Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

XIV. Heutige Verfassung.
warten, daß fast keiner unserer besonderer Staa-
ten dem andern mehr ähnlich sieht. Nicht nur in
der Regierungsform, da Reichsstädte von Terri-
torien, wie Republiken von Monarchien unter-
schieden sind, und jede Reichsstadt wieder in ihrer
mehr oder minder eingeschränkten oder unbeschränk-
ten aristocratischen oder democratischen Verfassung,
ingleichen jedes Land, nachdem es gewehlte geist-
liche, oder erbliche weltliche, Landesherren mit
oder ohne Landstände hat u. s. w., von allen an-
deren sich unterscheidet, sondern auch fast in allen
und jeden Gegenständen der Regierung, als im
Gerichtswesen, in Bestrafung der Verbrechen, in
Polizeyanstalten, in der Steuer, im Kriegswesen,
in der Münze u. s. w. hat jedes Land, jede Reichs-
stadt, fast jedes reichsritterschaftliche Gebiet, seine
ganz besondere Eigenheiten.


IV.

Im Grunde ist das gewiß kein Unglück, wenn
auf solche Art ein jeder Staat seine eigne Wohl-
fahrt nach seinen besonderen Umständen zu beför-
dern suchen kann, ohne von aussen irgend einiges
Hinderniß besorgen zu dürfen; so wie eben darin
die Unabhängigkeit der Europäischen Mächte sich
zu ihrem Vortheile zeiget, daß eine jede ihre inne-
re Einrichtungen nach ihrer Convenienz machen
kann, ohne daß irgend eine andere Macht darin
Ziel und Maß setzen darf. -- Nur wenige Fälle
sind es, wo noch jetzt so genannte kaiserliche
Reservatrechte
eintreten, da entweder noch jetzt
der Kaiser allein in ganz Teutschland gewisse Ho-
heitsrechte auszuüben hat, oder doch ein Reichs-
stand solche nicht anders als vermöge einer kaiser-
lichen Concession auszuüben berechtiget ist.


So

XIV. Heutige Verfaſſung.
warten, daß faſt keiner unſerer beſonderer Staa-
ten dem andern mehr aͤhnlich ſieht. Nicht nur in
der Regierungsform, da Reichsſtaͤdte von Terri-
torien, wie Republiken von Monarchien unter-
ſchieden ſind, und jede Reichsſtadt wieder in ihrer
mehr oder minder eingeſchraͤnkten oder unbeſchraͤnk-
ten ariſtocratiſchen oder democratiſchen Verfaſſung,
ingleichen jedes Land, nachdem es gewehlte geiſt-
liche, oder erbliche weltliche, Landesherren mit
oder ohne Landſtaͤnde hat u. ſ. w., von allen an-
deren ſich unterſcheidet, ſondern auch faſt in allen
und jeden Gegenſtaͤnden der Regierung, als im
Gerichtsweſen, in Beſtrafung der Verbrechen, in
Polizeyanſtalten, in der Steuer, im Kriegsweſen,
in der Muͤnze u. ſ. w. hat jedes Land, jede Reichs-
ſtadt, faſt jedes reichsritterſchaftliche Gebiet, ſeine
ganz beſondere Eigenheiten.


IV.

Im Grunde iſt das gewiß kein Ungluͤck, wenn
auf ſolche Art ein jeder Staat ſeine eigne Wohl-
fahrt nach ſeinen beſonderen Umſtaͤnden zu befoͤr-
dern ſuchen kann, ohne von auſſen irgend einiges
Hinderniß beſorgen zu duͤrfen; ſo wie eben darin
die Unabhaͤngigkeit der Europaͤiſchen Maͤchte ſich
zu ihrem Vortheile zeiget, daß eine jede ihre inne-
re Einrichtungen nach ihrer Convenienz machen
kann, ohne daß irgend eine andere Macht darin
Ziel und Maß ſetzen darf. — Nur wenige Faͤlle
ſind es, wo noch jetzt ſo genannte kaiſerliche
Reſervatrechte
eintreten, da entweder noch jetzt
der Kaiſer allein in ganz Teutſchland gewiſſe Ho-
heitsrechte auszuuͤben hat, oder doch ein Reichs-
ſtand ſolche nicht anders als vermoͤge einer kaiſer-
lichen Conceſſion auszuuͤben berechtiget iſt.


So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0296" n="262"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIV.</hi> Heutige Verfa&#x017F;&#x017F;ung.</fw><lb/>
warten, daß fa&#x017F;t keiner un&#x017F;erer be&#x017F;onderer Staa-<lb/>
ten dem andern mehr a&#x0364;hnlich &#x017F;ieht. Nicht nur in<lb/>
der Regierungsform, da Reichs&#x017F;ta&#x0364;dte von Terri-<lb/>
torien, wie Republiken von Monarchien unter-<lb/>
&#x017F;chieden &#x017F;ind, und jede Reichs&#x017F;tadt wieder in ihrer<lb/>
mehr oder minder einge&#x017F;chra&#x0364;nkten oder unbe&#x017F;chra&#x0364;nk-<lb/>
ten ari&#x017F;tocrati&#x017F;chen oder democrati&#x017F;chen Verfa&#x017F;&#x017F;ung,<lb/>
ingleichen jedes Land, nachdem es gewehlte gei&#x017F;t-<lb/>
liche, oder erbliche weltliche, Landesherren mit<lb/>
oder ohne Land&#x017F;ta&#x0364;nde hat u. &#x017F;. w., von allen an-<lb/>
deren &#x017F;ich unter&#x017F;cheidet, &#x017F;ondern auch fa&#x017F;t in allen<lb/>
und jeden Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden der Regierung, als im<lb/>
Gerichtswe&#x017F;en, in Be&#x017F;trafung der Verbrechen, in<lb/>
Polizeyan&#x017F;talten, in der Steuer, im Kriegswe&#x017F;en,<lb/>
in der Mu&#x0364;nze u. &#x017F;. w. hat jedes Land, jede Reichs-<lb/>
&#x017F;tadt, fa&#x017F;t jedes reichsritter&#x017F;chaftliche Gebiet, &#x017F;eine<lb/>
ganz be&#x017F;ondere Eigenheiten.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">IV.</hi> </note>
          <p>Im Grunde i&#x017F;t das gewiß kein Unglu&#x0364;ck, wenn<lb/>
auf &#x017F;olche Art ein jeder Staat &#x017F;eine eigne Wohl-<lb/>
fahrt nach &#x017F;einen be&#x017F;onderen Um&#x017F;ta&#x0364;nden zu befo&#x0364;r-<lb/>
dern &#x017F;uchen kann, ohne von au&#x017F;&#x017F;en irgend einiges<lb/>
Hinderniß be&#x017F;orgen zu du&#x0364;rfen; &#x017F;o wie eben darin<lb/>
die Unabha&#x0364;ngigkeit der Europa&#x0364;i&#x017F;chen Ma&#x0364;chte &#x017F;ich<lb/>
zu ihrem Vortheile zeiget, daß eine jede ihre inne-<lb/>
re Einrichtungen nach ihrer Convenienz machen<lb/>
kann, ohne daß irgend eine andere Macht darin<lb/>
Ziel und Maß &#x017F;etzen darf. &#x2014; Nur wenige Fa&#x0364;lle<lb/>
&#x017F;ind es, wo noch jetzt &#x017F;o genannte <hi rendition="#fr">kai&#x017F;erliche<lb/>
Re&#x017F;ervatrechte</hi> eintreten, da entweder noch jetzt<lb/>
der Kai&#x017F;er allein in ganz Teut&#x017F;chland gewi&#x017F;&#x017F;e Ho-<lb/>
heitsrechte auszuu&#x0364;ben hat, oder doch ein Reichs-<lb/>
&#x017F;tand &#x017F;olche nicht anders als vermo&#x0364;ge einer kai&#x017F;er-<lb/>
lichen Conce&#x017F;&#x017F;ion auszuu&#x0364;ben berechtiget i&#x017F;t.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0296] XIV. Heutige Verfaſſung. warten, daß faſt keiner unſerer beſonderer Staa- ten dem andern mehr aͤhnlich ſieht. Nicht nur in der Regierungsform, da Reichsſtaͤdte von Terri- torien, wie Republiken von Monarchien unter- ſchieden ſind, und jede Reichsſtadt wieder in ihrer mehr oder minder eingeſchraͤnkten oder unbeſchraͤnk- ten ariſtocratiſchen oder democratiſchen Verfaſſung, ingleichen jedes Land, nachdem es gewehlte geiſt- liche, oder erbliche weltliche, Landesherren mit oder ohne Landſtaͤnde hat u. ſ. w., von allen an- deren ſich unterſcheidet, ſondern auch faſt in allen und jeden Gegenſtaͤnden der Regierung, als im Gerichtsweſen, in Beſtrafung der Verbrechen, in Polizeyanſtalten, in der Steuer, im Kriegsweſen, in der Muͤnze u. ſ. w. hat jedes Land, jede Reichs- ſtadt, faſt jedes reichsritterſchaftliche Gebiet, ſeine ganz beſondere Eigenheiten. Im Grunde iſt das gewiß kein Ungluͤck, wenn auf ſolche Art ein jeder Staat ſeine eigne Wohl- fahrt nach ſeinen beſonderen Umſtaͤnden zu befoͤr- dern ſuchen kann, ohne von auſſen irgend einiges Hinderniß beſorgen zu duͤrfen; ſo wie eben darin die Unabhaͤngigkeit der Europaͤiſchen Maͤchte ſich zu ihrem Vortheile zeiget, daß eine jede ihre inne- re Einrichtungen nach ihrer Convenienz machen kann, ohne daß irgend eine andere Macht darin Ziel und Maß ſetzen darf. — Nur wenige Faͤlle ſind es, wo noch jetzt ſo genannte kaiſerliche Reſervatrechte eintreten, da entweder noch jetzt der Kaiſer allein in ganz Teutſchland gewiſſe Ho- heitsrechte auszuuͤben hat, oder doch ein Reichs- ſtand ſolche nicht anders als vermoͤge einer kaiſer- lichen Conceſſion auszuuͤben berechtiget iſt. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/296
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/296>, abgerufen am 01.11.2024.