Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.XIV. Heutige Verfassung. ander angesetzt sind, nach und nach ihre Befriedi-gung erhalten (m). Solche Debitcommissionen werden gemeiniglich einem dritten Reichsstande oder auch einem Stammsvetter des Hauses auf- getragen, der dann zwar die eigentliche Regie- rung dem verschuldeten Reichsstande überläßt, je- doch alles, was zur Einnahme und Ausgabe ge- höret, unter seine Aufsicht, und die dazu gehöri- gen Cammerräthe und Rechnungsbedienten in kai- serliche Pflichten nimmt. Auf solche Art können Gläubiger, die Teutschen Fürsten geborgt haben, auch bey der übermäßigsten Schuldenlast zu ihrer Befriedigung gelangen; nur mit dem großen Un- terschiede von anderen Concursen, daß in diesen die Güter des Schuldners selbst angegriffen, und, soweit dieselben reichen, alle Schulden auf ein- mal bezahlt werden; bey fürstlichen Debitcommis- sionen hingegen die Bezahlung der Schulden nur aus den Einkünften geschieht. Darüber können dann hundert und mehr Jahre hingehen, ehe die Gläubiger oder vielmehr ihre Erben zum Ihrigen gelangen, aber auch auf der andern Seite, ehe der Landesfolger zum Genusse des Landes kömmt, das doch vom ersten Erwerber her so gut für ihn als für seine Vorgänger in der Regierung be- stimmt seyn sollte. Wäre es nicht für beide Thei- le besser, wenn unsere regierende Herren (nur Nothfälle, wo Stammsvettern und Landschaften einwilligten, ausgenommen) lieber ganz Creditlos wären? (m) Von dieser Materie haben wir ein an er-
lauchten Beyspielen sehr reichhaltiges Werk: Mo- ser vom reichsständischen Schuldenwesen, in zwey Quartbänden, Frf. u. Lpz. 1774. 1775. XIV. Heutige Verfaſſung. ander angeſetzt ſind, nach und nach ihre Befriedi-gung erhalten (m). Solche Debitcommiſſionen werden gemeiniglich einem dritten Reichsſtande oder auch einem Stammsvetter des Hauſes auf- getragen, der dann zwar die eigentliche Regie- rung dem verſchuldeten Reichsſtande uͤberlaͤßt, je- doch alles, was zur Einnahme und Ausgabe ge- hoͤret, unter ſeine Aufſicht, und die dazu gehoͤri- gen Cammerraͤthe und Rechnungsbedienten in kai- ſerliche Pflichten nimmt. Auf ſolche Art koͤnnen Glaͤubiger, die Teutſchen Fuͤrſten geborgt haben, auch bey der uͤbermaͤßigſten Schuldenlaſt zu ihrer Befriedigung gelangen; nur mit dem großen Un- terſchiede von anderen Concurſen, daß in dieſen die Guͤter des Schuldners ſelbſt angegriffen, und, ſoweit dieſelben reichen, alle Schulden auf ein- mal bezahlt werden; bey fuͤrſtlichen Debitcommiſ- ſionen hingegen die Bezahlung der Schulden nur aus den Einkuͤnften geſchieht. Daruͤber koͤnnen dann hundert und mehr Jahre hingehen, ehe die Glaͤubiger oder vielmehr ihre Erben zum Ihrigen gelangen, aber auch auf der andern Seite, ehe der Landesfolger zum Genuſſe des Landes koͤmmt, das doch vom erſten Erwerber her ſo gut fuͤr ihn als fuͤr ſeine Vorgaͤnger in der Regierung be- ſtimmt ſeyn ſollte. Waͤre es nicht fuͤr beide Thei- le beſſer, wenn unſere regierende Herren (nur Nothfaͤlle, wo Stammsvettern und Landſchaften einwilligten, ausgenommen) lieber ganz Creditlos waͤren? (m) Von dieſer Materie haben wir ein an er-
lauchten Beyſpielen ſehr reichhaltiges Werk: Mo- ſer vom reichsſtaͤndiſchen Schuldenweſen, in zwey Quartbaͤnden, Frf. u. Lpz. 1774. 1775. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0274" n="240"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIV.</hi> Heutige Verfaſſung.</fw><lb/> ander angeſetzt ſind, nach und nach ihre Befriedi-<lb/> gung erhalten <note place="foot" n="(m)">Von dieſer Materie haben wir ein an er-<lb/> lauchten Beyſpielen ſehr reichhaltiges Werk: <hi rendition="#fr">Mo-<lb/> ſer</hi> vom reichsſtaͤndiſchen Schuldenweſen, in zwey<lb/> Quartbaͤnden, Frf. u. Lpz. 1774. 1775.</note>. Solche Debitcommiſſionen<lb/> werden gemeiniglich einem dritten Reichsſtande<lb/> oder auch einem Stammsvetter des Hauſes auf-<lb/> getragen, der dann zwar die eigentliche Regie-<lb/> rung dem verſchuldeten Reichsſtande uͤberlaͤßt, je-<lb/> doch alles, was zur Einnahme und Ausgabe ge-<lb/> hoͤret, unter ſeine Aufſicht, und die dazu gehoͤri-<lb/> gen Cammerraͤthe und Rechnungsbedienten in kai-<lb/> ſerliche Pflichten nimmt. Auf ſolche Art koͤnnen<lb/> Glaͤubiger, die Teutſchen Fuͤrſten geborgt haben,<lb/> auch bey der uͤbermaͤßigſten Schuldenlaſt zu ihrer<lb/> Befriedigung gelangen; nur mit dem großen Un-<lb/> terſchiede von anderen Concurſen, daß in dieſen<lb/> die Guͤter des Schuldners ſelbſt angegriffen, und,<lb/> ſoweit dieſelben reichen, alle Schulden auf ein-<lb/> mal bezahlt werden; bey fuͤrſtlichen Debitcommiſ-<lb/> ſionen hingegen die Bezahlung der Schulden nur<lb/> aus den Einkuͤnften geſchieht. Daruͤber koͤnnen<lb/> dann hundert und mehr Jahre hingehen, ehe die<lb/> Glaͤubiger oder vielmehr ihre Erben zum Ihrigen<lb/> gelangen, aber auch auf der andern Seite, ehe<lb/> der Landesfolger zum Genuſſe des Landes koͤmmt,<lb/> das doch vom erſten Erwerber her ſo gut fuͤr ihn<lb/> als fuͤr ſeine Vorgaͤnger in der Regierung be-<lb/> ſtimmt ſeyn ſollte. Waͤre es nicht fuͤr beide Thei-<lb/> le beſſer, wenn unſere regierende Herren (nur<lb/> Nothfaͤlle, wo Stammsvettern und Landſchaften<lb/> einwilligten, ausgenommen) lieber ganz Creditlos<lb/> <fw place="bottom" type="catch">waͤren?</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240/0274]
XIV. Heutige Verfaſſung.
ander angeſetzt ſind, nach und nach ihre Befriedi-
gung erhalten (m). Solche Debitcommiſſionen
werden gemeiniglich einem dritten Reichsſtande
oder auch einem Stammsvetter des Hauſes auf-
getragen, der dann zwar die eigentliche Regie-
rung dem verſchuldeten Reichsſtande uͤberlaͤßt, je-
doch alles, was zur Einnahme und Ausgabe ge-
hoͤret, unter ſeine Aufſicht, und die dazu gehoͤri-
gen Cammerraͤthe und Rechnungsbedienten in kai-
ſerliche Pflichten nimmt. Auf ſolche Art koͤnnen
Glaͤubiger, die Teutſchen Fuͤrſten geborgt haben,
auch bey der uͤbermaͤßigſten Schuldenlaſt zu ihrer
Befriedigung gelangen; nur mit dem großen Un-
terſchiede von anderen Concurſen, daß in dieſen
die Guͤter des Schuldners ſelbſt angegriffen, und,
ſoweit dieſelben reichen, alle Schulden auf ein-
mal bezahlt werden; bey fuͤrſtlichen Debitcommiſ-
ſionen hingegen die Bezahlung der Schulden nur
aus den Einkuͤnften geſchieht. Daruͤber koͤnnen
dann hundert und mehr Jahre hingehen, ehe die
Glaͤubiger oder vielmehr ihre Erben zum Ihrigen
gelangen, aber auch auf der andern Seite, ehe
der Landesfolger zum Genuſſe des Landes koͤmmt,
das doch vom erſten Erwerber her ſo gut fuͤr ihn
als fuͤr ſeine Vorgaͤnger in der Regierung be-
ſtimmt ſeyn ſollte. Waͤre es nicht fuͤr beide Thei-
le beſſer, wenn unſere regierende Herren (nur
Nothfaͤlle, wo Stammsvettern und Landſchaften
einwilligten, ausgenommen) lieber ganz Creditlos
waͤren?
(m) Von dieſer Materie haben wir ein an er-
lauchten Beyſpielen ſehr reichhaltiges Werk: Mo-
ſer vom reichsſtaͤndiſchen Schuldenweſen, in zwey
Quartbaͤnden, Frf. u. Lpz. 1774. 1775.
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