Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das I. Capitel reiben vermeidet/ sie dem Ansehen nach ih-re Freyheit noch lange Zeit hätte behau- pten können. Kam also die vornemste Ur- sache ihres Verderbens her von der unzei- tigen Begierde andere Länder zu gewin- nen/ d doch die eigentliche Beschaffenheit ihres Staats erforderte/ dz sie sich haupt- sächlich an ihre Commercien halten solte/ und es lassen gnug seyn/ einige nahe gele- gene Ländereyen zur Bequemligkeit der Bürger/ und einige Seeplätze in Spanien und Sicilien zu Befoderung des Kauff- handels zu besitzen. Aber grosse Länder zu gewinnen bracht ihr mehr Schaden als Vortheil. Denn es wurden die Feldobri- sten über die außgeschickten Heere ihrer Freyheit gar gefährlich/ als die nach er- langter grosser Ehre und Beute nicht gern mit den andern Bürgern in gleichen Rang gehen wolten. So waren auch ihre Ein- wohner zum Landkriegen wenig geschickt/ und musten dannenhero ihre Armeen mei- stens auß geworbenen Völckern aus ver- schiedenen Nationen gesamlet werden: auf welche sie groß Geldmit ungewisser Hoff- nung des Gewinns wendeten. Und den- noch kunte man sich ihrer niemahls recht versichern/ oder die Verwahrung der er- oberten Plätze ihnen anvertrauen/ als de- rer Treue mit Geld leichtlich umzukauffen war.
Das I. Capitel reiben veꝛmeidet/ ſie dem Anſehen nach ih-re Freyheit noch lange Zeit haͤtte behau- pten koͤnnen. Kam alſo die voꝛnemſte Ur- ſache ihres Verdeꝛbens her von der unzei- tigen Begierde andere Laͤnder zu gewin- nen/ d doch die eigentliche Beſchaffenheit ihres Staats erforderte/ dz ſie ſich haupt- ſaͤchlich an ihre Commeꝛcien halten ſolte/ und es laſſen gnug ſeyn/ einige nahe gele- gene Laͤndereyen zur Bequemligkeit der Buͤrger/ und einige Seeplaͤtze in Spaniẽ und Sicilien zu Befoderung des Kauff- handels zu beſitzen. Aber groſſe Laͤnder zu gewinnen bracht ihr mehr Schaden als Vortheil. Denn es wurden die Feldobri- ſten uͤber die außgeſchickten Heere ihrer Freyheit gar gefaͤhrlich/ als die nach er- langter groſſer Ehre uñ Beute nicht gern mit den andern Buͤrgeꝛn in gleichẽ Rang gehen wolten. So waren auch ihre Ein- wohner zum Landkriegẽ wenig geſchickt/ und muſtẽ dannenhero ihre Armeen mei- ſtens auß geworbenen Voͤlckern aus ver- ſchiedenen Nationen geſamlet werdẽ: auf welche ſie groß Geldmit ungewiſſeꝛ Hoff- nung des Gewinns wendeten. Und den- noch kunte man ſich ihrer niemahls recht verſichern/ oder die Verwahrung der er- oberten Plaͤtze ihnen anveꝛtrauen/ als de- rer Treue mit Geld leichtlich umzukauffẽ war.
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Das I. Capitel
reiben veꝛmeidet/ ſie dem Anſehen nach ih-
re Freyheit noch lange Zeit haͤtte behau-
pten koͤnnen. Kam alſo die voꝛnemſte Ur-
ſache ihres Verdeꝛbens her von der unzei-
tigen Begierde andere Laͤnder zu gewin-
nen/ d doch die eigentliche Beſchaffenheit
ihres Staats erforderte/ dz ſie ſich haupt-
ſaͤchlich an ihre Commeꝛcien halten ſolte/
und es laſſen gnug ſeyn/ einige nahe gele-
gene Laͤndereyen zur Bequemligkeit der
Buͤrger/ und einige Seeplaͤtze in Spaniẽ
und Sicilien zu Befoderung des Kauff-
handels zu beſitzen. Aber groſſe Laͤnder zu
gewinnen bracht ihr mehr Schaden als
Vortheil. Denn es wurden die Feldobri-
ſten uͤber die außgeſchickten Heere ihrer
Freyheit gar gefaͤhrlich/ als die nach er-
langter groſſer Ehre uñ Beute nicht gern
mit den andern Buͤrgeꝛn in gleichẽ Rang
gehen wolten. So waren auch ihre Ein-
wohner zum Landkriegẽ wenig geſchickt/
und muſtẽ dannenhero ihre Armeen mei-
ſtens auß geworbenen Voͤlckern aus ver-
ſchiedenen Nationen geſamlet werdẽ: auf
welche ſie groß Geldmit ungewiſſeꝛ Hoff-
nung des Gewinns wendeten. Und den-
noch kunte man ſich ihrer niemahls recht
verſichern/ oder die Verwahrung der er-
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