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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XIV. Heutige Verfassung.
zwischen Thronlehnen und anderen ein großer Un-
terschied gehalten. Jene sind solche, bey deren
Belehnung der Kaiser persönlich anwesend sich den
Lehnseid schwören läßt. Von anderen wird die-
ser Eid nur im Reichshofrathe abgelegt. Nach
der ursprünglichen Lehnsverfassung sollte auch der
Vasall jedesmal persönlich den Lehnseid schwören.
Nach einem neuern Herkommen pflegen aber so-
wohl vor dem kaiserlichen Throne als im Reichs-
hofrathe die Lehnseide nur durch Bevollmächtigte
abgelegt zu werden. Nur alsdann, wenn etwa
derjenige, der die Belehnung zu empfangen hat,
ohnedem selbst zu Wien anwesend ist, wird wohl
noch darauf bestanden, daß er persönlich erschei-
nen solle (x).


V.

Nur Fürstenthümer und Churfürstenthümer
sind Thronlehne. Um darüber die Beleh-
nung zu empfangen melden sich gewöhnlich zwey
Bevollmächtigte, gemeiniglich ein besonders dazu
bestimmter Gesandter und ein Reichshofrathsagent,
oder auch nach Gutfinden eines jeden Hofes, der
die Belehnung zu suchen hat, zwey besonders ab-

geschick-
treulich, ohne Argelist und Gefährde." Lünigs
corp. iur. feud. Th. 1. S. 95. Neumanns For-
mularbuch des Reichsprocesses S. 401.
(x) So hat z. B. noch am 20. Nov. 1766. ein
Graf von Weissenwolf den Lehnseid über den Blut-
bann bey der Herrschaft Erlach persönlich im
Reichshofrathe geschworen. Moser von der Lehns-
verfassung S. 252. Auch dem Fürsten von Lob-
[k]owitz wurde (1766. Aug. 18.) auferlegt: daß er
"als in curia hic pracsens" die Paulsdorfischen
Reichslehne im Reichshofrathe in Person empfan-
gen sollte. Moser am a. O. S. 251.

XIV. Heutige Verfaſſung.
zwiſchen Thronlehnen und anderen ein großer Un-
terſchied gehalten. Jene ſind ſolche, bey deren
Belehnung der Kaiſer perſoͤnlich anweſend ſich den
Lehnseid ſchwoͤren laͤßt. Von anderen wird die-
ſer Eid nur im Reichshofrathe abgelegt. Nach
der urſpruͤnglichen Lehnsverfaſſung ſollte auch der
Vaſall jedesmal perſoͤnlich den Lehnseid ſchwoͤren.
Nach einem neuern Herkommen pflegen aber ſo-
wohl vor dem kaiſerlichen Throne als im Reichs-
hofrathe die Lehnseide nur durch Bevollmaͤchtigte
abgelegt zu werden. Nur alsdann, wenn etwa
derjenige, der die Belehnung zu empfangen hat,
ohnedem ſelbſt zu Wien anweſend iſt, wird wohl
noch darauf beſtanden, daß er perſoͤnlich erſchei-
nen ſolle (x).


V.

Nur Fuͤrſtenthuͤmer und Churfuͤrſtenthuͤmer
ſind Thronlehne. Um daruͤber die Beleh-
nung zu empfangen melden ſich gewoͤhnlich zwey
Bevollmaͤchtigte, gemeiniglich ein beſonders dazu
beſtimmter Geſandter und ein Reichshofrathsagent,
oder auch nach Gutfinden eines jeden Hofes, der
die Belehnung zu ſuchen hat, zwey beſonders ab-

geſchick-
treulich, ohne Argeliſt und Gefaͤhrde.” Luͤnigs
corp. iur. feud. Th. 1. S. 95. Neumanns For-
mularbuch des Reichsproceſſes S. 401.
(x) So hat z. B. noch am 20. Nov. 1766. ein
Graf von Weiſſenwolf den Lehnseid uͤber den Blut-
bann bey der Herrſchaft Erlach perſoͤnlich im
Reichshofrathe geſchworen. Moſer von der Lehns-
verfaſſung S. 252. Auch dem Fuͤrſten von Lob-
[k]owitz wurde (1766. Aug. 18.) auferlegt: daß er
”als in curia hic pracſens” die Paulsdorfiſchen
Reichslehne im Reichshofrathe in Perſon empfan-
gen ſollte. Moſer am a. O. S. 251.
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[220/0254] XIV. Heutige Verfaſſung. zwiſchen Thronlehnen und anderen ein großer Un- terſchied gehalten. Jene ſind ſolche, bey deren Belehnung der Kaiſer perſoͤnlich anweſend ſich den Lehnseid ſchwoͤren laͤßt. Von anderen wird die- ſer Eid nur im Reichshofrathe abgelegt. Nach der urſpruͤnglichen Lehnsverfaſſung ſollte auch der Vaſall jedesmal perſoͤnlich den Lehnseid ſchwoͤren. Nach einem neuern Herkommen pflegen aber ſo- wohl vor dem kaiſerlichen Throne als im Reichs- hofrathe die Lehnseide nur durch Bevollmaͤchtigte abgelegt zu werden. Nur alsdann, wenn etwa derjenige, der die Belehnung zu empfangen hat, ohnedem ſelbſt zu Wien anweſend iſt, wird wohl noch darauf beſtanden, daß er perſoͤnlich erſchei- nen ſolle (x). Nur Fuͤrſtenthuͤmer und Churfuͤrſtenthuͤmer ſind Thronlehne. Um daruͤber die Beleh- nung zu empfangen melden ſich gewoͤhnlich zwey Bevollmaͤchtigte, gemeiniglich ein beſonders dazu beſtimmter Geſandter und ein Reichshofrathsagent, oder auch nach Gutfinden eines jeden Hofes, der die Belehnung zu ſuchen hat, zwey beſonders ab- geſchick- (w) (x) So hat z. B. noch am 20. Nov. 1766. ein Graf von Weiſſenwolf den Lehnseid uͤber den Blut- bann bey der Herrſchaft Erlach perſoͤnlich im Reichshofrathe geſchworen. Moſer von der Lehns- verfaſſung S. 252. Auch dem Fuͤrſten von Lob- kowitz wurde (1766. Aug. 18.) auferlegt: daß er ”als in curia hic pracſens” die Paulsdorfiſchen Reichslehne im Reichshofrathe in Perſon empfan- gen ſollte. Moſer am a. O. S. 251. (w) treulich, ohne Argeliſt und Gefaͤhrde.” Luͤnigs corp. iur. feud. Th. 1. S. 95. Neumanns For- mularbuch des Reichsproceſſes S. 401.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/254>, abgerufen am 22.11.2024.