Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XII. Capitel
auch Frantzösische Cantzellisten haben/
und bey ihrer Abreyse eine Liste ihrer
Verrichtungen/ und ihr Cachet zurück
lassen/ und dergleichen viel Formalitäten
in acht nehmen/ ohne welche alle ihre Ver-
richtungen würden null seyn. So daß
die Frantzosen sagen/ des Pabsts Nunci-
us
habe seine Commission so wohl vom
Könige als vom Pabst/ und sey selbige
precaria & ad nutum Regis revocabilis.
Weswegen auch der Nuncius wo der
König ist/ sein Creutz hinweg thut/ gleich
als wenn seine Jurisdiction durch Gegen-
wart des Königs erlösche. Ja man soll
auch zu Richelieu Zeiten gar beratschla-
get haben einen Patriarchen in Franck-
reich zu machen. Welcher Anschlag
doch meines Erachtens für Franckreich
nicht dienlich wäre. Dann es würde die
Clerisey nimmer damit zu frieden seyn/
weil sie Ursach hat sich zu befürchten/ daß
der König auf solchen Fall ihre fette In-
traden
ziemlich beschneiden würde. Solte
auch Franckreich einige Gedancken auff
das Käyserthum haben[:]/ so dienet es zu
diesem Zweck gar nicht/ daß es sich vom
Römischen Stuhl absondere. Denn
solte ein so mächtiger Herr/ als Franck-
reich ist/ das Käyserthum behaupten/
würde er nicht allein die Rechte der alten

Käy-

Das XII. Capitel
auch Frantzoͤſiſche Cantzelliſten haben/
und bey ihrer Abreyſe eine Liſte ihrer
Verrichtungen/ und ihr Cachet zuruͤck
laſſen/ und dergleichen viel Formalitaͤten
in acht nehmen/ ohne welche alle ihre Ver-
richtungen wuͤrden null ſeyn. So daß
die Frantzoſen ſagen/ des Pabſts Nunci-
us
habe ſeine Commiſſion ſo wohl vom
Koͤnige als vom Pabſt/ und ſey ſelbige
precaria & ad nutum Regis revocabilis.
Weswegen auch der Nuncius wo der
Koͤnig iſt/ ſein Creutz hinweg thut/ gleich
als wenn ſeine Jurisdiction durch Gegen-
wart des Koͤnigs erloͤſche. Ja man ſoll
auch zu Richelieu Zeiten gar beratſchla-
get haben einen Patriarchen in Franck-
reich zu machen. Welcher Anſchlag
doch meines Erachtens fuͤr Franckreich
nicht dienlich waͤre. Dann es wuͤrde die
Cleriſey nimmer damit zu frieden ſeyn/
weil ſie Urſach hat ſich zu befuͤrchten/ daß
der Koͤnig auf ſolchen Fall ihre fette In-
traden
ziemlich beſchneiden wuͤrde. Solte
auch Franckreich einige Gedancken auff
das Kaͤyſerthum haben[:]/ ſo dienet es zu
dieſem Zweck gar nicht/ daß es ſich vom
Roͤmiſchen Stuhl abſondere. Denn
ſolte ein ſo maͤchtiger Herr/ als Franck-
reich iſt/ das Kaͤyſerthum behaupten/
wuͤrde er nicht allein die Rechte der alten

Kaͤy-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0906" n="876"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
auch Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Cantzelli&#x017F;ten haben/<lb/>
und bey ihrer Abrey&#x017F;e eine Li&#x017F;te ihrer<lb/>
Verrichtungen/ und ihr <hi rendition="#aq">Cachet</hi> zuru&#x0364;ck<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ und dergleichen viel <hi rendition="#aq">Formalit</hi>a&#x0364;ten<lb/>
in acht nehmen/ ohne welche alle ihre Ver-<lb/>
richtungen wu&#x0364;rden <hi rendition="#aq">null</hi> &#x017F;eyn. So daß<lb/>
die Frantzo&#x017F;en &#x017F;agen/ des Pab&#x017F;ts <hi rendition="#aq">Nunci-<lb/>
us</hi> habe &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Commi&#x017F;&#x017F;ion</hi> &#x017F;o wohl vom<lb/>
Ko&#x0364;nige als vom Pab&#x017F;t/ und &#x017F;ey &#x017F;elbige<lb/><hi rendition="#aq">precaria &amp; ad nutum Regis revocabilis.</hi><lb/>
Weswegen auch der <hi rendition="#aq">Nuncius</hi> wo der<lb/>
Ko&#x0364;nig i&#x017F;t/ &#x017F;ein Creutz hinweg thut/ gleich<lb/>
als wenn &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Jurisdiction</hi> durch Gegen-<lb/>
wart des Ko&#x0364;nigs erlo&#x0364;&#x017F;che. Ja man &#x017F;oll<lb/>
auch zu <hi rendition="#aq">Richelieu</hi> Zeiten gar berat&#x017F;chla-<lb/>
get haben einen <hi rendition="#aq">Patriarchen</hi> in Franck-<lb/>
reich zu machen. Welcher An&#x017F;chlag<lb/>
doch meines Erachtens fu&#x0364;r Franckreich<lb/>
nicht dienlich wa&#x0364;re. Dann es wu&#x0364;rde die<lb/>
Cleri&#x017F;ey nimmer damit zu frieden &#x017F;eyn/<lb/>
weil &#x017F;ie Ur&#x017F;ach hat &#x017F;ich zu befu&#x0364;rchten/ daß<lb/>
der Ko&#x0364;nig auf &#x017F;olchen Fall ihre fette <hi rendition="#aq">In-<lb/>
traden</hi> ziemlich be&#x017F;chneiden wu&#x0364;rde. Solte<lb/>
auch Franckreich einige Gedancken auff<lb/>
das Ka&#x0364;y&#x017F;erthum haben<supplied>:</supplied>/ &#x017F;o dienet es zu<lb/>
die&#x017F;em Zweck gar nicht/ daß es &#x017F;ich vom<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Stuhl ab&#x017F;ondere. Denn<lb/>
&#x017F;olte ein &#x017F;o ma&#x0364;chtiger Herr/ als Franck-<lb/>
reich i&#x017F;t/ das Ka&#x0364;y&#x017F;erthum behaupten/<lb/>
wu&#x0364;rde er nicht allein die Rechte der alten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ka&#x0364;y-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[876/0906] Das XII. Capitel auch Frantzoͤſiſche Cantzelliſten haben/ und bey ihrer Abreyſe eine Liſte ihrer Verrichtungen/ und ihr Cachet zuruͤck laſſen/ und dergleichen viel Formalitaͤten in acht nehmen/ ohne welche alle ihre Ver- richtungen wuͤrden null ſeyn. So daß die Frantzoſen ſagen/ des Pabſts Nunci- us habe ſeine Commiſſion ſo wohl vom Koͤnige als vom Pabſt/ und ſey ſelbige precaria & ad nutum Regis revocabilis. Weswegen auch der Nuncius wo der Koͤnig iſt/ ſein Creutz hinweg thut/ gleich als wenn ſeine Jurisdiction durch Gegen- wart des Koͤnigs erloͤſche. Ja man ſoll auch zu Richelieu Zeiten gar beratſchla- get haben einen Patriarchen in Franck- reich zu machen. Welcher Anſchlag doch meines Erachtens fuͤr Franckreich nicht dienlich waͤre. Dann es wuͤrde die Cleriſey nimmer damit zu frieden ſeyn/ weil ſie Urſach hat ſich zu befuͤrchten/ daß der Koͤnig auf ſolchen Fall ihre fette In- traden ziemlich beſchneiden wuͤrde. Solte auch Franckreich einige Gedancken auff das Kaͤyſerthum haben:/ ſo dienet es zu dieſem Zweck gar nicht/ daß es ſich vom Roͤmiſchen Stuhl abſondere. Denn ſolte ein ſo maͤchtiger Herr/ als Franck- reich iſt/ das Kaͤyſerthum behaupten/ wuͤrde er nicht allein die Rechte der alten Kaͤy-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/906
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 876. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/906>, abgerufen am 23.11.2024.