Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das XII. Capitel angesehen seyn aus Hofnung guterTage sich in das Kloster zubegeben/ son- dern daß sie von allen Wollüsten der Welt sich gäntzlich entschlagen wolten/ weil sie zum theuersten wolten nur vom Bettel-Sacke leben. Zu dieser strengen Lebens-Art hat die Leute bewogen die Einbildung einer besondern Heiligkeit und Verdienst/ so bey diesem Leben sich finden soll/ oder vielmehr ein Geistlicher Ehrgeitz; nachdem die eingebohrne Hoffart der Menschen so groß ist/ daß ihnen Gottes Gebote nicht gnugsam Arbeit zu geben schienen/ und daß sie GOtt den Himmel lieber abverdienen/ als zum Geschenck haben wollen: und daß sie die Begierde für andern den Vorzug zu haben/ auch biß ins andere Leben erstrecken. Einige stürtzet die Verzweiffelung/ andere die Faulheit in dieses Leben. Viele werden durch ihre Eltern und Freunde in die Klöster ge- stecket aus Aberglauben/ oder Armuth/ oder damit die Familie durch so viel Kinder und Vertheilung der Güter nicht ruiniret werde. Aus diesen Mün- chen nun hat der Pabst gleichsam sei- nen militem Praetorianum eingerichtet/ die er nicht allein als eine Besatzung den Layen aufn Hals leget/ sondern durch
Das XII. Capitel angeſehen ſeyn aus Hofnung guterTage ſich in das Kloſter zubegeben/ ſon- dern daß ſie von allen Wolluͤſten der Welt ſich gaͤntzlich entſchlagen wolten/ weil ſie zum theuerſten wolten nur vom Bettel-Sacke leben. Zu dieſer ſtrengen Lebens-Art hat die Leute bewogen die Einbildung einer beſondern Heiligkeit und Verdienſt/ ſo bey dieſem Leben ſich finden ſoll/ oder vielmehr ein Geiſtlicher Ehrgeitz; nachdem die eingebohrne Hoffart der Menſchen ſo groß iſt/ daß ihnen Gottes Gebote nicht gnugſam Arbeit zu geben ſchienen/ und daß ſie GOtt den Himmel lieber abverdienen/ als zum Geſchenck haben wollen: und daß ſie die Begierde fuͤr andern den Vorzug zu haben/ auch biß ins andere Leben erſtrecken. Einige ſtuͤrtzet die Verzweiffelung/ andere die Faulheit in dieſes Leben. Viele werden durch ihre Eltern und Freunde in die Kloͤſter ge- ſtecket aus Aberglauben/ oder Armuth/ oder damit die Familie durch ſo viel Kinder und Vertheilung der Guͤter nicht ruiniret werde. Aus dieſen Muͤn- chen nun hat der Pabſt gleichſam ſei- nen militem Prætorianum eingerichtet/ die er nicht allein als eine Beſatzung den Layen aufn Hals leget/ ſondern durch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0806" n="776"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/> angeſehen ſeyn aus Hofnung guter<lb/> Tage ſich in das Kloſter zubegeben/ ſon-<lb/> dern daß ſie von allen Wolluͤſten der<lb/> Welt ſich gaͤntzlich entſchlagen wolten/<lb/> weil ſie zum theuerſten wolten nur vom<lb/> Bettel-Sacke leben. Zu dieſer ſtrengen<lb/> Lebens-Art hat die Leute bewogen die<lb/> Einbildung einer beſondern Heiligkeit<lb/> und Verdienſt/ ſo bey dieſem Leben ſich<lb/> finden ſoll/ oder vielmehr ein Geiſtlicher<lb/> Ehrgeitz; nachdem die eingebohrne<lb/> Hoffart der Menſchen ſo groß iſt/ daß<lb/> ihnen Gottes Gebote nicht gnugſam<lb/> Arbeit zu geben ſchienen/ und daß ſie<lb/> GOtt den Himmel lieber abverdienen/<lb/> als zum Geſchenck haben wollen: und<lb/> daß ſie die Begierde fuͤr andern den<lb/> Vorzug zu haben/ auch biß ins andere<lb/> Leben erſtrecken. Einige ſtuͤrtzet die<lb/> Verzweiffelung/ andere die Faulheit in<lb/> dieſes Leben. Viele werden durch ihre<lb/> Eltern und Freunde in die Kloͤſter ge-<lb/> ſtecket aus Aberglauben/ oder Armuth/<lb/> oder damit die <hi rendition="#aq">Familie</hi> durch ſo viel<lb/> Kinder und Vertheilung der Guͤter<lb/> nicht <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret werde. Aus dieſen Muͤn-<lb/> chen nun hat der Pabſt gleichſam ſei-<lb/> nen <hi rendition="#aq">militem Prætorianum</hi> eingerichtet/<lb/> die er nicht allein als eine Beſatzung<lb/> den Layen aufn Hals leget/ ſondern<lb/> <fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [776/0806]
Das XII. Capitel
angeſehen ſeyn aus Hofnung guter
Tage ſich in das Kloſter zubegeben/ ſon-
dern daß ſie von allen Wolluͤſten der
Welt ſich gaͤntzlich entſchlagen wolten/
weil ſie zum theuerſten wolten nur vom
Bettel-Sacke leben. Zu dieſer ſtrengen
Lebens-Art hat die Leute bewogen die
Einbildung einer beſondern Heiligkeit
und Verdienſt/ ſo bey dieſem Leben ſich
finden ſoll/ oder vielmehr ein Geiſtlicher
Ehrgeitz; nachdem die eingebohrne
Hoffart der Menſchen ſo groß iſt/ daß
ihnen Gottes Gebote nicht gnugſam
Arbeit zu geben ſchienen/ und daß ſie
GOtt den Himmel lieber abverdienen/
als zum Geſchenck haben wollen: und
daß ſie die Begierde fuͤr andern den
Vorzug zu haben/ auch biß ins andere
Leben erſtrecken. Einige ſtuͤrtzet die
Verzweiffelung/ andere die Faulheit in
dieſes Leben. Viele werden durch ihre
Eltern und Freunde in die Kloͤſter ge-
ſtecket aus Aberglauben/ oder Armuth/
oder damit die Familie durch ſo viel
Kinder und Vertheilung der Guͤter
nicht ruiniret werde. Aus dieſen Muͤn-
chen nun hat der Pabſt gleichſam ſei-
nen militem Prætorianum eingerichtet/
die er nicht allein als eine Beſatzung
den Layen aufn Hals leget/ ſondern
durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |