Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

2) Vortheile reichsger. Erkenntnisse.
wären? Immer bleibt es ein Glück, daß sie doch
noch einen Richter über sich haben.

Das einzige, so bey reichsgerichtlichen Er-V.
kenntnissen, wodurch Reichsstände verurtheilet
werden, noch zu Zeiten einigen Anstand machen
kann, besteht nur darin, daß es oft schwer hält,
dergleichen Urtheile zur würklichen Vollziehung zu
bringen; und zwar nicht bloß deswegen, weil es
einigen Reichsständen nicht an einer solchen Macht
gebricht, daß sie allenfalls denken können, es dar-
auf ankommen zu laßen, ob man sie zu zwingen
im Stande seyn werde, -- sondern auch noch aus
einem ganz besonderen Grunde, weil es unver-
merkt beynahe zu einer Art von Herkommen ge-
worden ist, daß ein Reichsstand, gegen den ein
widriges Erkenntniß zu Wien oder Wetzlar ergan-
gen ist, noch einen Recurs an den Reichstag
nimmt, um noch auf eine oder andere Art Hülfe
und Rettung gegen ein solches Erkenntniß zu er-
langen (n). In dieser Rücksicht wäre allerdings
zu wünschen, daß nach der schon in der Wahlca-
pitulation erkannten Nothwendigkeit von Kaiser
und Reichs wegen durch eine neue Gesetzgebung
die Fälle genau bestimmt werden möchten, in wel-
chen noch ein Recurs an den Reichstag statt fin-
den solle (o).

Allein auch hier zeigen sich neue Schwierig-VI.
keiten, die zum Theil selbst in der Beschaffenheit
unserer Reichsgerichte, wie sie würklich sind, zum

Theil
(n) Oben S. 47. u. f.
(o) Oben S. 51.
P. Entw. d. Staatsverf. Th. III. Q

2) Vortheile reichsger. Erkenntniſſe.
waͤren? Immer bleibt es ein Gluͤck, daß ſie doch
noch einen Richter uͤber ſich haben.

Das einzige, ſo bey reichsgerichtlichen Er-V.
kenntniſſen, wodurch Reichsſtaͤnde verurtheilet
werden, noch zu Zeiten einigen Anſtand machen
kann, beſteht nur darin, daß es oft ſchwer haͤlt,
dergleichen Urtheile zur wuͤrklichen Vollziehung zu
bringen; und zwar nicht bloß deswegen, weil es
einigen Reichsſtaͤnden nicht an einer ſolchen Macht
gebricht, daß ſie allenfalls denken koͤnnen, es dar-
auf ankommen zu laßen, ob man ſie zu zwingen
im Stande ſeyn werde, — ſondern auch noch aus
einem ganz beſonderen Grunde, weil es unver-
merkt beynahe zu einer Art von Herkommen ge-
worden iſt, daß ein Reichsſtand, gegen den ein
widriges Erkenntniß zu Wien oder Wetzlar ergan-
gen iſt, noch einen Recurs an den Reichstag
nimmt, um noch auf eine oder andere Art Huͤlfe
und Rettung gegen ein ſolches Erkenntniß zu er-
langen (n). In dieſer Ruͤckſicht waͤre allerdings
zu wuͤnſchen, daß nach der ſchon in der Wahlca-
pitulation erkannten Nothwendigkeit von Kaiſer
und Reichs wegen durch eine neue Geſetzgebung
die Faͤlle genau beſtimmt werden moͤchten, in wel-
chen noch ein Recurs an den Reichstag ſtatt fin-
den ſolle (o).

Allein auch hier zeigen ſich neue Schwierig-VI.
keiten, die zum Theil ſelbſt in der Beſchaffenheit
unſerer Reichsgerichte, wie ſie wuͤrklich ſind, zum

Theil
(n) Oben S. 47. u. f.
(o) Oben S. 51.
P. Entw. d. Staatsverf. Th. III. Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0275" n="241"/><fw place="top" type="header">2) Vortheile reichsger. Erkenntni&#x017F;&#x017F;e.</fw><lb/>
wa&#x0364;ren? Immer bleibt es ein Glu&#x0364;ck, daß &#x017F;ie doch<lb/>
noch einen Richter u&#x0364;ber &#x017F;ich haben.</p><lb/>
          <p>Das einzige, &#x017F;o bey reichsgerichtlichen Er-<note place="right"><hi rendition="#aq">V.</hi></note><lb/>
kenntni&#x017F;&#x017F;en, wodurch Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde verurtheilet<lb/>
werden, noch zu Zeiten einigen An&#x017F;tand machen<lb/>
kann, be&#x017F;teht nur darin, daß es oft &#x017F;chwer ha&#x0364;lt,<lb/>
dergleichen Urtheile zur wu&#x0364;rklichen Vollziehung zu<lb/>
bringen; und zwar nicht bloß deswegen, weil es<lb/>
einigen Reichs&#x017F;ta&#x0364;nden nicht an einer &#x017F;olchen Macht<lb/>
gebricht, daß &#x017F;ie allenfalls denken ko&#x0364;nnen, es dar-<lb/>
auf ankommen zu laßen, ob man &#x017F;ie zu zwingen<lb/>
im Stande &#x017F;eyn werde, &#x2014; &#x017F;ondern auch noch aus<lb/>
einem ganz be&#x017F;onderen Grunde, weil es unver-<lb/>
merkt beynahe zu einer Art von Herkommen ge-<lb/>
worden i&#x017F;t, daß ein Reichs&#x017F;tand, gegen den ein<lb/>
widriges Erkenntniß zu Wien oder Wetzlar ergan-<lb/>
gen i&#x017F;t, noch einen <hi rendition="#fr">Recurs an den Reichstag</hi><lb/>
nimmt, um noch auf eine oder andere Art Hu&#x0364;lfe<lb/>
und Rettung gegen ein &#x017F;olches Erkenntniß zu er-<lb/>
langen <note place="foot" n="(n)">Oben S. 47. u. f.</note>. In die&#x017F;er Ru&#x0364;ck&#x017F;icht wa&#x0364;re allerdings<lb/>
zu wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß nach der &#x017F;chon in der Wahlca-<lb/>
pitulation erkannten Nothwendigkeit von Kai&#x017F;er<lb/>
und Reichs wegen durch eine neue Ge&#x017F;etzgebung<lb/>
die Fa&#x0364;lle genau be&#x017F;timmt werden mo&#x0364;chten, in wel-<lb/>
chen noch ein Recurs an den Reichstag &#x017F;tatt fin-<lb/>
den &#x017F;olle <note place="foot" n="(o)">Oben S. 51.</note>.</p><lb/>
          <p>Allein auch hier zeigen &#x017F;ich neue Schwierig-<note place="right"><hi rendition="#aq">VI.</hi></note><lb/>
keiten, die zum Theil &#x017F;elb&#x017F;t in der Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
un&#x017F;erer Reichsgerichte, wie &#x017F;ie wu&#x0364;rklich &#x017F;ind, zum<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Theil</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">P. Entw. d. Staatsverf. Th.</hi><hi rendition="#aq">III.</hi> Q</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0275] 2) Vortheile reichsger. Erkenntniſſe. waͤren? Immer bleibt es ein Gluͤck, daß ſie doch noch einen Richter uͤber ſich haben. Das einzige, ſo bey reichsgerichtlichen Er- kenntniſſen, wodurch Reichsſtaͤnde verurtheilet werden, noch zu Zeiten einigen Anſtand machen kann, beſteht nur darin, daß es oft ſchwer haͤlt, dergleichen Urtheile zur wuͤrklichen Vollziehung zu bringen; und zwar nicht bloß deswegen, weil es einigen Reichsſtaͤnden nicht an einer ſolchen Macht gebricht, daß ſie allenfalls denken koͤnnen, es dar- auf ankommen zu laßen, ob man ſie zu zwingen im Stande ſeyn werde, — ſondern auch noch aus einem ganz beſonderen Grunde, weil es unver- merkt beynahe zu einer Art von Herkommen ge- worden iſt, daß ein Reichsſtand, gegen den ein widriges Erkenntniß zu Wien oder Wetzlar ergan- gen iſt, noch einen Recurs an den Reichstag nimmt, um noch auf eine oder andere Art Huͤlfe und Rettung gegen ein ſolches Erkenntniß zu er- langen (n). In dieſer Ruͤckſicht waͤre allerdings zu wuͤnſchen, daß nach der ſchon in der Wahlca- pitulation erkannten Nothwendigkeit von Kaiſer und Reichs wegen durch eine neue Geſetzgebung die Faͤlle genau beſtimmt werden moͤchten, in wel- chen noch ein Recurs an den Reichstag ſtatt fin- den ſolle (o). V. Allein auch hier zeigen ſich neue Schwierig- keiten, die zum Theil ſelbſt in der Beſchaffenheit unſerer Reichsgerichte, wie ſie wuͤrklich ſind, zum Theil VI. (n) Oben S. 47. u. f. (o) Oben S. 51. P. Entw. d. Staatsverf. Th. III. Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/275
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/275>, abgerufen am 21.11.2024.