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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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in der Dorotheenstraße, wo Leonie und Leon des
Beaux ihr, ihres Vaters und ihrer Väter Eigenthum
in Angestammtem und Zuerworbenem festhielten und
ihren Lebensstolz drauf gründeten. Sie, Frau
Wera des Beaux, vordem zweite Liebhaberin am
***theater, hat sich in den guten Leon trefflich hinein¬
zufinden verstanden; sie ist eine tüchtige Berliner Haus¬
frau und zugleich eine vornehme Frau, die die
Stellung ihres Gatten wohl zu wahren weiß; aber
von Albi, Simon von Montfort, Raimund von
Toulouse, Peter von Castelnau weiß sie nichts, die
Bartholomäusnacht kennt sie nur aus den Meyer¬
beerschen Hugenotten und das Edikt von Nantes --

"Für das muß ich eigentlich dem Himmel un¬
beschreiblich dankbar sein," sagte sie mir einmal
lachend an ihrem Theetisch. "Wie sollten ohne es
Leon und ich uns wohl in der Welt zusammengefunden
haben, Herr Oberregierungsrath?"

Fritz und Viky, die beiden Kinder des lieben
harmlosen, freundlichen Paares, wissen nur von Sedan,
Gravelotte, der dritten Einnahme von Paris und
von Kaiser Wilhelm und seinen "Paladinen"; von
den Paladinen der "Tante Leonie" aber wenig mehr.
Sie sind eben eine geraume Zeit nach Sedan, Metz
und der dritten Einnahme von Paris in die deutsche
Welt hineingekommen, und das Eigenthum ihrer Vor¬

in der Dorotheenſtraße, wo Leonie und Leon des
Beaux ihr, ihres Vaters und ihrer Väter Eigenthum
in Angeſtammtem und Zuerworbenem feſthielten und
ihren Lebensſtolz drauf gründeten. Sie, Frau
Wera des Beaux, vordem zweite Liebhaberin am
***theater, hat ſich in den guten Leon trefflich hinein¬
zufinden verſtanden; ſie iſt eine tüchtige Berliner Haus¬
frau und zugleich eine vornehme Frau, die die
Stellung ihres Gatten wohl zu wahren weiß; aber
von Albi, Simon von Montfort, Raimund von
Toulouſe, Peter von Caſtelnau weiß ſie nichts, die
Bartholomäusnacht kennt ſie nur aus den Meyer¬
beerſchen Hugenotten und das Edikt von Nantes —

„Für das muß ich eigentlich dem Himmel un¬
beſchreiblich dankbar ſein,“ ſagte ſie mir einmal
lachend an ihrem Theetiſch. „Wie ſollten ohne es
Leon und ich uns wohl in der Welt zuſammengefunden
haben, Herr Oberregierungsrath?“

Fritz und Viky, die beiden Kinder des lieben
harmloſen, freundlichen Paares, wiſſen nur von Sedan,
Gravelotte, der dritten Einnahme von Paris und
von Kaiſer Wilhelm und ſeinen „Paladinen“; von
den Paladinen der „Tante Leonie“ aber wenig mehr.
Sie ſind eben eine geraume Zeit nach Sedan, Metz
und der dritten Einnahme von Paris in die deutſche
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[284/0294] in der Dorotheenſtraße, wo Leonie und Leon des Beaux ihr, ihres Vaters und ihrer Väter Eigenthum in Angeſtammtem und Zuerworbenem feſthielten und ihren Lebensſtolz drauf gründeten. Sie, Frau Wera des Beaux, vordem zweite Liebhaberin am ***theater, hat ſich in den guten Leon trefflich hinein¬ zufinden verſtanden; ſie iſt eine tüchtige Berliner Haus¬ frau und zugleich eine vornehme Frau, die die Stellung ihres Gatten wohl zu wahren weiß; aber von Albi, Simon von Montfort, Raimund von Toulouſe, Peter von Caſtelnau weiß ſie nichts, die Bartholomäusnacht kennt ſie nur aus den Meyer¬ beerſchen Hugenotten und das Edikt von Nantes — „Für das muß ich eigentlich dem Himmel un¬ beſchreiblich dankbar ſein,“ ſagte ſie mir einmal lachend an ihrem Theetiſch. „Wie ſollten ohne es Leon und ich uns wohl in der Welt zuſammengefunden haben, Herr Oberregierungsrath?“ Fritz und Viky, die beiden Kinder des lieben harmloſen, freundlichen Paares, wiſſen nur von Sedan, Gravelotte, der dritten Einnahme von Paris und von Kaiſer Wilhelm und ſeinen „Paladinen“; von den Paladinen der „Tante Leonie“ aber wenig mehr. Sie ſind eben eine geraume Zeit nach Sedan, Metz und der dritten Einnahme von Paris in die deutſche Welt hineingekommen, und das Eigenthum ihrer Vor¬

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/294>, abgerufen am 22.11.2024.