Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

ihm erklärt wurde. Martha hatte aber die Schlüssel
in ihrer Tasche, und beide Personen, die ich Dir sogleich
näher beschreiben will, erklärten das einstimmig -- sie
waren selten einer Meinung -- für sehr unangenehm,
sehr unrecht und sehr Mißtrauen und Verachtung
erregend."

"Ich habe schon gesagt, daß beide davor sitzenden
Personen von großem Ansehen und Gewicht waren, so-
wohl in der Küche, als auf dem Hofe und dem Boden.
Beide machten sich oft nützlich, oft aber auch sehr un-
nütz. Jede hatte ein Amt zu verwalten und verwaltete
es auch, -- das war ihre Pflicht; jede mischte sich aber
auch nur zu gern in Dinge, die ihr durchaus nichts
angingen und das -- war sehr unartig. Vor dem
Küchenschrank zum Beispiel hatten sie in diesem Augen-
blick durchaus nichts zu thun und doch waren sie da;
guckten ihn an, guckten darunter, guckten an ihm herauf.
Es roch aber auch gar zu lieblich daraus hervor!"

"Die eine dieser Personen war mit einem schönen,
weißen Pelz bekleidet, einen kleinen Schnurrbart trug sie um
das Stumpfnäschen und schritt ganz leise, leise auf vier
Pfoten mit scharfen Krallen einher. Einen schönen, lan-
gen, spitzen Schwanz hatte sie auch und sie schwang ihn
in diesem Augenblick heftig hin und her, denn sie ärgerte
sich eben sehr und zwar über drei Dinge:

ihm erklärt wurde. Martha hatte aber die Schlüſſel
in ihrer Taſche, und beide Perſonen, die ich Dir ſogleich
näher beſchreiben will, erklärten das einſtimmig — ſie
waren ſelten einer Meinung — für ſehr unangenehm,
ſehr unrecht und ſehr Mißtrauen und Verachtung
erregend.“

„Ich habe ſchon geſagt, daß beide davor ſitzenden
Perſonen von großem Anſehen und Gewicht waren, ſo-
wohl in der Küche, als auf dem Hofe und dem Boden.
Beide machten ſich oft nützlich, oft aber auch ſehr un-
nütz. Jede hatte ein Amt zu verwalten und verwaltete
es auch, — das war ihre Pflicht; jede miſchte ſich aber
auch nur zu gern in Dinge, die ihr durchaus nichts
angingen und das — war ſehr unartig. Vor dem
Küchenſchrank zum Beiſpiel hatten ſie in dieſem Augen-
blick durchaus nichts zu thun und doch waren ſie da;
guckten ihn an, guckten darunter, guckten an ihm herauf.
Es roch aber auch gar zu lieblich daraus hervor!“

„Die eine dieſer Perſonen war mit einem ſchönen,
weißen Pelz bekleidet, einen kleinen Schnurrbart trug ſie um
das Stumpfnäschen und ſchritt ganz leiſe, leiſe auf vier
Pfoten mit ſcharfen Krallen einher. Einen ſchönen, lan-
gen, ſpitzen Schwanz hatte ſie auch und ſie ſchwang ihn
in dieſem Augenblick heftig hin und her, denn ſie ärgerte
ſich eben ſehr und zwar über drei Dinge:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0099" n="89"/>
ihm erklärt wurde. Martha hatte aber die Schlü&#x017F;&#x017F;el<lb/>
in ihrer Ta&#x017F;che, und beide Per&#x017F;onen, die ich Dir &#x017F;ogleich<lb/>
näher be&#x017F;chreiben will, erklärten das ein&#x017F;timmig &#x2014; &#x017F;ie<lb/>
waren &#x017F;elten <hi rendition="#g">einer</hi> Meinung &#x2014; für &#x017F;ehr unangenehm,<lb/>
&#x017F;ehr unrecht und &#x017F;ehr Mißtrauen und Verachtung<lb/>
erregend.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich habe &#x017F;chon ge&#x017F;agt, daß beide davor &#x017F;itzenden<lb/>
Per&#x017F;onen von großem An&#x017F;ehen und Gewicht waren, &#x017F;o-<lb/>
wohl in der Küche, als auf dem Hofe und dem Boden.<lb/>
Beide machten &#x017F;ich oft nützlich, oft aber auch &#x017F;ehr un-<lb/>
nütz. Jede hatte ein Amt zu verwalten und verwaltete<lb/>
es auch, &#x2014; das war ihre Pflicht; jede mi&#x017F;chte &#x017F;ich aber<lb/>
auch nur zu gern in Dinge, die ihr durchaus nichts<lb/>
angingen und das &#x2014; war &#x017F;ehr unartig. Vor dem<lb/>
Küchen&#x017F;chrank zum Bei&#x017F;piel hatten &#x017F;ie in die&#x017F;em Augen-<lb/>
blick durchaus nichts zu thun und doch waren &#x017F;ie da;<lb/>
guckten ihn an, guckten darunter, guckten an ihm herauf.<lb/>
Es roch aber auch gar zu lieblich daraus hervor!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die eine die&#x017F;er Per&#x017F;onen war mit einem &#x017F;chönen,<lb/>
weißen Pelz bekleidet, einen kleinen Schnurrbart trug &#x017F;ie um<lb/>
das Stumpfnäschen und &#x017F;chritt ganz lei&#x017F;e, lei&#x017F;e auf vier<lb/>
Pfoten mit &#x017F;charfen Krallen einher. Einen &#x017F;chönen, lan-<lb/>
gen, &#x017F;pitzen Schwanz hatte &#x017F;ie auch und &#x017F;ie &#x017F;chwang ihn<lb/>
in die&#x017F;em Augenblick heftig hin und her, denn &#x017F;ie ärgerte<lb/>
&#x017F;ich eben &#x017F;ehr und zwar über drei Dinge:<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0099] ihm erklärt wurde. Martha hatte aber die Schlüſſel in ihrer Taſche, und beide Perſonen, die ich Dir ſogleich näher beſchreiben will, erklärten das einſtimmig — ſie waren ſelten einer Meinung — für ſehr unangenehm, ſehr unrecht und ſehr Mißtrauen und Verachtung erregend.“ „Ich habe ſchon geſagt, daß beide davor ſitzenden Perſonen von großem Anſehen und Gewicht waren, ſo- wohl in der Küche, als auf dem Hofe und dem Boden. Beide machten ſich oft nützlich, oft aber auch ſehr un- nütz. Jede hatte ein Amt zu verwalten und verwaltete es auch, — das war ihre Pflicht; jede miſchte ſich aber auch nur zu gern in Dinge, die ihr durchaus nichts angingen und das — war ſehr unartig. Vor dem Küchenſchrank zum Beiſpiel hatten ſie in dieſem Augen- blick durchaus nichts zu thun und doch waren ſie da; guckten ihn an, guckten darunter, guckten an ihm herauf. Es roch aber auch gar zu lieblich daraus hervor!“ „Die eine dieſer Perſonen war mit einem ſchönen, weißen Pelz bekleidet, einen kleinen Schnurrbart trug ſie um das Stumpfnäschen und ſchritt ganz leiſe, leiſe auf vier Pfoten mit ſcharfen Krallen einher. Einen ſchönen, lan- gen, ſpitzen Schwanz hatte ſie auch und ſie ſchwang ihn in dieſem Augenblick heftig hin und her, denn ſie ärgerte ſich eben ſehr und zwar über drei Dinge:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/99
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/99>, abgerufen am 21.11.2024.