Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.1) Wien, Regensburg, Wetzlar. bewilliget, oder wenn auch nur wichtige Angele-genheiten einzelner Reichsstände hier entschieden werden sollen. Allein selbst solche Gegenstände werden jetzt immer seltener zur würklichen Reichs- tagsberathschlagung gebracht. Und dann ist Regensburg zwar der Ort, wo die Abstimmung zum Behuf abzufassender Reichsschlüsse geschieht, auch höchstens wohl durch vorläufige Besprechung einiger Comitialgesandten und durch ihre Berichte bisweilen reichsständische Stimmen vorbereitet und einigermaßen gelenket werden können. Aber die wahre Bestimmung eines jeden Geschäffts, wie sie ein jeder Reichsstand durch sein Votum gefas- set zu haben wünscht, hängt doch eigentlich von der Vorschrift eines jeden Hofes ab, wie er sei- nem Gesandten zu votiren befiehlt. Daher gemei- niglich jetzt die Seele solcher Unterhandlungen mehr auf unmittelbarer Communication solcher Hö- fe, die das Zutrauen zu einander haben, als auf den Personen der Comitialgesandten beruhet. Da- hingegen mag zu Regensburg selbst sich leicht ein Umstand ereignen, der oft auf geraume Zeit die Thätigkeit des ganzen Reichstags unterbricht. Oder wenn das auch nicht ist, fehlt es doch oft dergestalt an Gegenständen, die zur Comitialbe- rathschlagung reif sind, daß nicht selten Jahre hingehen, ohne daß nur Sitzungen und Proto- colle am Reichstage oder in einem der drey Reichs- collegien gehalten werden. Man darf sichs also nicht befremden laßen, wenn man zu Regens- burg häufiger und längere Ferien als sonst vielleicht irgendwo wahrnimmt. Un- P 4
1) Wien, Regensburg, Wetzlar. bewilliget, oder wenn auch nur wichtige Angele-genheiten einzelner Reichsſtaͤnde hier entſchieden werden ſollen. Allein ſelbſt ſolche Gegenſtaͤnde werden jetzt immer ſeltener zur wuͤrklichen Reichs- tagsberathſchlagung gebracht. Und dann iſt Regensburg zwar der Ort, wo die Abſtimmung zum Behuf abzufaſſender Reichsſchluͤſſe geſchieht, auch hoͤchſtens wohl durch vorlaͤufige Beſprechung einiger Comitialgeſandten und durch ihre Berichte bisweilen reichsſtaͤndiſche Stimmen vorbereitet und einigermaßen gelenket werden koͤnnen. Aber die wahre Beſtimmung eines jeden Geſchaͤffts, wie ſie ein jeder Reichsſtand durch ſein Votum gefaſ- ſet zu haben wuͤnſcht, haͤngt doch eigentlich von der Vorſchrift eines jeden Hofes ab, wie er ſei- nem Geſandten zu votiren befiehlt. Daher gemei- niglich jetzt die Seele ſolcher Unterhandlungen mehr auf unmittelbarer Communication ſolcher Hoͤ- fe, die das Zutrauen zu einander haben, als auf den Perſonen der Comitialgeſandten beruhet. Da- hingegen mag zu Regensburg ſelbſt ſich leicht ein Umſtand ereignen, der oft auf geraume Zeit die Thaͤtigkeit des ganzen Reichstags unterbricht. Oder wenn das auch nicht iſt, fehlt es doch oft dergeſtalt an Gegenſtaͤnden, die zur Comitialbe- rathſchlagung reif ſind, daß nicht ſelten Jahre hingehen, ohne daß nur Sitzungen und Proto- colle am Reichstage oder in einem der drey Reichs- collegien gehalten werden. Man darf ſichs alſo nicht befremden laßen, wenn man zu Regens- burg haͤufiger und laͤngere Ferien als ſonſt vielleicht irgendwo wahrnimmt. Un- P 4
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1) Wien, Regensburg, Wetzlar.
bewilliget, oder wenn auch nur wichtige Angele-
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werden ſollen. Allein ſelbſt ſolche Gegenſtaͤnde
werden jetzt immer ſeltener zur wuͤrklichen Reichs-
tagsberathſchlagung gebracht. Und dann iſt
Regensburg zwar der Ort, wo die Abſtimmung
zum Behuf abzufaſſender Reichsſchluͤſſe geſchieht,
auch hoͤchſtens wohl durch vorlaͤufige Beſprechung
einiger Comitialgeſandten und durch ihre Berichte
bisweilen reichsſtaͤndiſche Stimmen vorbereitet und
einigermaßen gelenket werden koͤnnen. Aber die
wahre Beſtimmung eines jeden Geſchaͤffts, wie
ſie ein jeder Reichsſtand durch ſein Votum gefaſ-
ſet zu haben wuͤnſcht, haͤngt doch eigentlich von
der Vorſchrift eines jeden Hofes ab, wie er ſei-
nem Geſandten zu votiren befiehlt. Daher gemei-
niglich jetzt die Seele ſolcher Unterhandlungen
mehr auf unmittelbarer Communication ſolcher Hoͤ-
fe, die das Zutrauen zu einander haben, als auf
den Perſonen der Comitialgeſandten beruhet. Da-
hingegen mag zu Regensburg ſelbſt ſich leicht ein
Umſtand ereignen, der oft auf geraume Zeit die
Thaͤtigkeit des ganzen Reichstags unterbricht.
Oder wenn das auch nicht iſt, fehlt es doch oft
dergeſtalt an Gegenſtaͤnden, die zur Comitialbe-
rathſchlagung reif ſind, daß nicht ſelten Jahre
hingehen, ohne daß nur Sitzungen und Proto-
colle am Reichstage oder in einem der drey Reichs-
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nicht befremden laßen, wenn man zu Regens-
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