge einzufuͤhren ſich in Sinn kommen
laßen wollten.
II.
Eine der Folgen des haͤufiger eingefuͤhrten Rechts
der Erſtgebuhrt aͤußerte ſich bald darin, daß nach
und nach mehr fuͤrſtliche Haͤuſer erloſchen, weil
nicht mehr, wie bey fortgeſetzten Theilungen, meh-
rere Bruͤder ſich ſtandesmaͤßig vermaͤhlen und ihren
Stamm fortſetzen konnten. Inſonderheit wurde es
bald in den weltlich fuͤrſtlichen Stimmen auf
dem Reichstage merklich, daß ſie an der Zahl
abnahmen, wenn immer weniger regierende Herren
im Fuͤrſtenrathe erſchienen. Bisher hatte es zum
Vortheile des weltlichen Fuͤrſtenſtandes demſelben
oft ein Uebergewicht uͤber die geiſtlichen Fuͤrſten
verſchafft, daß man die Stimmen nach der Anzahl
der erſcheinenden Perſonen zehlte. Bey den geiſt-
lichen Fuͤrſten war dieſe Anzahl einmal wie das
andere unveraͤnderlich. Auf der weltlichen Bank
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III.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/53>, abgerufen am 21.11.2024.
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