Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.XIV. Heutige Verfassung. daß sie nicht unabhängig sind. So haben mehr-malen beide höchste Reichsgerichte auf angebrachte Klagen ganzer Landschaften z. B. der Reichshof- rath gegen Mecklenburg und Würtenberg, das Cammergericht gegen Nassau-Weilburg und Lippe- Detmold solche Erkenntnisse erlaßen, welche die Ausübung der landesherrlichen Gewalt in gewisse Gränzen zurückzuhalten zur Absicht hatten. So sind aber vollends erst in den Jahren 1770. (h) 1775. (h) Am 22. Aug. 1770. ergieng wider den re-
gierenden Grafen Friedrich von Leiningen-Gün- tersblum (geb. 1715.) wegen seines ärgerlichen Betragens, auf einen von den Churfürsten zu Mainz und Pfalz als ausschreibenden Fürsten des Oberrheinischen Kreises an den Kaiser abgestatte- ten Bericht, in Gemäßheit eines Reichshofraths- gutachtens an gedachte Churfürsten ein kaiserli- ches Rescript des Inhalts: "Kaiserliche Majestät hätten aus der von ihnen allergehorsamst gesche- henen Anzeige mißfällig ersehen müßen, was für Abscheuungswürdigste Laster und Schandthaten der Graf Friedrich zu Leiningen-Güntersblum sich zu Schulden gebracht habe. Kaiserliche Majestät könnten dergleichen gemein ärgerliches und die Würde eines Reichsstandes höchst verunehrendes Betragen von reichsoberrichterlichen Amts wegen keinesweges ungestraft laßen, fänden sich viel- mehr die deshalbige genaue Untersuchung mit dem schärfsten Einsehen allergerechtest vorzukehren ver- bunden, und befählen ihnen, kreisausschreiben- den Herren Fürsten, aus besonderem in sie setzen- den allerhöchsten Zutrauen hiermit allergnädigst und ernstlich, daß sie vor allen Dingen den Gra- fen zur Captur, jedoch in Rücksicht seiner reichs- ständischen Würde, einsweilen in Civilverwah- rung in seinem eigenen Hause zu Güntersblum selbsten, mit militärischer Kreismannschaft be- wachen laßen, und für seine nothdürftige Ver- pfle- XIV. Heutige Verfaſſung. daß ſie nicht unabhaͤngig ſind. So haben mehr-malen beide hoͤchſte Reichsgerichte auf angebrachte Klagen ganzer Landſchaften z. B. der Reichshof- rath gegen Mecklenburg und Wuͤrtenberg, das Cammergericht gegen Naſſau-Weilburg und Lippe- Detmold ſolche Erkenntniſſe erlaßen, welche die Ausuͤbung der landesherrlichen Gewalt in gewiſſe Graͤnzen zuruͤckzuhalten zur Abſicht hatten. So ſind aber vollends erſt in den Jahren 1770. (h) 1775. (h) Am 22. Aug. 1770. ergieng wider den re-
gierenden Grafen Friedrich von Leiningen-Guͤn- tersblum (geb. 1715.) wegen ſeines aͤrgerlichen Betragens, auf einen von den Churfuͤrſten zu Mainz und Pfalz als ausſchreibenden Fuͤrſten des Oberrheiniſchen Kreiſes an den Kaiſer abgeſtatte- ten Bericht, in Gemaͤßheit eines Reichshofraths- gutachtens an gedachte Churfuͤrſten ein kaiſerli- ches Reſcript des Inhalts: ”Kaiſerliche Majeſtaͤt haͤtten aus der von ihnen allergehorſamſt geſche- henen Anzeige mißfaͤllig erſehen muͤßen, was fuͤr Abſcheuungswuͤrdigſte Laſter und Schandthaten der Graf Friedrich zu Leiningen-Guͤntersblum ſich zu Schulden gebracht habe. Kaiſerliche Majeſtaͤt koͤnnten dergleichen gemein aͤrgerliches und die Wuͤrde eines Reichsſtandes hoͤchſt verunehrendes Betragen von reichsoberrichterlichen Amts wegen keinesweges ungeſtraft laßen, faͤnden ſich viel- mehr die deshalbige genaue Unterſuchung mit dem ſchaͤrfſten Einſehen allergerechteſt vorzukehren ver- bunden, und befaͤhlen ihnen, kreisausſchreiben- den Herren Fuͤrſten, aus beſonderem in ſie ſetzen- den allerhoͤchſten Zutrauen hiermit allergnaͤdigſt und ernſtlich, daß ſie vor allen Dingen den Gra- fen zur Captur, jedoch in Ruͤckſicht ſeiner reichs- ſtaͤndiſchen Wuͤrde, einsweilen in Civilverwah- rung in ſeinem eigenen Hauſe zu Guͤntersblum ſelbſten, mit militaͤriſcher Kreismannſchaft be- wachen laßen, und fuͤr ſeine nothduͤrftige Ver- pfle- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0270" n="236"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIV.</hi> Heutige Verfaſſung.</fw><lb/> daß ſie nicht unabhaͤngig ſind. So haben mehr-<lb/> malen beide hoͤchſte Reichsgerichte auf angebrachte<lb/> Klagen ganzer Landſchaften z. B. der Reichshof-<lb/> rath gegen Mecklenburg und Wuͤrtenberg, das<lb/> Cammergericht gegen Naſſau-Weilburg und Lippe-<lb/> Detmold ſolche Erkenntniſſe erlaßen, welche die<lb/> Ausuͤbung der landesherrlichen Gewalt in gewiſſe<lb/> Graͤnzen zuruͤckzuhalten zur Abſicht hatten. So<lb/> ſind aber vollends erſt in den Jahren 1770. <note xml:id="seg2pn_22_1" next="#seg2pn_22_2" place="foot" n="(h)">Am 22. Aug. 1770. ergieng wider den re-<lb/> gierenden Grafen Friedrich von <hi rendition="#fr">Leiningen-Guͤn-<lb/> tersblum</hi> (geb. 1715.) wegen ſeines aͤrgerlichen<lb/> Betragens, auf einen von den Churfuͤrſten zu<lb/> Mainz und Pfalz als ausſchreibenden Fuͤrſten des<lb/> Oberrheiniſchen Kreiſes an den Kaiſer abgeſtatte-<lb/> ten Bericht, in Gemaͤßheit eines Reichshofraths-<lb/> gutachtens an gedachte Churfuͤrſten ein kaiſerli-<lb/> ches Reſcript des Inhalts: ”Kaiſerliche Majeſtaͤt<lb/> haͤtten aus der von ihnen allergehorſamſt geſche-<lb/> henen Anzeige mißfaͤllig erſehen muͤßen, was fuͤr<lb/> Abſcheuungswuͤrdigſte Laſter und Schandthaten<lb/> der Graf Friedrich zu Leiningen-Guͤntersblum ſich<lb/> zu Schulden gebracht habe. Kaiſerliche Majeſtaͤt<lb/> koͤnnten dergleichen gemein aͤrgerliches und die<lb/> Wuͤrde eines Reichsſtandes hoͤchſt verunehrendes<lb/> Betragen von reichsoberrichterlichen Amts wegen<lb/> keinesweges ungeſtraft laßen, faͤnden ſich viel-<lb/> mehr die deshalbige genaue Unterſuchung mit dem<lb/> ſchaͤrfſten Einſehen allergerechteſt vorzukehren ver-<lb/> bunden, und befaͤhlen ihnen, kreisausſchreiben-<lb/> den Herren Fuͤrſten, aus beſonderem in ſie ſetzen-<lb/> den allerhoͤchſten Zutrauen hiermit allergnaͤdigſt<lb/> und ernſtlich, daß ſie vor allen Dingen den Gra-<lb/> fen zur Captur, jedoch in Ruͤckſicht ſeiner reichs-<lb/> ſtaͤndiſchen Wuͤrde, einsweilen in Civilverwah-<lb/> rung in ſeinem eigenen Hauſe zu Guͤntersblum<lb/> ſelbſten, mit militaͤriſcher Kreismannſchaft be-<lb/> wachen laßen, und fuͤr ſeine nothduͤrftige Ver-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">pfle-</fw></note><lb/> <fw place="bottom" type="catch">1775.</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [236/0270]
XIV. Heutige Verfaſſung.
daß ſie nicht unabhaͤngig ſind. So haben mehr-
malen beide hoͤchſte Reichsgerichte auf angebrachte
Klagen ganzer Landſchaften z. B. der Reichshof-
rath gegen Mecklenburg und Wuͤrtenberg, das
Cammergericht gegen Naſſau-Weilburg und Lippe-
Detmold ſolche Erkenntniſſe erlaßen, welche die
Ausuͤbung der landesherrlichen Gewalt in gewiſſe
Graͤnzen zuruͤckzuhalten zur Abſicht hatten. So
ſind aber vollends erſt in den Jahren 1770. (h)
1775.
(h) Am 22. Aug. 1770. ergieng wider den re-
gierenden Grafen Friedrich von Leiningen-Guͤn-
tersblum (geb. 1715.) wegen ſeines aͤrgerlichen
Betragens, auf einen von den Churfuͤrſten zu
Mainz und Pfalz als ausſchreibenden Fuͤrſten des
Oberrheiniſchen Kreiſes an den Kaiſer abgeſtatte-
ten Bericht, in Gemaͤßheit eines Reichshofraths-
gutachtens an gedachte Churfuͤrſten ein kaiſerli-
ches Reſcript des Inhalts: ”Kaiſerliche Majeſtaͤt
haͤtten aus der von ihnen allergehorſamſt geſche-
henen Anzeige mißfaͤllig erſehen muͤßen, was fuͤr
Abſcheuungswuͤrdigſte Laſter und Schandthaten
der Graf Friedrich zu Leiningen-Guͤntersblum ſich
zu Schulden gebracht habe. Kaiſerliche Majeſtaͤt
koͤnnten dergleichen gemein aͤrgerliches und die
Wuͤrde eines Reichsſtandes hoͤchſt verunehrendes
Betragen von reichsoberrichterlichen Amts wegen
keinesweges ungeſtraft laßen, faͤnden ſich viel-
mehr die deshalbige genaue Unterſuchung mit dem
ſchaͤrfſten Einſehen allergerechteſt vorzukehren ver-
bunden, und befaͤhlen ihnen, kreisausſchreiben-
den Herren Fuͤrſten, aus beſonderem in ſie ſetzen-
den allerhoͤchſten Zutrauen hiermit allergnaͤdigſt
und ernſtlich, daß ſie vor allen Dingen den Gra-
fen zur Captur, jedoch in Ruͤckſicht ſeiner reichs-
ſtaͤndiſchen Wuͤrde, einsweilen in Civilverwah-
rung in ſeinem eigenen Hauſe zu Guͤntersblum
ſelbſten, mit militaͤriſcher Kreismannſchaft be-
wachen laßen, und fuͤr ſeine nothduͤrftige Ver-
pfle-
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