Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.Das Zimmer beschrieb ich neulich bei meinem Besuch Stulpnase saß da auf einem Stuhl, schaute das leere "Ausgewiesen! Nun gar ausgekniffen! Donner- "Jotte, einer armen Wittfrau ihren besten Miether "Halte Sie das Maul, Frau!" schnauzt Stulpnase, Nach einer feierlichen Stille von einigen Minuten Das Zimmer beſchrieb ich neulich bei meinem Beſuch Stulpnaſe ſaß da auf einem Stuhl, ſchaute das leere „Ausgewieſen! Nun gar ausgekniffen! Donner- „Jotte, einer armen Wittfrau ihren beſten Miether „Halte Sie das Maul, Frau!“ ſchnauzt Stulpnaſe, Nach einer feierlichen Stille von einigen Minuten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0113" n="103"/> <p>Das Zimmer beſchrieb ich neulich bei meinem Beſuch<lb/> des Zeichners Strobel und brauche daher jetzt nur zu<lb/> ſagen, daß der Nachlaß des Doctors in einem zerſpal-<lb/> tenen Stiefelknecht, einer leeren Zigarrenkiſte — <hi rendition="#aq">Fuma-<lb/> doria regalia</hi> — und einem Exemplar der Flodoardine<lb/> beſtand.</p><lb/> <p>Stulpnaſe ſaß da auf einem Stuhl, ſchaute das leere<lb/> Neſt wehmüthig-grimmig an und ächzte:</p><lb/> <p>„Ausgewieſen! Nun gar ausgekniffen! Donner-<lb/> wetter — ohne erſt für ſeinen „Deppe“ geſeſſen zu<lb/> haben.“</p><lb/> <p>„Jotte, einer armen Wittfrau ihren beſten Miether<lb/> abzutreiben, is das in der Ordnung Herr Kumzarius?<lb/> Habe ich darum Ihrer Frau die Butter immer um ’nen<lb/> Dreier billiger gelaſſen?“ greint die dicke Madame Pim-<lb/> pernell, die ebenfalls dem Beamten gegenüber auf einen<lb/> Stuhl geſunken iſt.</p><lb/> <p>„Halte Sie das Maul, Frau!“ ſchnauzt Stulpnaſe,<lb/> worauf die Dicke ein Geſicht macht, wie es einſt jedes<lb/> brave corinthiſche Weib geſchnitten haben muß, als es<lb/> das Wort des Apoſtels Paulus hörte: <hi rendition="#aq">Mulier taceat<lb/> in ecclesia.</hi></p><lb/> <p>Nach einer feierlichen Stille von einigen Minuten<lb/> ſtößt Stulpnaſe ein dumpfes Geheul aus und ſeufzt in<lb/> ſich: „Deppe“. Plötzlich aber, mit Wuth auf ſeine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [103/0113]
Das Zimmer beſchrieb ich neulich bei meinem Beſuch
des Zeichners Strobel und brauche daher jetzt nur zu
ſagen, daß der Nachlaß des Doctors in einem zerſpal-
tenen Stiefelknecht, einer leeren Zigarrenkiſte — Fuma-
doria regalia — und einem Exemplar der Flodoardine
beſtand.
Stulpnaſe ſaß da auf einem Stuhl, ſchaute das leere
Neſt wehmüthig-grimmig an und ächzte:
„Ausgewieſen! Nun gar ausgekniffen! Donner-
wetter — ohne erſt für ſeinen „Deppe“ geſeſſen zu
haben.“
„Jotte, einer armen Wittfrau ihren beſten Miether
abzutreiben, is das in der Ordnung Herr Kumzarius?
Habe ich darum Ihrer Frau die Butter immer um ’nen
Dreier billiger gelaſſen?“ greint die dicke Madame Pim-
pernell, die ebenfalls dem Beamten gegenüber auf einen
Stuhl geſunken iſt.
„Halte Sie das Maul, Frau!“ ſchnauzt Stulpnaſe,
worauf die Dicke ein Geſicht macht, wie es einſt jedes
brave corinthiſche Weib geſchnitten haben muß, als es
das Wort des Apoſtels Paulus hörte: Mulier taceat
in ecclesia.
Nach einer feierlichen Stille von einigen Minuten
ſtößt Stulpnaſe ein dumpfes Geheul aus und ſeufzt in
ſich: „Deppe“. Plötzlich aber, mit Wuth auf ſeine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |