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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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zu sehr an sein Museum in der Zelle des Bruders
Philemon. Er hatte freilich auch aus der Höhle am
Rothen Stein, wenn auch keine Schätze, so doch allerlei
sich geholt: bronzene Lanzenspitzen, Steinhammer, Knochen
von unbekannten Thieren, ja auch Menschenknochen --
Knochen von armen Sündern, so auch testes diluvii,
Zeugen der Sündfluth gewesen sein mochten. Und
Mamsell Fegebanck hing ihm fast zu schwer am Arm,
zumal da es nun schon bergauf und in den Wald
hinein ging.

"Wir sind unterm Vogler am Kappenberg; ich weiß
einen überwachsenen Erdfall an ihm," ächzte der ver¬
wundete Knecht von des Herrn Klosteramtmanns
Schimmel herunter. "Wann ich auf den Beinen wäre
und noch das Leben hätte, wollte ich in einer Viertel¬
stunde da sein, zehn Klafter tief unter dem Walde."

"Aber wir laufen da gradaus den Bergschotten
in die Messer," rief Thedel von Münchhausen. "Horch,
horch. Hört das Gequike! Das sind ihre Dudelsäcke,
so wahr ich jetzo noch das Leben habe."

"Käme der Durchlauchtigste Herr und Herzog Fer¬
dinand diesen Morgen auf meine Stube zu Amelungs¬
born, so fände er dorten seinen ganzen Feldzugsplan
sauber auf den Tisch gemalet. Er hat die Weser mit
seiner Kreide hingezogen, Schelze; ich habe mir das
Uebrige danach zusammengerechnet. Der große Krieges¬
held schiebt seine Heerschaaren wie einen Riegel zwischen
die Herzogthümer Göttingen und Grubenhagen und das

zu ſehr an ſein Muſeum in der Zelle des Bruders
Philemon. Er hatte freilich auch aus der Höhle am
Rothen Stein, wenn auch keine Schätze, ſo doch allerlei
ſich geholt: bronzene Lanzenſpitzen, Steinhammer, Knochen
von unbekannten Thieren, ja auch Menſchenknochen —
Knochen von armen Sündern, ſo auch testes diluvii,
Zeugen der Sündfluth geweſen ſein mochten. Und
Mamſell Fegebanck hing ihm faſt zu ſchwer am Arm,
zumal da es nun ſchon bergauf und in den Wald
hinein ging.

„Wir ſind unterm Vogler am Kappenberg; ich weiß
einen überwachſenen Erdfall an ihm,“ ächzte der ver¬
wundete Knecht von des Herrn Kloſteramtmanns
Schimmel herunter. „Wann ich auf den Beinen wäre
und noch das Leben hätte, wollte ich in einer Viertel¬
ſtunde da ſein, zehn Klafter tief unter dem Walde.“

„Aber wir laufen da gradaus den Bergſchotten
in die Meſſer,“ rief Thedel von Münchhauſen. „Horch,
horch. Hört das Gequike! Das ſind ihre Dudelſäcke,
ſo wahr ich jetzo noch das Leben habe.“

„Käme der Durchlauchtigſte Herr und Herzog Fer¬
dinand dieſen Morgen auf meine Stube zu Amelungs¬
born, ſo fände er dorten ſeinen ganzen Feldzugsplan
ſauber auf den Tiſch gemalet. Er hat die Weſer mit
ſeiner Kreide hingezogen, Schelze; ich habe mir das
Uebrige danach zuſammengerechnet. Der große Krieges¬
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die Herzogthümer Göttingen und Grubenhagen und das

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[172/0180] zu ſehr an ſein Muſeum in der Zelle des Bruders Philemon. Er hatte freilich auch aus der Höhle am Rothen Stein, wenn auch keine Schätze, ſo doch allerlei ſich geholt: bronzene Lanzenſpitzen, Steinhammer, Knochen von unbekannten Thieren, ja auch Menſchenknochen — Knochen von armen Sündern, ſo auch testes diluvii, Zeugen der Sündfluth geweſen ſein mochten. Und Mamſell Fegebanck hing ihm faſt zu ſchwer am Arm, zumal da es nun ſchon bergauf und in den Wald hinein ging. „Wir ſind unterm Vogler am Kappenberg; ich weiß einen überwachſenen Erdfall an ihm,“ ächzte der ver¬ wundete Knecht von des Herrn Kloſteramtmanns Schimmel herunter. „Wann ich auf den Beinen wäre und noch das Leben hätte, wollte ich in einer Viertel¬ ſtunde da ſein, zehn Klafter tief unter dem Walde.“ „Aber wir laufen da gradaus den Bergſchotten in die Meſſer,“ rief Thedel von Münchhauſen. „Horch, horch. Hört das Gequike! Das ſind ihre Dudelſäcke, ſo wahr ich jetzo noch das Leben habe.“ „Käme der Durchlauchtigſte Herr und Herzog Fer¬ dinand dieſen Morgen auf meine Stube zu Amelungs¬ born, ſo fände er dorten ſeinen ganzen Feldzugsplan ſauber auf den Tiſch gemalet. Er hat die Weſer mit ſeiner Kreide hingezogen, Schelze; ich habe mir das Uebrige danach zuſammengerechnet. Der große Krieges¬ held ſchiebt ſeine Heerſchaaren wie einen Riegel zwiſchen die Herzogthümer Göttingen und Grubenhagen und das

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/180>, abgerufen am 21.11.2024.