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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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weiß es so gut wie ich, wie es hier in Amelungsborn
zugeht, seit der Amtmann alleine Meister ist; aber vor¬
hin ist dem Fasse der Boden ausgeschlagen worden.
In dieser Nacht noch geht's unter das Volk, Herr Ma¬
gister, und wenn's Glück gut ist, giebt's morgen auf
dem Hofe wieder eine blutige Faust, aber meine ist's
dann nicht mehr! Also, Herr, habe Er Mitleiden mit
dem Wieschen und mir. Hier stehen wir -- hier fließt
die Weser auf dem Tische. Wo steht nun Seine Durch¬
laucht der Herzog, liebster, bester Herre? Da liegt Holz¬
minden. Hier Polle. Ich meine, über Polle ist wohl
für uns der geradeste Weg von Amelungsborn aus;
aber es wird dem Wieschen und mir auch nicht auf
einen Umweg zu dem guten Herzog Ferdinand an¬
kommen."

"Wir?" rief der Magister und ließ jetzo beide Arme
von den Knieen schlaff am Leibe heruntersinken. "Wir?
Das Mädchen will Er auch mit in den Krieg nehmen,
Schelze? Menschenkind -- Menschenkinder, seid ihr
denn ganz von Sinnen?"

"Da steht es ja, das Mädchen! Der Herr Magister
kann es selber nach seiner Meinung fragen."

"Wieschen? -- Louisa? -- Unglückskind -- o Men¬
schenkinder, Menschenkinder! So sprich doch, rede doch,
sag doch dem Narren, daß Du Dich dazu nicht ver¬
führen lässest."

"O Gott, Gott, Gott, was kann ich denn dazu?"
schluchzte die jüngste Hausmagd der Frau Klosteramt¬

weiß es ſo gut wie ich, wie es hier in Amelungsborn
zugeht, ſeit der Amtmann alleine Meiſter iſt; aber vor¬
hin iſt dem Faſſe der Boden ausgeſchlagen worden.
In dieſer Nacht noch geht's unter das Volk, Herr Ma¬
giſter, und wenn's Glück gut iſt, giebt's morgen auf
dem Hofe wieder eine blutige Fauſt, aber meine iſt's
dann nicht mehr! Alſo, Herr, habe Er Mitleiden mit
dem Wieſchen und mir. Hier ſtehen wir — hier fließt
die Weſer auf dem Tiſche. Wo ſteht nun Seine Durch¬
laucht der Herzog, liebſter, beſter Herre? Da liegt Holz¬
minden. Hier Polle. Ich meine, über Polle iſt wohl
für uns der geradeſte Weg von Amelungsborn aus;
aber es wird dem Wieſchen und mir auch nicht auf
einen Umweg zu dem guten Herzog Ferdinand an¬
kommen.“

„Wir?“ rief der Magiſter und ließ jetzo beide Arme
von den Knieen ſchlaff am Leibe herunterſinken. „Wir?
Das Mädchen will Er auch mit in den Krieg nehmen,
Schelze? Menſchenkind — Menſchenkinder, ſeid ihr
denn ganz von Sinnen?“

„Da ſteht es ja, das Mädchen! Der Herr Magiſter
kann es ſelber nach ſeiner Meinung fragen.“

„Wieſchen? — Louiſa? — Unglückskind — o Men¬
ſchenkinder, Menſchenkinder! So ſprich doch, rede doch,
ſag doch dem Narren, daß Du Dich dazu nicht ver¬
führen läſſeſt.“

„O Gott, Gott, Gott, was kann ich denn dazu?“
ſchluchzte die jüngſte Hausmagd der Frau Kloſteramt¬

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[66/0074] weiß es ſo gut wie ich, wie es hier in Amelungsborn zugeht, ſeit der Amtmann alleine Meiſter iſt; aber vor¬ hin iſt dem Faſſe der Boden ausgeſchlagen worden. In dieſer Nacht noch geht's unter das Volk, Herr Ma¬ giſter, und wenn's Glück gut iſt, giebt's morgen auf dem Hofe wieder eine blutige Fauſt, aber meine iſt's dann nicht mehr! Alſo, Herr, habe Er Mitleiden mit dem Wieſchen und mir. Hier ſtehen wir — hier fließt die Weſer auf dem Tiſche. Wo ſteht nun Seine Durch¬ laucht der Herzog, liebſter, beſter Herre? Da liegt Holz¬ minden. Hier Polle. Ich meine, über Polle iſt wohl für uns der geradeſte Weg von Amelungsborn aus; aber es wird dem Wieſchen und mir auch nicht auf einen Umweg zu dem guten Herzog Ferdinand an¬ kommen.“ „Wir?“ rief der Magiſter und ließ jetzo beide Arme von den Knieen ſchlaff am Leibe herunterſinken. „Wir? Das Mädchen will Er auch mit in den Krieg nehmen, Schelze? Menſchenkind — Menſchenkinder, ſeid ihr denn ganz von Sinnen?“ „Da ſteht es ja, das Mädchen! Der Herr Magiſter kann es ſelber nach ſeiner Meinung fragen.“ „Wieſchen? — Louiſa? — Unglückskind — o Men¬ ſchenkinder, Menſchenkinder! So ſprich doch, rede doch, ſag doch dem Narren, daß Du Dich dazu nicht ver¬ führen läſſeſt.“ „O Gott, Gott, Gott, was kann ich denn dazu?“ ſchluchzte die jüngſte Hausmagd der Frau Kloſteramt¬

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/74>, abgerufen am 21.11.2024.