Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.der Tochter, sage ich noch: ,Der Herr sprach: Weine "Amen! o Gott, o Gott!" murmelte es hinter "Es kam nun das, zwischen den übrigen litur- der Tochter, ſage ich noch: ‚Der Herr ſprach: Weine „Amen! o Gott, o Gott!“ murmelte es hinter „Es kam nun das, zwiſchen den übrigen litur- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0246" n="236"/> der Tochter, ſage ich noch: ‚Der Herr ſprach: Weine<lb/> nicht! und er gab ihn ſeiner Mutter.‘ Wer aber von<lb/> uns, geliebte Brüder und Schweſtern, noch über das<lb/> Grab hinaus, über den Bauer Andreas Quakatz auf<lb/> der rothen Schanze, ſeine Nachkommen und ſein Erbe<lb/> mit ſeinen ſchlimmen Gedanken anhalten will, der<lb/> laſſe wenigſtens ſeine Hand von dieſer Schaufel, auf<lb/> welche ich jetzt die meinige lege. Dies Grab will<lb/> deſſen Beihülfe zu ſeiner Ausfüllung nicht. Amen.“</p><lb/> <p>„Amen! o Gott, o Gott!“ murmelte es hinter<lb/> dem Schenktiſch.</p><lb/> <p>„Es kam nun das, zwiſchen den übrigen litur-<lb/> giſchen Formeln nie ſeine Wirkung verfehlende: ‚Von<lb/> Erde biſt Du genommen; zu Erde ſollſt Du wieder<lb/> werden,‘ und die Schaufeln gingen von Hand zu<lb/> Hand mit einer bangen Haſt, mit einem Eifer, wie<lb/> ich noch nicht bei ähnlichen Fällen zu bemerken die Ge-<lb/> legenheit hatte. Sie warfen alle dem übelberüchtigſten<lb/> Menſchen der Gegend die drei Spaten voll Mutter-<lb/> boden nach. Alle bis auf Einen! — Es gab das<lb/> bekannte dumpfe Gepolter und die dazu gehörigen<lb/> Gefühle: letztere diesmal im verſtärkten Maaße. Es<lb/> war als wünſchte Jedermann, ſich wenigſtens zuletzt<lb/> noch auf dieſe Weiſe mit dem Andres Quakatz im<lb/> Guten abzufinden. Sie wünſchten vielleicht doch auch<lb/> ein wenig Dorf Maiholzen in der Wertſchätzung der<lb/> rothen Schanze zu rehabilitiren. Ich als der jetzt am<lb/> nächſten zu dem alten Bollwerk des Prinzen Xaver<lb/> von Sachſen Stehende, bekam natürlich zuerſt vom<lb/> Todtengräber die Schaufel in die Hand und that die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [236/0246]
der Tochter, ſage ich noch: ‚Der Herr ſprach: Weine
nicht! und er gab ihn ſeiner Mutter.‘ Wer aber von
uns, geliebte Brüder und Schweſtern, noch über das
Grab hinaus, über den Bauer Andreas Quakatz auf
der rothen Schanze, ſeine Nachkommen und ſein Erbe
mit ſeinen ſchlimmen Gedanken anhalten will, der
laſſe wenigſtens ſeine Hand von dieſer Schaufel, auf
welche ich jetzt die meinige lege. Dies Grab will
deſſen Beihülfe zu ſeiner Ausfüllung nicht. Amen.“
„Amen! o Gott, o Gott!“ murmelte es hinter
dem Schenktiſch.
„Es kam nun das, zwiſchen den übrigen litur-
giſchen Formeln nie ſeine Wirkung verfehlende: ‚Von
Erde biſt Du genommen; zu Erde ſollſt Du wieder
werden,‘ und die Schaufeln gingen von Hand zu
Hand mit einer bangen Haſt, mit einem Eifer, wie
ich noch nicht bei ähnlichen Fällen zu bemerken die Ge-
legenheit hatte. Sie warfen alle dem übelberüchtigſten
Menſchen der Gegend die drei Spaten voll Mutter-
boden nach. Alle bis auf Einen! — Es gab das
bekannte dumpfe Gepolter und die dazu gehörigen
Gefühle: letztere diesmal im verſtärkten Maaße. Es
war als wünſchte Jedermann, ſich wenigſtens zuletzt
noch auf dieſe Weiſe mit dem Andres Quakatz im
Guten abzufinden. Sie wünſchten vielleicht doch auch
ein wenig Dorf Maiholzen in der Wertſchätzung der
rothen Schanze zu rehabilitiren. Ich als der jetzt am
nächſten zu dem alten Bollwerk des Prinzen Xaver
von Sachſen Stehende, bekam natürlich zuerſt vom
Todtengräber die Schaufel in die Hand und that die
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